Fans und Gegner machten große Augen, als Fernando Alonso als siebter hinter den Piloten von Mercedes, Ferrari und Red Bull aus der ersten Kurve des Grand Prix von Belgien 2017 herausbeschleunigte. McLarens Star-Fahrer setzte sich als Siebter in der Anfangsphase des Rennens in Szene, doch schon nach kurzer Zeit holte ihn die Realität ein. Nach einem aussichtslosen Kampf quittierte die Honda Power Unit im Heck von Alonsos Boliden am Ende einmal mehr den Dienst.

"Peinlich!", schimpfte Alonso im Boxenfunk angesichts der Tatsache, dass er innerhalb von fünf Runden vom siebten auf den elften Platz durchgereicht wurde. In der Startrunde hatte er sich von seinem elften Startplatz auf Position sieben vorgekämpft und sogar Anschluss zur Spitzengruppe, samt einem kleinen Vorsprung auf die Verfolger. Als das Feld wieder bei Start- und Ziel ankam, ging Nico Hülkenberg bei der Anfahrt zur Bus-Stop-Schikane auch schon an Alonso vorbei.

Dem Spanier gelang es den Anschluss durch La Source und Eau Rouge zu halten und sich vor Les Combes aus dem Windschatten heraus am Renault mit der Startnummer 27 vorbeizusaugen. "Ich versuchte Nico die Tür zuzumachen, dann schaute ich auf der anderen Seite und da war Ocon. Das war eine ziemlich Überraschung", so Alonso, der bei seinem Manöver unerwartet Gesellschaft vom Franzosen im Force India bekam.

"Ich konnte sie nur für eine Runde halten, danach überholten sie mich", fügte Alonso an, über den die Gegner in den darauffolgenden Runden wie wilde Wölfe herfielen. Auf der Kemmel-Gerade war Alonso mit seinem Honda-Aggregat leichte Beute. Im Windschatten von Hülkenberg schaffte es der McLaren-Pilot in Runde zwei auf 318,3 km/h. Ohne Hilfe kam er mit Mühe und Not auf 310 km/h. Die Konkurrenz hatte ohne große Anstrengung bis zu 20 km/h mehr auf dem Tacho.

"Ich hatte meinen Spaß dort draußen, aber nur in den ersten drei Runden", so Alonso, bei dem danach mit jeder Runde der Frust wuchs. Nachdem er sich im Boxenfunk über die missliche Lage ausgelassen hatte, stellte er mit den Worten "ab jetzt keinen Funk mehr" jegliche weitere Kommunikation mit der Boxenmauer bis auf Weiteres ein.

Alonsos heroische Kampf konnte ihn nicht vor dem harten Boden der Realität retten, Foto: Sutton
Alonsos heroische Kampf konnte ihn nicht vor dem harten Boden der Realität retten, Foto: Sutton

Alonso stellte seinen McLaren nicht freiwillig ab

"Es herrschte für vier oder fünf Runden sehr viel Kommunikation. Vorschläge für die Bremsbalance, Motoreinstellungen, Dinge die ich hier und da anders machen sollte", erklärte Alonso, der für Anweisungen vom Kommandostand schlichtweg keinen Nerv mehr hatte. "Ich hatte im Cockpit schon genug zu tun, mit zwei Autos die mich überholten, eins links und ein rechts. Ich wollte mich einfach für ein paar Runden konzentrieren, das war meine Nachricht."

Viel länger sollte das Rennen für Alonso aber nicht andauern. In Runde 25 steuerte er seinen MCL32 an zwölfter Position liegend in langsamer Fahrt zurück an die Box. Desertiert, wie es ihm schon zu Beginn der Saison bei einem Ausfall vorgeworfen wurde, habe er aber nicht. "Nein, ich musste leider ranfahren, weil das Auto keine Leistung mehr hatte", so Alonso.

Er gab aber auch zu, dass ihn der Ausfall nicht sonderlich hart traf: "Wir waren im Renntrimm nicht konkurrenzfähig. Das Auto war auf den Geraden zu langsam. Es war unmöglich, gegen die anderen Autos zu kämpfen. Wir haben also heute nicht allzu viele Punkte verloren." Bis auf das Rennen war er mit dem Wochenende in den Ardennen zufrieden. "Wir hatten ein gutes Qualifying und einen perfekten Start. Das habe ich wirklich genossen", so Alonso.

Stress mit Palmer: Alonso fährt wie Magnussen

Kurz vor seinem Ausfall geriet Alonso in einen harten Zweikampf mit Jolyon Palmer. Der Renault-Pilot griff in Les Combes an, woraufhin die beiden Piloten die nächsten vier Kurven ein hartes Rad-an-Rad-Duell ausfochten, an dessen Ende Alonso Palmer am Ausgang von Bruxelles verhungern ließ. "Kommt schon, Alonso hat mich gerade abgedrängt", schimpfte Palmer im Funk. Die geforderte Strafe kam jedoch nicht, denn Alonso schied eine Runde später aus.

"Wenn ihr mich fragt, gab es keinen Unterschied zu dem, was Kevin mit Hulk gemacht hat. Es war identisch", verglich Palmer die Aktion Alonsos hinterher mit dem Zweikampf zwischen Hülkenberg und Magnussen in Ungarn, der in den Medien nach dem darauffolgenden Wortgefecht hohe Wellen schlug. Magnussen hatte im Rennen von den Stewards eine Strafe bekommen.

Während Alonso in Spa ausfiel, landete Lokalmatador Stoffel Vandoorne als 14. weit hinter den Punkterängen, Foto: LAT Images
Während Alonso in Spa ausfiel, landete Lokalmatador Stoffel Vandoorne als 14. weit hinter den Punkterängen, Foto: LAT Images

Alonsos Zukunft weiter offen: Mein Marktwert ist höher als je zuvor

Angesichts von Alonsos Darbietung in der Anfangsphase hätten viele wohl gerne gewusst, was der zweimalige Weltmeister in einem McLaren samt konkurrenzfähiger Power Unit hätte zeigen können. Beim Traditionsrennstall aus Woking ist nach wie vor offen, mit welchem Motor man 2018 an den Start geht. Die Erfolglosigkeit mit den japanischen Triebwerken wirft mittlerweile im dritten Jahr die Frage auf, wie lange sich der spanische Superstar diesen Zustand noch antut. "Es sind nur noch sieben oder acht Rennen, oder?", scherzte er.

"Mein Marktwert war, glaube ich, noch nie so hoch wie jetzt. Zumindest wenn ich mir anschaue, welche Angebote mir vorliegen", fügte Alonso an, der zuletzt mit einem möglichen Wechsel zu Williams in Verbindung gebracht wurde. In Anbetracht der momentanen Lage auf dem Fahrermarkt ist es jedoch fraglich, ob es für Alonso hinsichtlich des Teams eine bessere Alternative als McLaren gibt. "Wir haben viele Grands Prix in unseren Karrieren gewonnen. Wir sollten in der Lage sein, das zu wiederholen", bricht der 36-Jährige eine Lanze für das Alonso-McLaren-Gespann.

Einige Experten glauben, dass Alonso eine Fortsetzung seiner McLaren-Zeit von der Wahl des Motorenpartners abhängig macht. "Nein, ich bin nur der Fahrer", wiegelte er ab. "Ich fahre so schnell ich kann. Jedes Mal, wenn ich im Auto sitze." Zunächst wollte Alonso kurz nach der Sommerpause über seine Zukunft entscheiden, kurz vor dem Belgien GP kündigte er eine mögliche Entscheidung für Oktober oder November an.

"Ich denke, es gibt viele Antworten dort draußen. Wir müssen sie nur finden. Sie kommen aber nicht durch Zauberei, oder wenn wir herumsitzen und in den Himmel starren", ließ Alonso wenig durchblicken. "Aber McLaren ist immer noch eines der besten Teams der Welt. Ich bin glücklich in diesem Team, auch wenn wir drei schwierige Jahre hatten. Ich wäre froh, weiter mit ihnen zu arbeiten."