Die Aussage von Rundenzeiten bei Formel-1-Testfahrten hält sich traditionell in Grenzen. Dass Lando Norris am Mittwoch in Ungarn aber fast so schnell war wie Sebastian Vettel - und schneller als Kimi Räikkönen - ist doch eine Erwähnung wert. Lando wer? F1-Fans dürfte der junge Mann noch kein vertrauter Name sein, doch in der Welt des Formel-Nachwuchs gilt Norris als eines der größten Talente der Welt.

Eigentlich ist der 17-Jährige in der Formel-3-Europameisterschaft unterwegs und belegt dort den zweiten Platz in der Gesamtwertung hinter Deutschlands Top-Talent Maximilian Günther. Doch spätestens seit dem F1-Test auf dem Hungaroring dürfte auch der Letzte etwas mit dem Namen Lando Norris anfangen können.

Fast so schnell wie Vettel

Seit diesem Jahr gehört er zum Test-Team von McLaren - an diesem Mittwoch durfte er selbst erstmals das F1-Auto des britischen Traditionsstalls auf der Rennstrecke ausprobieren. Norris wusste bei seinem Debüt durchaus zu beeindrucken. 91 Runden spulte der Brite ab, mit einer persönlichen Bestzeit von 1:17.385 Minuten. Das war nur rund zwei Zehntel langsamer als Vettel, der den Ferrari vormittags pilotiert hatte. Und eine halbe Sekunde schneller als Kimi Räikkönen, der das Steuer nachmittags übernahm.

Norris fuhr seine beste Runde auf den schnellen Ultrasoft-Reifen, das hat sicherlich geholfen. Bei seiner allerersten Ausfahrt in einem Formel-1-Auto aber auf Anhieb so schnell zu sein, hat auch McLaren begeistert. "Lando hat uns mit seiner Reife, Professionalität und Speed beeindruckt", sagte McLaren-Renndirektor Eric Boullier. "Er hat sich bei seiner ersten Fahrt im MCL32 sehr schnell zurechtgefunden. Er ist ein Gewinn für unser Test-Team - und ein potenzieller Star der Zukunft."

Nur der erste von vielen Tests

Norris spulte am Vormittag 58 Runden im Auto ab, kurz vor der Mittagspause fabrizierte er einen kleinen Dreher auf der Strecke. Nachmittags musste Englands Nachwuchshoffnung eine Weile in der Garage warten, weil McLaren einige Updates ans Auto schraubte. Mit den neuen Teilen setzte Norris dann die Setup-Arbeiten des Teams mit kurzen und längeren Runs fort.

Norris: "Zunächst war es eine Herausforderung, sich an das Auto zu gewöhnen. Am Ende des Tages fühlte ich mich aber sehr wohl. Ich bin viele Runden gefahren und habe diese Erfahrung sehr genossen. Vielen Dank ans Team für diese Gelegenheit - hoffentlich war das die erste von vielen!"

Budapest-Test: Die Zeiten vom Mittwoch

PositionFahrerTeamBeste RundeRunden
1S. VettelFerrari1:17.12440
2L. NorrisMcLaren1:17.38591
3K. RäikkönenFerrari1:17.84260
4R. KubicaRenault1:18.572142
5C. SainzToro Rosso1:18.85068
6D. KvyatToro Rosso1:19.11654
7L. AuerForce India1:19.24249
8G. RussellMercedes1:19.39190
9N. MazepinForce India1:19.69248
10P. GaslyRed Bull1:20.337107
11L. GhiottoWilliams1:20.414161
12S. FerrucciHaas1:20.994116
13N. MatsushitaSauber1:21.998121

Wer ist Lando Norris?

Lando Norris' junge Karriere liest sich mehr als beeindruckend. 2014 wurde er als 14-Jähriger Kart-Weltmeister - das war im gleichen Alter zuvor nur Lewis Hamilton gelungen. Später schlug Norris erneut ähnliche Wege ein wie sein Landsmann und dreifacher Weltmeister. McLaren nahm Norris Ende 2016 in seinen Nachwuchskader auf. Und das aus gutem Grund.

Im gleichen Jahr gewann das eher schmächtig wirkende Supertalent sowohl die Formel Renault 2.0 als auch den Formel Renault 2.0 NEC. In den insgesamt 30 Rennen für den deutschen Rennstall Josef Kaufmann Racing stand er 23 Mal auf dem Podium und holte 11 Siege. Obendrein gewann er die Meisterschaft in der Toyota Racing Series.

2015 erlebte Norris in der deutschen Formel 4 einen heftigen Unfall, Foto: Gruppe-C GmbH
2015 erlebte Norris in der deutschen Formel 4 einen heftigen Unfall, Foto: Gruppe-C GmbH

Norris' Karriere ist seit dem Formeleinstieg klar in Richtung Formel 1 ausgerichtet. 2015 startete er dreimal in der deutschen Formel 4 - ausgerechnet auf den Grand-Prix-Kursen von Spa, Nürburgring und Hockenheim. Bis zu seinem schweren Unfall im letzten Hockenheim-Rennen erzielte er sechs Podiumsplatzierungen in den neun Rennen. Beim Macau GP 2016 wurde die Motorsportwelt endgültig aufmerksam auf Norris. Einem Crash im Qualifying ließ er eine Aufholjagd vom 27. bis auf den 11. Platz folgen.

Mit der Unterstützung von Vater Adam Norris, der sich im Alter von 36 Jahren als hundertfacher Selfmade-Millionär praktisch zur Ruhe setzte und nun in britische Startup-Unternehmen investiert, ist auch das letzte Puzzleteil für eine F1-Karriere vorhanden.