Robert Kubica ist zurück! Am Mittwoch absolvierte der Pole seinen ersten offiziellen Formel-1-Test seit seinem schweren Rallye-Unfall Anfang 2011, bei dem er beinahe seinen rechten Arm verloren hätte. Beim letzten Young Driver Test der Saison 2017 fuhr Kubica auf dem Hungaroring den aktuellen Renault-Boliden.

Kubica bereitet sich zwar mit privaten Testfahrten gemeinsam mit Renault auf das offizielle Comeback vor, allerdings durfte der 32-Jährige bei diesen Gelegenheiten lediglich einen Lotus E20 aus dem Jahr 2012 mit Show-Reifen fahren.

Holpriger Auftakt

Der Start des Testtags verlief äußerst holprig: Vor hunderten polnischen Fans lenkte Kubica beim Herausfahren aus der Garage zu früh ein und blieb mit dem rechten Hinterreifen an der Garagenausfahrt hängen. Damit riss er ein Schild von der Boxenanlage, Beschädigungen am Auto gab es offenbar nicht.

"Das war einer der größten Böcke, die man überhaupt in der Formel 1 machen kann", ärgerte sich der Pole selbst. "Ich war so konzentriert auf die Leute, dass ich vergessen habe, dass die Autos breiter sind. Das war mein einziger Fehler heute, aber ich hätte gerne keinen Fehler gemacht. Ich wollte heute einfach nicht abfliegen, das war das wichtigste." Die Boxengasse auf dem Hungaroring zählt zu einer der engsten im gesamten Formel-1-Kalender.

Vergleich fällt schwer

Seine Bestzeit von 1:18,572 Minuten absolvierte Kubica auf den Ultrasoft-Reifen. Jolyon Palmer qualifizierte sich am Rennwochenende in 1:18,415 Minuten auf Rang elf. Allerdings kamen am Wochenende die Ultrasoft-Reifen nicht zum Einsatz, Palmer fuhr seine Zeit auf Supersoft. Laut Pirelli beträgt die Delta-Zeit zwischen den Mischungen zwischen 0,3 und 0,4 Sekunden.

Trotzdem ist es schwer, die Zeiten zu vergleichen: Während Palmer im Qualifying mit niedrigster Spritmenge fuhr und den Motor voll aufdrehen durfte, sind die genauen Umstände von Kubicas schnellster Runde unklar. Außerdem waren die Temperaturen beim Test deutlich höher, was die Strecke normalerweise langsamer macht. Dafür baute die Strecke im Rennen zusätzlich Grip auf.

Kubica selbst wollte zu seinem Programm nicht viel sagen. "Wir sind durch fast alle Runs gekommen, die wir machen wollten, das ist das wichtigste. Wir wollten Teile testen und das haben wir geschafft. Nur der letzte Run hat wegen der Roten Flaggen am Ende nicht geklappt." Auch seiner Rundenzeit will Kubica nicht allzu viel Beachtung schenken. "Ehrlich gesagt, erinnere ich mich nicht einmal daran, was am Wochenende für Zeiten gefahren wurden. "

Ganz genau hingeschaut

Motorsport-Magazin.com konnte sich an der Strecke einen Eindruck vom Fahrstil des Polen machen. Nachdem die Fahrt des Comebackers in den ersten Runden noch recht unrund wirkte, steigerte sich der Pole konstant. Schwierigkeiten mit der Lenkung waren von außen nicht zu erkennen.

Mit 142 Runden landete der 32-Jährige auf Rang zwei der Fleißtabelle des zweiten Testtages. 142 Runden entsprechen etwa zwei Renndistanzen. Teilweise wurden dabei Umgebungstemperaturen von 38 Grad Celsius gemessen. "Die Hitze war heftig", gesteht Kubica. "Aber Ungarn ist vielleicht sogar die anstrengendste Strecke. Nico [Hülkenberg] hat es schon auf den Punkt gebracht: Wenn ich hier fahren kann, kann ich überall fahren."

Kubica: Es war nicht einfach

Dass die 142 Runden kein Kinderspiel waren, daraus machte Kubica kein Geheimnis: "Es war nicht einfach, das gebe ich zu. Aber es waren auch mehr als 140 Runden. Mein Fitness-Level ist gut, aber es kann noch immer besser werden. Wenn mir jemand vor drei Monaten gesagt hätte, dass ich heute 140 Runden fahren kann, hätte ich sofort unterschrieben. Aber man will dann immer mehr. Schmerzen hatte ich überhaupt keine."

Vor allem die Vormittagssession war hart für die Renault-Hoffnung. Kubica stieg zwischen 09:00 und 13:00 Uhr kein einziges Mal aus dem Cockpit. "Ich bin insgesamt nicht ganz glücklich mit dem Tag, weil ich keine Zeit hatte, zu rekapitulieren. Ich war nur auf das fokussiert, was gemacht werden musste. Ich habe nur Gefühle gesammelt, konnte sie aber nicht aussortierten. Erst in der Mittagspause konnte ich darüber nachdenken. Danach war es viel besser! Die Leute denken immer, man verbessert sich nur beim Fahren. Aber man verbessert sich auch beim Nachdenken! Wenn ich morgen fahren würde, wüsste ich schon, wo ich mich verbessern kann."

Hunderte polnische Fans schauten bei Kubicas Comeback zu, Foto: Sutton
Hunderte polnische Fans schauten bei Kubicas Comeback zu, Foto: Sutton

Kaum Änderungen am Renault

Für Kubica mussten kaum Änderungen am Boliden vorgenommen werden. Lediglich die Schaltwippen wurden anders angeordnet, Kubica schaltet mit der linken Hand Gänge nach oben und unten. "Das sind aber alles keine Änderungen, die speziell für mich gemacht wurden, das gab es schon", erklärte Kubica. "Ich habe mir nur die Knöpfe etwas anders belegt, damit ich die Knöpfe, die man häufiger braucht, einfacher erreichen kann als Knöpfe, die man kaum braucht."

Die größte Umgewöhnung war für Kubica offensichtlich nicht sein Arm, sondern das Auto. "Diese Autos haben nicht mehr mit dem zu tun, was ich gefahren bin. Sie sind so viel schneller. Es sind die schnellsten Autos seit 20 Jahren. Die Autos sind viel schwerer, mit 100 Kilogramm mehr um die Strecke zu fahren, macht einen massiven Unterschied."

Kubica muss mit grünem Licht fahren

Was einem Formel-1-Comeback weiterhin im Weg stehen könnte: Kubica hat keine Superlizenz mehr, die nötig ist, um an WM-Läufen teilzunehmen. Das war während des Tests für alle gut sichtbar: Der Pole musste mit grünem Blinklicht um die Strecke fahren. Das ist bei Testfahrten mit aktuellen Autos für Fahrer verpflichtend, die keine Superlizenz haben.

Nun ist fraglich, wie es mit der Formel-1-Karriere von Kubica weitergeht: Nicht wenige im Fahrerlager munkeln, er könnte schon in Spa Jolyon Palmer ersetzen. Doch neben der Superlizenz gibt es noch ein weiteres Problem: Palmer hat einen stichfesten Vertrag mit Renault. Der Brite müsste einer Auflösung zustimmen.

Comeback-Wunsch bleibt

Deshalb glauben einige, Palmer könnte an einigen Rennwochenende freitags im Renault sitzen, um weiter Erfahrungswerte zu sammeln. Renault ist noch auf der Suche nach einem zweiten Piloten neben Nico Hülkenberg für die Formel-1-Saison 2018. Kubica selbst will zu konkreten Plänen nichts sagen: "Ich weiß nur, dass ich morgen im Flieger nach Hause sitze."

Doch der Wunsch nach einem richtigen Comeback ist nach wie vor da. "Ich wäre aber nicht enttäuscht, wenn es nicht klappt, denn ich sehe sehr realistisch auf die Situation." Wann Kubica das nächste Mal im Formel-1-Auto sitzen darf, ist unklar.