Räikkönen und der bittere Doppelsieg: (04:40 Min.)

1. - Worüber ärgerte sich Räikkönen im Rennen?

Kimi Räikkönen zeigte beim Ungarn GP eine starke Pace. Als sich Sebastian Vettels Probleme mit dem Lenkrad verschärften, wurde der Finne aufgehalten. Doch Überholen ist auf dem Hungaroring kaum möglich. "Wenn der vor dir keinen Riesenfehler macht oder große Probleme hat ist es sehr schwierig zu überholen, vor allem, wenn es der Teamkollege ist", erklärte Räikkönen. Also bettelte er bei Ferrari indirekt darum, doch bitte vorbeigelassen zu werden. "Ich bin schneller", funkte der Finne fast im Runden-Takt an den Kommandostand. Seine Sorge: Mercedes näherte sich rausch, Räikkönen sah seinen zweiten Platz gefährdet.

Doch Ferrari nutzte Räikkönen lieber als Puffer zwischen WM-Speerspitze Vettel und den Silberpfeilen. Immerhin ist ein Angriff auf einen Ferrari, der nicht mehr in Ordnung ist, einfacher als auf einen intakten. Auch deshalb musste der Finne zurückstecken. Da nutzte alles Klagen am Funk nichts. Da Vettel um das Opfer seines Teamkollegen wusste, entschuldigte er sich nach dem Rennen sogar: "Direkt nach dem Rennen habe ich mich bei ihm entschuldigt, dass ich ihn aufgehalten hatte."

2. - Warum ließ Hamilton Bottas vorbei?

Mercedes schreibt Team-Play groß. Schon oft sahen wir in der Vergangenheit, dass langsamere Teamkollegen dem schnelleren den Vortritt ließen, um die Vordermänner besser attackieren zu können. So war es auch beim Ungarn GP 2017. Lewis Hamilton lag hinter Valtteri Bottas, hatte aber die bessere Pace und war daher die größere Gefahr für die lahmende Ferrari-Doppelspitze.

Bottas ließ Hamilton ohne Murren passieren, um ihm eine Chance auf den Sieg zu geben. Allerdings fand auch der Brite keinen Weg an Räikkönen vorbei und so entschied sich Mercedes kurz vor Schluss, den Platztausch rückgängig zu machen. Nur: Bottas konnte Hamilton kaum folgen, musste sich durch den Verkehr kämpfen. Er verlor Sekunde um Sekunde. Auch den eigentlich sicheren Platz drei?

Nein, keineswegs. Kurz vor Schluss ließ sich Hamilton zum Verwundern vieler Zuschauer zurückfallen, um hinter Bottas, aber vor Max Verstappen ins Ziel zu kommen. "Ich bin ein Mann, der zu seinem Wort steht", sagte Hamilton. Das wahrt die gute Stimmung bei Mercedes, kostete ihn im WM-Kampf aber drei Punkte. "Wenn die am Ende entscheiden, bin ich der Erste, der sich ins Knie schießt", räumte Teamchef Toto Wolff ein.

3. - Was stimmte nicht bei Vettels Lenkrad?

Normalerweise ist das Lenkrad bei jedem Fahrzeug gerade, wenn man geradeaus fahren will. Bei Sebastian Vettel gab es jedoch schon zu Beginn des Rennens ein Problem. Sein Lenkrad zeigte leicht nach links und das Problem wurde im Rennverlauf schlimmer. "Immer, wenn ich einen harten Schlag aufs Auto bekam, wurde es noch schlechter", erläuterte der Ferrari-Pilot.

Auch hatte er in der Runde in die Startaufstellung kein Problem festgestellt. Aber während der Formationsrunde unmittelbar vor dem Start ahnte Vettel etwas: "Ich hatte schon das Gefühl, dass etwas nicht stimmte, als wir das Auto herunterließen." Nach einiger Diskussion mit dem Team wurde der WM-Führende angewiesen, die Kerbs zu meiden, um eine weitere Verschlechterung zu verhindern. Den genauen Grund für das schiefe Lenkrad kannte Ferrari am Sonntag noch nicht.

4. Wer war Schuld bei der Red-Bull-Kollision?

Die Antwort ist ganz klar: Max Verstappen. Beim Start überraschten beide Red Bull Lewis Hamilton und gingen beinahe nebeneinander in die zweite Kurve. Dort jedoch verbremste sich Verstappen und rutschte in die Seite von Daniel Ricciardo. Die Berührung an sich sah erst einmal relativ harmlos aus und der Australier fuhr die Linkskurve auch noch ohne allzu großen Zeitverlust zu Ende.

In der dritten Kurve zeigte sich dann jedoch, wie schwer die Schäden wirklich waren. Der Kühler verlor Wasser und das linke Hinterrad war kaputt. Zusammen bedeutete es das Aus für Ricciardo, der für seine Verhältnisse sauer war: "Es war einfach unreif von ihm, um es milde auszudrücken." Seinen Fehler erkannte Verstappen und entschuldigte sich nach dem Rennen bei seinem Teamkollegen.

5. Wie fuhr Alonso die schnellste Runde?

Der Hungaroring ist eine Strecke, auf der Motorleistung von geringerer Bedeutung ist. Da das Auto von McLaren in allen anderen Belangen besser ist als der Honda-Motor, konnte Fernando Alonso schon früh sehr starke Runden fahren. Nicht ohne Grund war der McLaren im Ziel der beste Verfolger der drei Top-Teams auf dem sechsten Rang. Was aber auf dem Weg zur schnellsten Rennrunde gelegen kam, waren die Probleme bei Sebastian Vettel.

Dessen Ferrari-Bolide lenkte auf der Geraden nicht mehr sauber geradeaus, sodass Vettel sich noch mehr auf das Reifen schonen konzentrieren musste als normal. Dabei bremste er Räikkönen und auch die Mercedes dahinter ein. Denn: Allein das Ranfahren ist in Ungarn schwierig wegen der verwirbelten Luft. "Die schnellste Runde war eine Überraschung. Die nehme ich wirklich wie ein Geburtstagsgeschenk", freut sich Alonso, der am Samstag seinen 36. Geburtstag feierte.

6. Wie schlug sich Di Resta beim Comeback?

Für seine ersten Runden seit dem Brasilien GP 2013 schlug sich Massa-Ersatz Paul Di Resta wirklich stark. Der Schotte stieg ohne jegliche Vorbereitung, abgesehen von Simulatorfahrten, ins Cockpit und verlor im Qualifying lediglich eine Dreiviertelsekunde auf Lance Stroll, der nicht nur schon die gesamte Saison im Einsatz war, sondern auch am Hungaroring bereits 84 Runden mehr auf dem Buckel hatte.

Im Rennen tat sich Di Resta wie erwartet schwer. Die meiste Zeit verbrachte der etatmäßige DTM-Pilot am Ende des Feldes, auch, wenn die Rundenzeiten sich grundsätzlich sehen lassen konnten. Die mangelnde Renn-Routine machte sich aber doch bemerkbar. Bitteres und vorzeitiges Ende: Ein Ölleck verhinderte, dass der Williams-Ersatzfahrer das Ziel sah.

Paul di Resta saß zum ersten Mal seit Brasilian 2013 wieder im F1-Cockpit, Foto: Sutton
Paul di Resta saß zum ersten Mal seit Brasilian 2013 wieder im F1-Cockpit, Foto: Sutton

7. Was war bei Mercedes an der Boxenmauer los?

Schon früh im Rennen kämpfte Mercedes mit IT-Problemen an der Boxenmauer. Bildschirme fielen plötzlich aus und auch der Funk funktionierte nicht einwandfrei. So fuhr Lewis Hamilton den größten Teil des Rennens ohne direkten Funkkontakt zum Kommandostand. Auch deshalb konnte Mercedes nicht so sehr von den Problemen bei Ferrari profitieren. "Es war ein lokales Hardware-Problem", erklärte Toto Wolff.

"Wir fanden einen Kabelbruch in einem Glasfaserkabel. Dadurch flogen wir beinahe blind", so Wolff weiter. Betroffen war nicht nur der Funk, sondern auch sämtliche Daten-Systeme. Nicht einmal das TV-Bild hatten die Strategen am Kommandostand ständig zur Verfügung. "Hin und wieder hat es funktioniert, aber es war schwierig. Deshalb hat Lewis manche Gespräche gehört und manche nicht."

8. Wieso fiel Hülkenberg vorzeitig aus?

Nach einem Getriebewechsel vor dem Wochenende war für Nico Hülkenberg klar, dass er fünf Strafplätze kassieren würde. Der Start im Mittelfeld brachte ein paar Berührungen, unter anderem mit Romain Grosjean mit sich, doch der Renault-Pilot konnte das Rennen mit einer starken Pace fortsetzen. Bei seinem einzigen Boxenstopp klemmte dann ein Rad, was den Deutschen weit zurückwarf.

Dort kämpfte er gegen Marcus Ericsson, der ihn einmal sogar ins Gras drückte, wobei er sich das Auto leicht beschädigte. Doch das alles war nicht der Grund für den Ausfall von Hülkenberg. Erneut machte das Getriebe Probleme, das zu Beginn des Wochenendes getauscht wurde, weil es das Rennen nicht überstanden hätte. Jetzt muss Hülkenberg erneut zittern, ob er für den Belgien GP nach der Sommerpause eine Strafe bekommt.

Der Diffusor am Renault von Hülkenberg hatte beim Ausritt leichten Schaden genommen, Foto: Motorsport-Magazin.com
Der Diffusor am Renault von Hülkenberg hatte beim Ausritt leichten Schaden genommen, Foto: Motorsport-Magazin.com

9. Wofür erhielt Haas eine Strafe?

Für Romain Grosjean war der Ungarn GP wahrlich ein Rennen zum Vergessen. Erst fiel der Franzose nach einer leichten Berührung mit Nico Hülkenberg in der ersten Kurve weit zurück, dann misslang dem Team ein Boxenstopp. Nach einem scheinbar gelungenen Stopp fuhr Grosjean zurück auf die Strecke, doch er kam nicht weit. Das Team wies ihn an, sein Auto abzustellen, da eine Radmutter nicht richtig fest war.

Damit beging das Haas F1 Team einen Unsafe Release, denn das Auto von Grosjean war nicht sicher rausgelassen worden. Zwar konnte er den Boliden sicher abstellen und auch das Rad verlor er nicht, doch eine Strafe kassierte Haas trotzdem. Da jedoch niemand durch die schnelle Reaktion gefährdet wurde, fiel die Strafe milde aus. Lediglich 5.000 Euro musste das Team dafür bezahlen.