Für Red Bull wäre gegen Mercedes und Ferrari in Budapest definitiv mehr drin gewesen. Sämtliche Pläne der Bullen wurden jedoch schon in der ersten Runde durch eine teaminterne Kollision zwischen Max Verstappen und Daniel Ricciardo zunichte gemacht. Verstappen fuhr am Ende zwar als Fünfter in Schlagdistanz zu den Silberpfeilen über den Zielstrich, war nach dem durch ihn verschuldeten Unfall jedoch untröstlich. Zu Recht, denn bei Ricciardo war die Laune nach dem frühen Aus dank Abschuss durch den Teamkollegen richtig im Keller.

"Das war nichts. Es war einfach unreif von ihm, um es milde auszudrücken", fand Ricciardo wenig Verständnis für die Aktion seines Garagen-Nachbarn, die ihn um die Fortsetzung seiner zuletzt starken Serie brachte. Bei der Anfahrt zu Turn 1 sah Verstappen noch wie einer der Sieger des Starts aus. Eingangs Kurve 2 fand er sich dann plötzlich hinter dem Teamkollegen wieder. Beim Versuch die Position zurückzuerobern, verbremste er sich und fuhr diesem von innen in die Seite - mit schwerwiegenden Folgen.

Mit einer heftig lädierten linken Flanke seines RB13 war für Ricciardo das Rennen eine Kurve später beendet. Im Boxenfunk reagierte er äußerst gefasst. "War es derjenige, vom dem ich glaube, dass er es war?", fragte er beim Renningenieur nach, der seine Vermutung mit einem knappen "ja" bestätigte. Für Ricciardo war klar, dass Verstappens Manöver niemals gutgehen konnte. "Valtteri war vorne und ich außen. Da war kein Platz. Es ist eine enge Kurve und so spät wie er gebremst hat, konnte er das Auto gar nicht mehr um die Kurve ziehen."

Abgesehen davon hatte Ricciardo auch gar nicht das Gefühl, dass bei Verstappens Aktion auch nur irgendeine Aussicht auf Erfolg bestand: "Es war nicht so, dass er versucht hat zu überholen oder dass er zu viel versucht hat. Für mich war es nicht einmal ein Überholversuch, sondern einfach nur eine schwache Leistung. Ich denke nicht, dass es dafür eine Entschuldigung gibt", so der 28-Jährige, der angesichts seiner Frustration zwar die Fassung behielt, aber dennoch kein gutes Haar am Teamkollegen ließ.

Ungarn 2017 markiert die erste teaminterne Kollision zwischen den Red-Bull-Kollegen Ricciardo und Verstappen, Foto: Sutton
Ungarn 2017 markiert die erste teaminterne Kollision zwischen den Red-Bull-Kollegen Ricciardo und Verstappen, Foto: Sutton

Ricciardo: Max hat ein Problem damit, wenn er hinter mir liegt

Das Motiv hinter Verstappens Angriff war für Ricciardo etwas ganz anderes, als einfach nur ein Überholmanöver. "Ich denke, er mag es nicht wenn ein Teamkollege an ihm vorbeigeht", vermutet der fünfmalige Grand-Prix-Sieger, der zu wissen glaubt, was in Verstappens Kopf vorging: "Er hat es in Kurve 1 außen versucht und das hat nicht geklappt. Ihm wurde am Ausgang die Linie weggenommen und plötzlich war das, was wie ein guter Start aussah, ein schlechter Start. Dann sah er auch noch wie ich vorbeigehe und dachte sich: Okay, das muss ich wieder in Ordnung bringen. Und dann: Oops, ich bin gecrasht! So war's", ist er sich sicher.

Obwohl Verstappen seit dem einen oder anderen Eklat in der Vergangenheit in der Saison 2017 deutlich abgeklärter zu Werke geht, glaubt Ricciardo, dass es dem 19-Jährigen nach wie vor an den notwendigen Erfahrungswerten mangelt. "Du hast das ganze Rennen Zeit, um einen Fehler wieder auszubügeln. Was er gemacht hat, war das Schlimmste, was du machen kannst. Du kannst einen Unfall haben und es hat seinen Grund. Aber in dem Fall war es einfach ein großer Fehler. Ein Fehler, den ein junger Fahrer macht", erklärte er.

Während Verstappen noch seine Runden drehte kündigte Ricciardo an, sich den ungestümen Niederländer nach dem Rennen einmal zur Brust nehmen zu wollen. "Ich muss auf jeden Fall mit ihm reden. Das Team wird natürlich seinen Teil machen und ich meinen. Ich werde vielleicht etwas emotionaler reden, das Team etwas konstruktiver. Ich hoffe, das kommt bei ihm an. Abgesehen davon erwarte ich auch, dass er zu mir kommt und sich entschuldigt. Schließlich war es zu null Prozent mein Fehler."

Verstappen voll Reue über Kollision

Darauf, dass Verstappen sich die Schelte bei ihm abholt, wird Ricciardo aber wohl noch etwas warten müssen. Zwar will er sich beim Australier unter vier Augen entschuldigen, aber "vielleicht nicht heute, weil die Emotionen sind nach dem Rennen immer noch hoch." Nachdem er seinem Team den Super-Gau beschert hatte, zeigte sich Mad Max jedoch mehr als reuig. "Ich habe natürlich versucht Daniel auszuweichen, aber leider habe ich es nicht geschafft. Es ist nie meine Absicht, irgendjemandem reinzufahren. Schon gar nicht, wenn es mein Teamkollege ist", erklärte er.

Obendrein tat es ihm vor allem leid, da er die Zusammenarbeit mit Spaßkanone Ricciardo bei Red Bull seit jeher genießt. Dementsprechend zeigte sich der sonst so harte Kämpfer Verstappen von der Kollision sehr getroffen. "Besonders bei der Beziehung, die ich zu Daniel habe. Es ist immer sehr gut und wir lachen viel zusammen. Deshalb ist es ist nicht schön und ich entschuldige mich bei ihm dafür, und natürlich auch beim Team", so der Youngster, der den Unfall ohne Umschweife auf seine Kappe nahm, jedoch auch seine Version loswerden wollte.

"Ich glaube, das Problem hat in der ersten Kurve angefangen. Mein Start war gut, aber dann musste ich wegen Bottas auf den Kunstrasen ausweichen. Ab da musste ich kämpfen. In die zweite Kurve hinein habe ich dann das innere Rad blockiert. Von da an war ich nur noch Passagier und bin dann leider in Daniel gefahren", erklärter er. Die Rennleitung brummte ihm daraufhin eine 10-Sekunden-Zeitstrafe und zwei Strafpunkte auf. Trotz dieser lag er im Ziel als Fünfter lediglich acht Zehntel hinter dem Drittplatzierten Valtteri Bottas.

"Es ist schwer hier zu überholen, deshalb bin ich mir nicht sicher, ob wir es ansonsten auf das Podest hätten schaffen können. Wir wären auf jeden Fall nah dran gewesen und am Ende war ich es auch, es hat halt nur zehn Sekunden länger gedauert", so Verstappen, der zumindest die Pace an diesem Tag als gute Erinnerung mit in die Sommerpause nehmen wird: "In der Hinsicht war es ein positiver Sonntag. Es war nur nicht schön, was am Anfang des Tages passiert ist."

Verstappen schätzt Ricciardo als Teamkollegen sehr, Foto: Red Bull Content Pool
Verstappen schätzt Ricciardo als Teamkollegen sehr, Foto: Red Bull Content Pool

Red-Bull-Teamchef Christian Horner: Ein frustrierender Tag

An der Boxenmauer von Red Bull war man von dem Aufeinandertreffen der beiden Piloten alles andere als begeistert. "Es war ein sehr frustrierender Tag für uns. Besonders deshalb, weil wir heute offensichtlich eine sehr konkurrenzfähiges Rennauto hatten. Und das trotz der Zeitstrafe, die wir absitzen mussten", so Teamchef Christian Horner, der von Verstappens Pace auf dem Hungaroring durchaus angetan war. "Seine Pace war im Rennen absolut schnell genug, um auf das Podium zu fahren."

Da seine beiden Fahrer sich trotz der Kollision nicht zu Äußerungen unter der Gürtellinie hinreißen ließen, wie es bei einigen Konkurrenten in Budapest der Fall war, konnte Horner im Nachhinein zumindest mit dem Konflikt-Management von Ricciardo und Verstappen gut leben. "Es war schön zu sehen, dass Max es auf seine Kappe genommen hat und sich sofort bei Daniel und dem Team entschuldigt hat. So können wir damit abschließen und nach vorne schauen."