Der Red Bull Ring und seine Kerbs - eine unendliche Geschichte. Auf keiner anderen Strecke blinkt auf den Monitoren so häufig die Nachricht 'Fahrer xy hat die Track Limits nicht beachtet' auf wie in Spielberg. Um dem leidigen Problem endgültig einen Riegel vorzuschieben, hat die FIA vor dem diesjährigen Österreich Grand Prix noch einmal Hand angelegt.

Die dreigeteilten, so genannten Baguette-Kerbs gab es schon im vergangenen Jahr in den letzten beiden Kurven vor der Start/Ziel-Geraden. Der Abstand wurde nun auf 3,2 Meter vergrößert, nachdem sich Fahrer Schäden an ihren Autos zugezogen hatten. Zusätzliche Kerbs dieser Art wurden in diesem Jahr auch in den Kurven 6 und 7 - der Doppel-Linkskurve - installiert. Und wieder gab es Ärger um die Randsteine.

Viel Kerb für ein F1-Auto

Unter anderem zogen sich Max Verstappen, Felipe Massa, Romain Grosjean und Carlos Sainz Schäden an ihren Boliden zu, nachdem sie die Kerbs erwischt hatten. Die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten. "Das ist ziemlich viel Kerb für ein Formel-1-Auto, dazu sind sie nicht konstruiert", sagte Kerb-Opfer Verstappen. Der Red-Bull-Pilot hatte im 1. Training in Kurve 7 das Heck verloren, rutschte ins Kiesbett und touchierte mit dem rechten Hinterrad den Reifenstapel.

Schlimmer erwischte es am Vormittag Grosjean. Der Haas-Pilot kam am Ausgang der vorletzten Kurve weit raus und überfuhr den gelben Baguette-Kerb äußerst unsanft. Dabei beschädigte er seinen linken Vorderreifen und musste mit einem Plattfuß zurück an die Box schleichen. "Die Kerbs sind nicht da, um das Auto kaputt zu machen", ärgerte sich Williams-Pilot Felipe Massa nach seinem Austritt.

Wie eine unsichtbare Mauer

Heftig erwischte es auch Carlos Sainz in der vorletzten Kurve. Beim Toro-Rosso-Piloten waren nicht die gelben Kerbs problematisch, sondern die flachen Kerbs. Als er von der Wiese zurück auf die Strecke fahren wollte, blieb er mit dem Unterboden am Kerb hängen, wodurch sein Bolide stark versetzte.

"Es war wie eine unsichtbare Mauer", beschrieb Sainz den Vorfall bei Motorsport-Magazin.com. "Als ich zurück auf die Strecke wollte, habe ich plötzlich etwas getroffen, wir wissen noch nicht was. Das muss sich auch Charlie ansehen, ob man etwas verbessern kann, denn es war ziemlich gefährlich und hat mein Auto beschädigt."

Die Baguette-Kerbs in Spielberg sorgen für Ärger, Foto: Sutton
Die Baguette-Kerbs in Spielberg sorgen für Ärger, Foto: Sutton

Jeder Kerb ist genau falsch

Beschwerden über Kerbs sind in der Formel 1 nichts Neues. Man erinnere sich etwa an den Schwimmbad-Kerb in Monaco dieses Jahr, der ebenfalls für große Diskussionen gesorgt hatte. Oder den Baku-Kerb eingangs der engen Passage, der nachträglich abgeflacht wurde. Jetzt sind es die Baguette-Kerbs in Spielberg, die die Fahrer davon abhalten sollen, die Strecke zu verlassen.

Christian Danner hatte in Österreich eine eindeutige Meinung zu den Kerb-Beschwerden. "Jeder Kerb, den du einem Formel-1-Fahrer vor das Auto baust, ist laut Formel-1-Fahrer genau falsch", sagte der Motorsport-Magazin.com-Experte. "Denn da genau will er drüberfahren. Und wenn er das macht, hat er nachher ein Problem. Mein Rat ist immer der gleiche: nicht drüberfahren. Das ist die Kunst."

Max Verstappen landete im Kiesbett, Foto: Sutton
Max Verstappen landete im Kiesbett, Foto: Sutton

Danner: Wo ist der Unterschied?

Sicherlich agieren die F1-Piloten stets an oder auch über dem Limit. Vor allem in Spielberg wird das immer wieder deutlich, dem Kurs mit den kürzesten Rundenzeiten im Kalender. Die Vorfälle am Trainings-Freitag waren allerdings eklatant.

Danner: "Aber wo ist da der Unterschied zu anderen Kurven? Das ist eine Kurve - und da musst du eben irgendwie durchkommen. Wenn man ans Limit geht - und das geht ja heute zack, zack - dann kommt man schnell in den Bereich, wo es nicht mehr so perfekt ist." Zustimmung gab es seitens einiger Fahrer, etwa Sainz. Spielberg sei ein Kurs, der Vertrauen und Grip biete - das führe zu Fehlern. Der Spanier: "Das war auch bei mir der Fall."

Danners Lösung: Nicht über die Kerbs fahren, Foto: Sutton
Danners Lösung: Nicht über die Kerbs fahren, Foto: Sutton

Extrem am Limit

Und das auch vor dem Hintergrund, dass die 2017er-Rennautos schnell sind wie nie zuvor. Lewis Hamilton brach im Training den bestehenden Streckenrekord. "Wegen der höheren Geschwindigkeiten ist es schwieriger, etwas zu korrigieren, ohne dabei einen Kerb zu treffen oder ins Kiesbett zu fahren", sagte Verstappen.

Nico Hülkenberg zu Motorsport-Magazin.com: "Alles ist schneller, es ist extrem am Limit. Wenn es schiefgeht, hat man kaum Zeit zu korrigieren und schon ist man weg. Die letzte Kurve war schon in den vergangenen Jahren wild. Die Reifen sind heiß von den Kerbs, man will attackieren und denkt, es geht mehr. Aber es geht dann eben doch nicht."