Sebastian Vettel kommt nach seinem Rammstoß gegen Lewis Hamilton beim Großen Preis von Aserbaidschan ohne weitere Strafe davon. Vettel und Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene sprachen am Montag in Paris vor einem FIA-Panel vor, dem unter anderen F1-Renndirektor Charlie Whiting angehörte.

Wie der Weltverband anschließend mitteilte, nahm Vettel nach eingehenden Diskussionen und der Betrachtung von Video- und Telemetriedaten die volle Verantwortung für den Zwischenfall auf sich. Vettel habe sich bei der FIA und der gesamten Motorsportfamilie für sein Verhalten entschuldigt, heißt es weiter. Diese Entschuldigung machte der 30-Jährige auf seiner Homepage auch öffentlich.

Sozialstunden und öffentliche Entschuldigung

"Während der Runde nach dem Neustart wurde ich von Lewis überrascht und raste in das Heck seines Wagens. Im Rückblick glaube ich nicht, dass er einen bösen Hintergedanken hatte", schreibt Vettel. "In der Hitze des Gefechts habe ich dann überreagiert, und deshalb möchte ich mich bei Lewis direkt entschuldigen und auch bei all jenen Menschen, die sich das Rennen angesehen haben."

Der vierfache Weltmeister weiter: "Mir ist klar, dass ich kein gutes Beispiel abgegeben habe. Ich hatte zu keiner Zeit die Absicht, Lewis in Gefahr zu bringen, aber ich verstehe, dass ich eine gefährliche Situation verursacht habe. Deshalb möchte ich mich bei der FIA entschuldigen. Ich akzeptiere und respektiere sowohl die Entscheidungen, die am Montag bei dem Treffen in Paris getroffen wurden, als auch die von den Rennrichtern in Baku ausgesprochene Strafe. Ich liebe diesen Sport und ich bin willens ihn auf eine Weise zu repräsentieren, die ein gutes Beispiel für künftige Generationen sein kann.

Vettel wird in den nächsten zwölf Monaten nun eine Art "Sozialstunden" ableisten, in denen er als Lehrer jungen Fahrern der Formel 2, Formel 3 und Formel 4 noch näher zu definierende Lektionen gibt. Zudem teilte FIA-Präsident Jean Todt mit, dass Vettel bis Jahresende an keinen Aktivitäten der Road Safety Kampagne mitwirken werde.

Die Szene, über die die F1-Welt spricht, Foto: Formula 1/Screenshot
Die Szene, über die die F1-Welt spricht, Foto: Formula 1/Screenshot

Somit kommt Vettel glimpflich davon - es bleibt bei der 10-Sekunden-Stop-and-Go-Strafe sowie den drei Strafpunkten, die der Ferrari-Pilot in Baku kassiert hatte. Todt erklärte den Fall damit für geschlossen, sollte es jedoch zu einer Wiederholungstat kommen, werde sie umgehend an das FIA International Tribunal zur weiteren Untersuchung weitergeleitet.

Todt fordert besseres Verhalten

"Sport auf diesem höchstem Niveau ist ein intensives Umfeld, in dem das Temperament durchgehen kann. Es ist jedoch die Aufgabe von Top-Sportlern, mit diesem Druck ruhig umzugehen, und sich auf eine Art zu verhalten, die nicht nur den Regeln des Sports entspricht, sondern auch dem exponierten Status, den sie genießen", mahnte Todt.

"Sportler müssen sich bewusst sein, welche Folgen ihr Handeln für jene haben kann, die zu ihnen aufblicken", so der FIA-Präsident weiter. "Sie sind Helden und Vorbilder für Millionen von Fans weltweit und müssen sich dementsprechend verhalten."

Redaktionskommentar zur Vettel-"Strafe": Ganz oder gar nicht!

Motorsport-Magazin.com meint: Die FIA ist so brutal! Sebastian Vettel darf sich bis zum Jahresende nicht mehr für Sicherheit im Straßenverkehr einsetzen - und muss Nachwuchsfahrern den richtigen Umgang auf der Strecke erklären. Armer Seb! Wie soll er das nur ertragen? Was für ein Quark. Bestraft ihn oder lasst es bleiben. Solche Pseudo-Strafen der FIA schaden nur der Glaubwürdigkeit und dem Ansehen des Sports.

Entweder es hätte zu einer weiteren Untersuchung kommen müssen, an deren Ende möglicherweise eine echte Strafe gestanden hätte - oder die heutige Sitzung hätte zu der Aussage führen müssen: Wir vertrauen der Entscheidung der Rennkommissare - und das war's.

So aber sagt die FIA: Es war nicht richtig, aber wir wollen ihn auch nicht mehr bestrafen, also lassen wir ihn mit Sozialstunden auf Bewährung davonkommen. Oder darf Vettel etwa bis Saisonende im Qualifying nicht unter die Top-3 fahren, weil die vor einer Road Safety-Wand fotografiert werden? Dann wäre es tatsächlich eine verdammt harte Strafe...

Ich persönlich finde, dass Vettel von vorne herein härter hätte bestraft werden sollen. Zum Beispiel mit einer Disqualifikation oder einer Rennsperre. Aber bevor die Entscheidung durch so eine Larifi-Nummer verwässert wird, wäre mir die reine 10-Sekunden-Stop-and-Go-Strafe der Rennstewards als Tatsachenentscheidung lieber gewesen. So darf sich Vettel als Gewinner ansehen - und die Formel 1 als Verlierer... (Stephan Heublein)