Und täglich grüßt das Murmeltier: Nicht nur Sebastian Vettel und Lewis Hamilton gerieten in Baku aneinander. Rund um den großen Crash-Eklat zwischen den WM-Rivalen beim Aserbaidschan GP fast unter ging ein Zwischenfall ihrer Teamkollegen gleich zu Rennbeginn. Schon in Kurve zwei gerieten Valtteri Bottas und Kimi Räikkönen aneinander. Schon wieder die beiden Finnen, erst in Spanien hatte das Duo unsanften Kontakt direkt nach dem Start gehabt.

Was diesmal passiert war? Räikkönen wollte in der zweiten Kurve außen an Bottas vorbeigehen, der Mercedes-Pilot nahm innen zu viel Kerb mit und sprang in direkt den Ferrari hinein. Bottas beschädigte sich dabei den Frontflügel und zog sich einen Plattfuß zu, Räikkönen krachte mit dem Heck in die Mauer, verlor einige Positionen. "Es kann doch nicht schon wieder derselbe Typ sein, er hat mich einfach voll getroffen", funkte ein wutentbrannter Räikkönen. Wenig später Nachfrage, ob Bottas bestraft worden sei. Auf die Verneinung seines Renningenieurs erwiderte Räikkönen nur ein spöttisches Lachen, gefolgt von einem langen "Beeeep" am Boxenfunk und einem "Dumm".

Räikkönen: Bottas hat zu früh gebremst - Vettel bestätigt

"Ich konnte nicht viel tun. Nach dem Start wurde ich in Kurve zwei von Bottas getroffen. Deshalb hat mein Heck die Mauer getroffen und ich hatte einen massiven Schaden am Auto, wir haben es aber noch geschafft, weiterzufahren", schildert Räikkönen später die Szene. "Ich weiß nicht, was er da gemacht hat. Er hat sehr früh gebremst - schon wieder", sagt Räikkönen. Genau das hatte er Bottas bereits in Spanien vorgeworfen. Teamkollege Vettel, direkt dahinter in perfekter Logenposition platziert, schätzt die Szene genauso ein. "Da hat er (Bottas) die Bremse zu weiter aufgemacht, um sich gegen Kimi zu verteidigen, der das nutzen wollte und ist ihm dann ins Auto gefahren", sagt der Deutsche.

"Ich denke, er hat dann gemerkt, dass er viel zu früh gebremst hat und hat die Bremsen wieder aufgemacht. Er kam dann viel zu schnell in Kurve zwei. Ich bin nur nach außen gefahren und wurde einfach von der Seite getroffen", ergänzt Räikkönen. Die Schuld sieht der Ferrari-Pilot damit glasklar aufseiten seines Landsmannes. Ob er sich mit Bottas aussprechen werde? "Weiß ich nicht", sagt Räikkönen.

Bottas: Die Linie gehörte mir!

Unfallgegner Bottas schätzt die Situation hingegen anders an, will die Schuld nicht auf seine Kappe nehmen. "Schade, dass es wieder Kimi war. Aber wir haben eben um ähnliche Positionen gekämpft, es ist einfach Pech, dass es wieder wir sind", meint der Mercedes-Pilot. "Aus meiner Sicht: Ich war innen, er dann natürlich außen. Er hat nicht später gebremst und ja, er war ein bisschen vorne, aber ich war innen, also ... innen hast du normalerweise die Linie", sagt Bottas.

Der Finne sieht die Schuld sogar eher beim Ferrari-Routinier. "Ich dachte, mir gehört die Kurve, aber es hätte wieder für zwei Autos genug Platz sein sollen und er war ohnehin etwas vorne, hätte also seine Position vielleicht sowieso gehalten. Er ist in die Kurve eingelenkt, sodass für mich kein Platz blieb, als über den Kerb zu fahren", berichtet Bottas. Doch hätte er nicht einfach stärker verzögern müssen? Bottas widerspricht. "Für mich war es zu diesem Zeitpunkt keine Option, zurückzustecken. Ich war dann auf dem Randstein, das Auto ist gesprungen und ich konnte meine Linie nicht halten", sagt er. Insgesamt sei es aber schlicht ein Rennunfall gewesen. "Dumm gelaufen."

Bottas bejubelte am Ende noch ein unverhofftes Podium, Foto: Sutton
Bottas bejubelte am Ende noch ein unverhofftes Podium, Foto: Sutton

Bottas landet noch auf dem Podium

Dennoch: Für Bottas kam der Aserbaidschan GP nach dem Déja Vu in Turn zwei noch zu einem unverhofft rühmlichen Ende: Der Mercedes-Pilot wurde trotz kurzzeitiger Überrundung noch Zweiter. Dabei halfen die zahlreichen Zwischenfälle kräftig mit: "Das war ein verrücktes Rennen, besonders für mich. Mein Ziel war es heute, um den Sieg zu kämpfen. Aber das konnte ich schon nach der ersten Runde vergessen. Danach hatte ich eine Runde Rückstand und musste das Feld in der Safety Car-Phase überholen", erklärt Bottas den wichtigsten Schlüssel zu Überraschung.

Für Räikkönen geht der Horror weiter ...

Für Kimi Räikkönen hingegen ging der Baku-Horror nahtlos weiter. Mit dem ohnehin schon lädierten Ferrari hielt der Finne zwar nach passabel mitten in den Punkterängen mit, wurde nur wenig später jedoch erneut Opfer externer Einflüsse. "Vor mir haben sich die beiden Force India berührt und die wegfliegenden Trümmelteile haben unglücklicherweise meinen Hinterreifen zerstört. Das hat dann alles zerstört. Den Unterboden hinten rechts, den Heckflügel und wir mussten aufgeben", schildert Räikkönen seinen Ausfall zur Rennmitte.

Ausfall? Ja, aber noch nicht ganz. Denn: "Dann kam die rote Flagge. Das war gut, so konnten die Mechaniker den Unterboden wechseln und die Endplatte. 100-prozentig war es natürlich nicht, aber wir konnten mit ein paar Runden Rückstand wieder rausfahren und ein Comeback versuchen", berichtet Räikkönen. Jedoch ereigneten sich für den Iceman selbst in der Ferrari-Garage noch kuriose Dinge: Gerade als das Rennen wieder starten sollte fehlte plötzlich sein Lenkrad! Wie von der Tarantel gestochen schlug Räikkönen Alaram. "Lenkrad!!! Lenkrad!! Jemand soll ihm sagen, dass er mir ein Lenkrad geben soll! COME ON!!!", brüllte der Finne in Höllenlautstärke in den Boxenfunk.

Sogar Durchfahrtsstrafe nur Randnotiz

Damit noch immer nocht genug der Scherereien: Weil Ferrari während der Rennunterbrechung in der Garage am Räikkönen-Auto gearbeitet hatte, nicht wie vorgesehen in der Fast Lane, kassierte der Finne auch noch eine Durchfahrtsstrafe - dabei war Räikkönen ja bereits vor der Rennunterbrechung das erste Mal ausgefallen, schon lange in der Garage gewesen. Angesichts der Vorgeschichte für Räikkönen eine zu vernachlässigende Farce: "Es hat sowieso keinen Unterschied gemacht, wir waren schon eine Runde zurück."

Doch beenden sollte Räikkönen das Rennen nicht. Kurz vor Schluss zitierte Ferrari Räikkönen aufgrund technischer Probleme schließlich zum finalen Ausfall an die Box. "Es ist kein guter Tag, wenn du gleich zwei Mal ausfällst", sagt Räikkönen. "Es gab heute viele Dinge, die außerhalb unserer Kontrolle lagen und nicht unsere Fehler waren, für die wir einen hohen Preis gezahlt haben. Davon abgesehen hatten wir ein gutes Auto."

Wieder ein neues Kapitel also in der unendlichen Geschichte des F1-Pechs des Kimi Räikkönen. Ob er jetzt dringend eine Veränderung in Sachen Glück brauche? "Ich denke nicht, dass das etwas mit Glück zu tun hat. Es ist ein Fehler der anderen Seite. Aber klar - ohne all diese Dinge ... Wenn es deine eigenen Fehler wären könntest du zumindest in den Spiegel schauen und dir sagen, 'du hast es vermasselt'. Aber das war nicht so. Wir können leider nichts daran ändern", sagt Räikkönen. "Ich weiß nicht, ob es Glück ist, wenn jemand in dich reinfährt." Teamchef Maurizio Arrivabene indes stellte sich angesichts des neuerlichen Bottas-Clashs nur noch eine Frage: "Sind wir hier in der Formel 1 oder im Kolosseum?"

Räikkönen vs. Bottas: Die Historie der Finnen-Crashes

Russland 2015: In Sochi gerieten Räikkönen und Bottas - damals noch im Williams - das erste Mal aneinander. Im Schlusssprint verschätze sich Räikkönen im Kampf um Platz drei und kollidierte nach der langgezogenen Linkskurve in Sektor eins mit Bottas. Der schied aus, Räikkönen rettete sich als Fünfter ins Ziel, kassierte allerdings nachträglich eine Zeitstrafe: P8.

Mexiko 2015: Nur ein Rennen später die Revanche: Diesmal rammte Bottas Räikkönen aus dem Rennen. Bei der Mexiko-Premiere fiel der Ferrari-Pilot infolgedessen aus, während Bottas sich erfolgreich den Weg auf das Podium freigeschoben hatte.

Spanien 2017: Nach einem Jahr ohne Finnen-Crash blühte das finnische Inferno wieder auf: Anders als in Mexiko und Russland jedoch ließen sich die Finnen diesmal weit weniger Zeit. Bereits in Kurve eins war Feierabend. Valtteri Bottas hatte innen den Kerb zu hart mitgenommen und war in Räikkönen gerutscht. Der war nur noch Passagier, nahm auch noch Verstappen mit ins Aus. Nur Bottas konnte weiterfahren, fiel später jedoch mit Motorschaden aus.

Baku 2017: Nur wenige Rennen später ließen sich Räikkönen und Bottas immerhin eine Kurve mehr Zweit bis zum nächsten Unfall. In Baku knallte ganz ähnlich wie in Spanien, diesmal in Turn zwei. Erneut hatte Bottas den Innenkerb zu stark getroffen, wurde wieder ausgehebelt - direkt in Räikkönen. Der schied nach einem turbulenten Rennen schließlich mit einem Defekt aus während Bottas für die Kollision erneut mit einem Podium 'belohnt' wurde.