Für Lance Stroll läuft seine Rookie-Saison alles andere als wunschgemäß. Nach knapp einem Saisondrittel blickt der junge Kanadier zurück auf drei Ausfälle zu Saisonstart und drei Zielankünfte bzw. -wertungen außerhalb der Top-10. Williams-Teamkollege Felipe Massa, vor einem halben Jahr noch im Ruhestand, dagegen sammelt fleißig Punkte. 20 Zähler gehen bereits auf das Konto des Brasilianers. Ein Unterschied wie Tag und Nacht in der Williams-Garage.

Noch dazu leistete sich Stroll bereits den einen oder anderen Crash. Nicht nur in Monaco, wo Unfälle gerade für einen Rookie fast schon als Pflichtprogramm gelten. Obendrein eine desaströse Qualifying-Bilanz: 0:6 liegt Stroll gegen Massa hinten - durchschnittlich 0,922 Sekunden fehlen dem 18-Jährigen auf den Routinier.

Lance Stroll sieht Felipe Massa bisher nur von hinten, Foto: Sutton
Lance Stroll sieht Felipe Massa bisher nur von hinten, Foto: Sutton

Claire Williams: Bei Räikkönen oder Vettel lief es genauso

Entsprechend reißt die Kritik an Stroll nicht ab. Lauter wird sie zwar nicht, doch summten die negativen Töne ohnehin von Anfang im hohen Dezibel-Bereich. Besonders gerne wird der Sohn von Milliardär Lawrence Stroll als Paydriver abgestempelt. Kritik, die an Stroll einfach abperlt. "Mit meinem Hintergrund machen mich die Leute eben nieder wenn ich gewinne - und wenn ich verliere versuchen sie es auch. Ich akzeptiere das, finde das eigentlich fast ein bisschen lustig", so Stroll völlig unbeirrt in Monaco.

Zumindest behauptet das der junge Mann. Ganz so locker scheint es Stroll jedoch nicht zunehmen, sehen sich die Verantwortlichen und Beteiligten immer wieder genötigt, den Williams-Rookie zu verteidigen. So auch Claire Williams während einer Feier zum 40-jährigen F1-Bestehen des Williams-Teams in Silverstone im Vorfeld des Kanada GP, Strolls Heimrennen.

"Es lastet viel Druck auf seinen Schultern und wir alle dürfen nicht vergessen, wie jung er noch ist. Der Schritt von den Nachwuchsformeln in die Formel 1 ist sehr groß, ich denke, die Leute unterschätzen das", sagt die Teamchefin bei ESPN. "Man schaue sich nur die anderen Formel-1-Piloten im Feld an, wie etwa die Vettels und Räikkönens. Die haben alle ähnliche Starts in ihrem Rookie-Jahr in der Formel 1 erlebt", meint Williams. Dass sowohl Räikkönen als auch Vettel bei ihren Debüts, bei ähnlich konkurrenzfähigem Material, gleich im ersten Rennen punkteten - noch dazu in einer Zeit als Punkte erst ab P6 bzw. P8 vergeben wurden -, hat die Teamchefin dabei offenbar vergessen - oder gerne darüber hinweggesehen.

Stattdessen argumentiert Williams: "Man muss mit Lance also nachsichtig sein. Wenn ich den Leuten etwas mitgeben darf, dann ist es die Forderung, etwas netter zu ihm zu sein." Dass Stroll am Ende unter all dem Druck zerbrechen könnte fürchtet derweil Vater Lawrence nicht. "Den Druck, den er hat, macht er sich selbst. Es gibt jede Menge professioneller Leute um ihn, die dafür bezahlt werden, das zu handeln - und ein Team, das sehr zufrieden mit seinem Verhalten und seinen Fortschritten ist", sagt Stroll senior 'Le Journal de Montreal'.

Claire Williams hält weiter große Stücke auf Lance Stroll, Foto: Sutton
Claire Williams hält weiter große Stücke auf Lance Stroll, Foto: Sutton

"Außergewöhnlicher" Max Verstappen kein Vergleich?

Stroll mit Raketenstarter Max Verstappen gleichzusetzen sei unangebracht, ergänzt Williams. "Wenn man sich die Fahrer in der Formel 1 anschaut denke ich, dass sich alle Rookies mit Max vergleichen. Aber dieser Vergleich ist nicht fair", meint Williams.

Für die Britin ist der Fall Verstappen schlicht ein völlig einzigartiges Phänomen. "Es ist eine sehr, sehr außergewöhnliche Situation, dass wir jemanden wie Max im Red Bull sehen. Das ist außergewöhnlich und nährt wohl auch den Irrglauben, dass das jeder so machen kann. Aber diese Jungs brauchen ein Jahr, um die nötigen Erfahrungen zu sammeln und sich an ihr neues Umfeld zu gewöhnen", sagt Williams.

Für Lawrence Stroll steht indessen fest, dass große Teile der Kritik schlicht auf Neid fußen. "Natürlich gibt es Neider. Aber ich möchte betonen, dass sich Lance seinen Platz in der Formel 1 verdient hat. Er hat überall gewonnen, wo er war und die (Superlizenz, d. Red.)-Punkte geholt, die es brauchte", stellt Stroll klar. "Es gibt hier keinen Fahrer, der nicht mit Millionen unterstützt worden ist. Nehmen Sie Sergio Perez. Was glauben Sie wie es für ihn zustande gekommen ist?"

Lawrence Stroll ermöglichte seinem Sohn die umfangreichste F1-Vorbereitung, die man sich nur vorstellen kann, Foto: Sutton
Lawrence Stroll ermöglichte seinem Sohn die umfangreichste F1-Vorbereitung, die man sich nur vorstellen kann, Foto: Sutton

Lawrence Stroll: Gab nie härteres Jahr für Rookies

Wie Williams wirft auch er den großen Unterschied zwischen Nachwuchsserien und F1 in den Ring. Doch nicht nur das. "Dies ist das vielleicht härteste Jahr für einen Youngster, um in der F1 zu starten. Selbst die Teams verstehen nicht immer genau, was passiert. Also kannst du von einem 18-Jährigen nicht verlangen es alleine zu machen", sagt Stroll vor dem Hintergrund des neuen Reglements, das auch in Sachen Fahrerphysis ganz neue Maßstäbe setzt. Die penible Vorbereitung seines Sohnes durch unzählige Privattests rund um den Globus in älteren Williams-Boliden hat da offenbar nur marginal helfen können.

Neben Max Verstappen ebenfalls ein gerne gewählter Vergleich der Stroll-Kritiker: Stoffel Vandoorne. Auch der Belgier punktete 2016 bei seinem McLaren-Debüt sofort. 2017 tut sich Vandoorne allerdings schwerer, steht wie Stroll bei null WM-Punkten und lässt sich klar von seinem Teamkollegen beherrschen. Nicht nur deshalb sieht Stroll senior in diesem Kritiker-Vergleich seinen Sohn zu unrecht den Kürzeren ziehen.

Stroll und der hinkende Vandoorne-Vergleich

"Da gibt es zwei Punkte. Der erste ist, dass Vandoorne 24, 25 ist, nicht 18 wie Lance. Und der zweite ist, dass der Abstand zwischen Vandoorne und Fernando Alonso größer ist, als der zwischen Lance und Felipe Massa", meint Stroll. Damit liegt er jedoch falsch - selbst die Qualität des Teamkollegen einmal ausgelassen. Massa hat 20 Punkte mehr eingefahren als Stroll, Alonso keinen - beide McLaren stehen bei null Zählern. Noch dazu fällt Vandoornes durchschnittlicher Rückstand auf den Teamkollegen im Qualifying (0,6 Sekunden) drei Zehntel geringer aus als bei Stroll zu Massa der Fall.