Während Ferrari in dieser Saison durch Konstanz überzeugt und in jedem Rennen bei der Musik war, kämpft Mercedes gewaltig mit stets auftretenden Problemen. In Monaco war man nach einem eigentlich guten ersten Training nie mehr so richtig in der Lage, mit Ferrari Schritt zu halten. Die Runde von Valtteri Bottas im Qualifying wurde von allen Seiten als außergewöhnlich beurteilt. Lewis Hamilton dagegen schaffte es nicht einmal in Q3, wenn auch bedingt durch eine ungünstige Gelbphase.

Dabei war das Wochenende im Fürstentum nicht das erste in diesem Jahr, das Mercedes Kopfzerbrechen bereitete. In Sochi war die Situation beinahe identisch. Hamilton chancenlos, Bottas stärker, Ferrari noch besser. Doch Bottas gewann das Rennen vor allem dank eines tollen Starts. Was also ist bei Mercedes los? "Es geht darum, die Reifen ins richtige Fenster zu bringen. Wir haben ein schnelles Auto, aber es mag die Reifen nicht", sagte Toto Wolff.

Lewis Hamilton scheiterte im Monaco-Qualifying bereits in Q2, Foto: Sutton
Lewis Hamilton scheiterte im Monaco-Qualifying bereits in Q2, Foto: Sutton

Ultrasoft verursacht Fragezeichen bei Mercedes

Das große Problem bei Mercedes ist der ultrasofte Reifen. Im Vorfeld der Saison wurden die Gummis komplett neu entwickelt. Sie sind nicht nur breiter, sondern auch härter, viele meinen zu hart. Die Silberpfeile schaffen es offenkundig nicht, die Pneus konstant auf Temperatur zu halten. Entweder sie werden zu schnell zu kalt oder überhitzen. Solche Probleme existieren bei Ferrari nicht oder deutlich begrenzter. "Wir müssen das verstehen, denn Ferrari stellt das Auto auf den Boden, es funktioniert und beide Fahrer scheinen gleich konkurrenzfähig zu sein. Das war bei uns anders diese Saison", so Wolff.

In Monaco zeigte sich dieses Problem besonders im Qualifying. Ferrari konnte deutlich schnellere Aufwärmrunden drehen als Mercedes. Dadurch waren die Roten auf ihren Versuchen im optimalen Temperaturfenster. Die Silberpfeile dagegen mussten behutsamer mit den Reifen umgehen, weil sie sonst zu schnell überhitzt hätten. Ganz klar: Das Arbeitsfenster ist zu klein. Hinzu kam, dass Pirelli die Reifendrücke vor dem Wochenende nach unten korrigierte, was die Auflagefläche der Reifen vergrößerte und damit die Temperaturen zusätzlich ansteigen ließ.

Augenscheinlich, wie krass die Performance am Silberpfeil schwankt, wurde es im Rennen. Vor seinem Stopp war Hamilton weit weg von jeder Pace, danach aber legte er - auf den Supersofts - deutlich zu. Eine Erklärung dafür hatte Wolff nicht. "Ohne, dass wir das Auto angefasst haben, haben wir ein Auto gesehen, das am Anfang nicht gut war. Lewis mochte es nicht. Nach dem Boxenstopp hatten wir plötzlich das schnellste Auto da draußen", kann es Wolff nicht verstehen. Und das, obwohl man die Leistung heruntergedreht habe.

Monaco war beileibe nicht das erste Rennen in dieser Saison mit derartigen Problemen. In Russland war ein ähnliches Spiel zu erkennen, auch in Australien funktionierte der Ultrasoft im ersten Stint nicht optimal. "Ich kann nicht sagen, dass da ein Muster ist", tappt der Brite selbst noch im Dunkeln. "Wir pushen, um das komplett zu verstehen, weil wir nicht noch mal in so einer Situation sein wollen", stellt Hamilton klar. Eines aber bestätigt auch er: "Es ist nur der Ultrasoft, der Probleme macht." Ein lila Rätsel also für Mercedes.

Bottas deutlich schneller als Hamilton

Für Valtteri Bottas ist die Reifenthematik ein komplexes Problem, das in gewissen Teilen eher Ergebnis als Ursache ist. "Wir hatten Schwierigkeiten, eine schöne Fahrzeugbalance hinzubekommen, besonders in den langsamen Kurven ", erklärt der Finne. "Wir kämpften mit der Stabilität am Heck und wenn das Heck nicht stabil ist, bekommst du auch nicht genügend Energie in die Vorderreifen. Wenn das Heck stabil ist, untersteuert die Front leicht. Dadurch kommen die Reifen mehr auf Temperatur und du kannst mehr Geschwindigkeit in die Kurven mitnehmen", beschreibt Bottas aus seiner Sicht die Probleme.

In Russland fuhr Valtteri Bottas auf Ultrasofts zum Sieg, Foto: Sutton
In Russland fuhr Valtteri Bottas auf Ultrasofts zum Sieg, Foto: Sutton

Also doch alles eher ein Setup-Problem? In Monaco war Mercedes am Donnerstagmorgen an der Spitze, man passte das Setup hin zum zweiten Training an und plötzlich lief gar nichts mehr zusammen. Ein Fehler des Teams, wie alle erklärten. Trotz tiefgreifender Analyse und erneuter Anpassungen fand man aber nicht mehr zurück an die Spitze, besonders Hamilton nicht. "Aus irgendeinem Grund scheint Ferrari beide Achsen, vorne und hinten, besser hinzubekommen, während es bei uns nicht richtig hinhaut - jedenfalls nicht beides zur gleichen Zeit oder immer", sagte Bottas.

Der Finne kämpfte ebenfalls mit den Problemen, er habe aber schlicht mehr aus dem Auto herausgeholt, als eigentlich drinsteckte, lobte Toto Wolff. "Angesichts der Tatsache, dass wir die Reifen nicht ans Arbeiten gekriegt haben, war das ein außergewöhnliches Wochenende. Seine letzte Runde war unfassbar", blickte der Österreicher auf die Qualifyingrunde seines Fahrers zurück.

"Wir haben sie wieder und wieder analysiert. Ich denke, dass er an diesem Wochenende mit diesem Auto überperformt hat", stellte er klar. Bereits in Russland war Bottas deutlich schneller unterwegs. Offenkundig kommt sein Fahrstil den Ultrasofts deutlich mehr entgegen, als es bei Hamilton der Fall ist.

Droht Lewis Hamilton in Kanada der nächste Rückschlag?, Foto: Sutton
Droht Lewis Hamilton in Kanada der nächste Rückschlag?, Foto: Sutton

Nächste lila Gefahr droht bereits in Kanada

Um Ferrari in der WM nicht schon mit einem unbequemen Rückstand hinterhereilen zu müssen, gilt es für Mercedes, die Probleme in den kommenden Rennen in den Griff zu bekommen. In Kanada wartet eine Strecke, die von der Charakteristik her komplett anders ist als jene in Monaco. Viel mehr Geraden, schnellere Kurven und traditionell auch kühlere Temperaturen. Gleich aber werden die Reifenmischungen sein. Auch in Montreal kommen die drei weichsten Mischungen zum Einsatz, also auch der ungeliebte Ultrasoft.

"Es sind so viele Sachen, die wir anschauen müssen um zu verstehen, warum es bei dem einen Auto klappt und beim anderen nicht. Ob man mehrere Runden fahren muss, ob man sich eher zurückhält, ob man lieber Untersteuern braucht, ob es etwas mit der Bremsbalance zu tun hat", zählt Hamilton einige Faktoren auf. Gelingt das nicht, droht in Kanada erneut ein schweres Wochenende. "Es wird schwer mit den Reifen. Ich hoffe sehr, dass wir das in den Griff kriegen. Wenn wir den Ultrasoft verstehen, sind wir in einer viel besseren Position, um anzugreifen", weiß der dreimalige Weltmeister.