Zwei Tage noch, dann startet Fernando Alonso in sein erstes Indy 500 seiner Karriere. Mit Startplatz fünf verfügt der Spanier über eine gute Ausgangslage, doch 200 Runden auf dem legendären Oval wollen erst einmal überstanden werden. Zak Brown, seit einigen Monaten Geschäftsführer von McLaren, zieht aber bereits jetzt ein positives Fazit des Ausflugs.

"Ich denke, das Indy-500-Projekt war soweit schon sehr erfolgreich", glaubt Brown, wohlwissend, dass vieles auch vom Rennergebnis abhängt. "Wir haben noch 500 Meilen vor uns, was der härteste Teil der Reise ist. Wir müssen den Kopf unten behalten, er muss den Kopf unten behalten. Bisher ist es großartig gelaufen. Aber wir müssen es stark beenden", so Brown.

Den Grund, warum Alonso das Rennen am Brickyard bestreitet, erklärte der zweimalige Weltmeister selbst mit dem Streben nach den Geschichtsbüchern. Die "Triple Crown" bestehend aus Siegen in Monaco, beim Indy 500 und bei den 24 Stunden von Le Mans seien das große Ziel seiner verbleibenden Rennfahrer-Karriere. Zak Brown nennt aber auch noch einen weiteren Grund, warum Alonso gerade in Indianapolis fährt. "Es ging mehr darum, ein anderes Auto zu fahren, zu verstehen, wie das Auto funktioniert. Er spürt, dass er dadurch ein besserer Fahrer wird", erklärte Brown.

Im vergangenen Jahr fuhr mit Alexander Rossi ein Rookie zum Sieg, Alonso fährt im selben Team. Druck, es dem ehemaligen Manor-Piloten gleichzutun, bestehe aber nicht, weder von Alonso selbst, noch von McLaren. "Es gibt sowieso eher zehn als zwei Leute die gewinnen können, wenn es um Indy geht. Er genießt einfach den Wettbewerb, den engen Wettbewerb. Klar fährt er für den Sieg. Aber wir haben keine Erwartungen diskutiert und was als gutes Ergebnis eingestuft werden würde", erklärte Brown. Jedoch äußert er dann doch zumindest einen Korridor, der angestrebt wird. "Die Top-5 wären ein super Ergebnis."

Fernando Alonso genießt seinen Indy-Ausflug, Foto: IndyCar
Fernando Alonso genießt seinen Indy-Ausflug, Foto: IndyCar

Alonso als Star des Rennens

Überrascht sei Alonso von der eigenen Performance nicht gewesen, wie Brown verrät. "Er ist nicht der Typ, der überrascht ist oder nicht überrascht ist. Er ist sehr cool und nimmt den Kopf nach unten. Er ist ein Typ, der nur eine Mission zur gleichen Zeit hat", beschreibt Brown die Fokussierung seines Angestellten. Entsprechend gierig nach Runden sei er in den Trainingstagen von Indianapolis auch gewesen. "Es gab einen Tag, da war es windig und die Fahrer kamen rein. Aber er sagte 'Nein, lasst mich raus, ich will lernen!' Er hat seinen Fokus voll auf dem Rennen. Er ist nicht der Typ dafür, nur high five zu geben", stellt Brown klar.

Lernen musste Alonso auch, dass er plötzlich nicht mehr nur ein Fahrer neben vielen anderen Stars ist, sondern die Aufmerksamkeit vollends auf ihn gerichtet ist. Brown erklärt, wie Fans und Fahrerkollegen auf die Anwesenheit des Spaniers reagierten. "Er war beim Fahrerbriefing, das war so eines, wo jeder wusste, dass er kommt. Und plötzlich hieß es: Fernando kommt! Und das zeigt es schon", so Brown. "Die Fahrer wollten ihm alle die Hand schütteln. Das hat ihm gefallen. Die Indy-Fahrer lieben die Formel 1", stellt Brown die Bedeutung der Königsklasse jenseits des Atlantiks hervor.

Doch auch die Reaktionen der Fans blieben Brown im Gedächtnis. "Als wir dann zum ersten Test kamen und gelandet sind, haben die Leute schon gewartet und hatten alles Mögliche dabei, ganze Boxen, die sie von ihm unterschrieben haben wollten. Wir mussten uns umdrehen und zur Hintertür raus. So war es die ganze Zeit. Die Fans sagen die ganze Zeit tolle Dinge. Wir genießen diese Atmosphäre", schildert der McLaren-Boss seine Eindrücke.

Alonso dient auch als Zugpferd der Veranstaltung, Foto: IndyCar
Alonso dient auch als Zugpferd der Veranstaltung, Foto: IndyCar

F1-Frust nach Indy-Lust?

Klar ist jedoch, dass mit dem kommenden Montag zumindest sportlich wieder der aktuell raue Alltag für Alonso Einzug hält. In der Formel 1 ist der 35-Jährige weit von Spitzenresultaten entfernt. Befürchtet Brown angesichts dieses Kulturschocks einen Abfall der Motivation bei Alonso? "Ich denke, er wird das Lächeln schon noch ein bisschen durch die Gegend tragen. Wir arbeiten hart, damit wir bei jedem Rennen konkurrenzfähiger sind. Das ist auch was er will", windet er sich um eine eindeutige Antwort.

Entscheidend sei, dass Alonso einen Fortschritt spüre. "Solange er spürt, dass es in die richtige Richtung geht, wird er weiter geduldig bleiben. Denn er liebt das Umfeld bei McLaren", so Brown. Doch er weiß den Rennfahrer Alonso perfekt einzuschätzen. "Aber ich bin sicher, dass es neue Frustrationen geben wird", weiß der Amerikaner.

Doch nicht nur für Alonso sei das Indy 500 eine großartige Erfahrung. Auch McLaren selbst erlebte eine ganz neue Art der Vorbereitung und Zusammenarbeit. Zwar gewannen die Briten die Veranstaltung 1974 und 1976 mit Johnny Rutherford, doch das ist halt auch schon wieder eine gewisse Zeit her.

Die Zusammenarbeit zwischen McLaren und Andretti Autosport (im Bild Teamchef Michael Andretti) verlaufe laut Brown exzellent, Foto: IndyCar
Die Zusammenarbeit zwischen McLaren und Andretti Autosport (im Bild Teamchef Michael Andretti) verlaufe laut Brown exzellent, Foto: IndyCar

"Ich bin nicht überrascht, aber sehr beeindruckt, wie McLaren und Andretti zusammengekommen sind. Nicht nur auf der Strecke lief alles nach Plan, auch abseits davon", lobte Brown den bisherigen Prozess. "Von McLaren sind 30 Leute im Projekt involviert. Und jeder hat alles, was er tun sollte, ganz akkurat gemacht und auf freundlicher Basis, genauso bei Andretti. Wir haben in einem Monat geschafft, was du normalerweise sechs Monate vorbereiten musst. Wir haben das in Perfektion ausgeführt", zieht Brown ein positives Fazit.

IndyCar-Zukunft für McLaren denkbar

Könnte es für McLaren vielleicht sogar ein Vollzeit-Engagement in der IndyCar-Serie geben? Die Bedeutung des amerikanischen Marktes für den Konzern sei jedenfalls groß. Und Zak Brown denkt ohnehin deutlich globaler, als sein Vorgänger Ron Dennis. "McLaren ist eine Marke, die sich durch Motorsport promoten muss. Dafür sind wir bekannt. Nordamerika ist ein sehr wichtiger Markt für unser Automobil- und Technologie-Business", stellt er klar. Er hält jedoch gleichzeitig fest, dass es noch keinerlei Pläne in diese Richtung gebe.

Auch für Alonso selbst sei der Ausflug zum Indy 500 eine Ausnahme ohne Andeutungen für die mittelfristige Zukunft. "Aktuell ist es ein Rennen, das für sich steht und das ich unbedingt machen wollte. Aber an eine Wiederholung denke ich derzeit nicht", sagte Alonso gegenüber spanischen Medien. "Mein erstes und einziges Ziel ist aktuell die Formel 1. Das Indy 500 und Le Mans sind attraktiv, aber nicht kurzfristig. Schritt für Schritt", stellt Alonso klar.