Emotionen, Dramen, Sensationen. Noch nie lagen Tränen der Enttäuschung und des Glücks so nah beieinander wie beim Großen Preis von Spanien. Dabei ereigneten sich die beiden denkwürdigsten Szenen gar nicht auf der Rennstrecke - sondern auf der Tribüne und im Fahrerlager.

Das Rennen war erst wenige Sekunden alt, da war es für Kimi Räikkönen schon wieder vorbei. Kollision, Rad abgeknickt, Ausfall. Ein junger Fan des Iceman brach danach rührend in Tränen aus - von den TV-Kameras in Millionen Haushalte geliefert. Wenige Runden später jubelte er schon über ein gelungenes Überholmanöver von Sebastian Vettel und kurz vor Rennende strahlte er über das ganze Gesicht - als Kimi höchstpersönlich mit ihm für ein Foto im Ferrari-Motorhome posierte. Das ist eine prompte Reaktion.

So etwas war bis vor Kurzem noch undenkbar. Nicht umsonst machte im Fahrerlager der Scherz die Runde, dass Bernie Ecclestone den Eltern des Kindes erst einmal zweitausend Dollar abgeknöpft hätte...

Die Formel 1 ist moderner geworden. Die Formel 1 ist menschlicher geworden. Schon beim abgesagten Freitags-Training in Shanghai war Lewis Hamilton mit Kappen bewaffnet an die Haupttribüne gegangen und bedankte sich bei den Fans. Mercedes holt sogar immer wieder Fans von den Tribünen in den Paddock, sofern es ihre Ticket-Situation erlaubt.

Ja sogar untereinander kommunizieren die Titelrivalen mittlerweile - ganz neumodisch per Twitter versteht sich. Selbst die Scuderia mischte sich in diesem Jahr schon ein, zwei Mal in die Späße ein und reagierte auf die Scherze der Konkurrenz. Vielleicht haben die Roten ja diesmal bei Mercedes angefragt: @MercedesAMGF1 Könnt ihr den Jungen bitte ins Fahrerlager holen?

Aber die Formel 1 hatte den Fans beim echten Europa-Auftakt in Barcelona abseits solcher spontanen Reaktionen noch viel mehr zu bieten: Doppelsitzer-Fahrten, Boxenstopp-Wettbewerbe und ein sprechender Roboter im Fan Village! Die ersten Maßnahmen zur Verbesserung der Show für die Zuschauer zahlen sich langsam aus.

F1-Roboter im Fahrerlager von Barcelona (01:45 Min.)

All diese Fan-Highlights sind aber nur das Tüpfelchen auf dem i. Denn wenn die Spannung auf der Rennstrecke nicht vorhanden ist, dann verlieren die Zuschauer schnell das Interesse. Aber 2017 bot Rennaction und Emotionen pur. Toto Wolff, der bei verlorenen Plätzen, wie wild auf den Tisch schlägt. Oder Daimler-Chef Dr. Dieter Zetsche, der in Barcelona lauthals jubelte, als Hamilton an Vettel vorbeiging. Diese Emotionen wollen wir sehen! Da konnte sich selbst Mercedes einen Tweet nicht verkneifen:

So gesehen war der Große Preis von Spanien 2017 beste Werbung für die Formel 1. Ein Rad-an-Rad-Duell um den Sieg zwischen Vettel und Hamilton - samt Überholmanöver! Klar spielten hierbei das DRS und die unterschiedlichen Reifen-Strategien eine entscheidende Rolle. Aber dafür sind sie ja da! Der Circuit de Catalunya-Barcelona war einst für langweilige Prozessionen verschrien. Nun bot er schon im zweiten Jahr in Folge ein packendes Finish bis zum Schluss, dass in dieser Saison sogar noch spektakulärer ausfiel.

Neben dem Zweikampf an der Spitze gab es das Drama um den Ausfall von Valtteri Bottas, die Startkollision zwischen Räikkönen, Bottas und Vorjahressieger Max Verstappen, die beiden Unfälle zwischen McLaren und Williams sowie die heiß geliebten Überraschungen durch Underdogs: Alonsos siebten Startplatz im Qualifying und Wehrleins achten Rang im Rennen. Genau das zeichnet die Formel 1 aus. Bitte mehr davon!