Pirelli macht sich einmal mehr alles andere als beliebt: Vor dem Spanien GP in Barcelona kritisiert ein großer Teil der Formel-1-Piloten die Reifenwahl des italienischen Herstellers für das Rennwochenende in Montmeló aufs Schärfste. Erstmals in dieser Saison hat Pirelli in Barcelona die härtesten Mischungen im Sortiment überhaupt ausgewählt, somit feiert die bei einem Großteil der Fahrer extrem unbeliebte harte Mischung ihre Premiere.

Kompletter Hard-Boykott in Barcelona?

Wobei von Feiern wirklich alles andere als die Rede sein kann. Der bislang nur von den kühlen Wintertestfahrten bekannte, als Holz- oder sogar Steinreifen gebrandmarkte 'Hard' kommt bei den Pilot richtig schlecht weg. "Ich denke der harte Reifen wird einfach nur für die Fotos sein. Wir werden ihn überhaupt nicht benutzen", sagt Sergio Perez.

Regelrecht verschmäht werden könnte die härteste Mischung in Barcelona also. "Der härteste Reifen ist echt super hart, also erwartet nicht, dass wir ihn sehr oft verwenden", bestätigt Nico Hülkenberg. "Ich denke Soft und Medium werden die hauptsächlichen Mischungen." Ähnlich die Meinung von Saubers Marcus Ericsson. "Ich denke, den harten Reifen kannst du nicht wirklich einsetzen", sagt der Schwede.

Bereits vergangene Woche hatte Daniel Ricciardo den Kritik-Reigen mit ähnlichen Worten eröffnet. "Ich bin mir nicht sicher, ob uns diese Reifen in Barcelona helfen werden - nicht nur uns, ich glaube nicht, dass es für irgendjemanden gut sein wird", sagte der Red-Bull-Pilot. "Die Reifen sind schon hart genug, die härteste Mischung ist also einfach nur viel zu hart. Hoffentlich wird es in Barcelona heiß und die harten Reifen funktionieren, aber wenn es kalt ist, dann wird jeder damit Probleme haben." Doch genau so soll es kommen: Heiß werden wird es laut Wetterprognose für Barcelona jedenfalls mitnichten.

Soft ist in Spanien das höchste der Gefühle, Foto: Sutton
Soft ist in Spanien das höchste der Gefühle, Foto: Sutton

Pirelli spielt auf Sicherheit

Doch warum überhaupt hat Pirelli die harte Mischung nach Barcelona gebracht? "Infolge der aerodynamischen Weiterentwicklung der Autos sowie den in Spanien erstmals eingesetzten jüngsten Neuerungen hat sich die Performance nochmals erhöht. Der Reifenverschleiß kann dadurch höher sein als bei den Tests zu Beginn des Jahres. Zudem können wir davon ausgehen, dass es erheblich wärmer sein wird als im Februar", begründet Pirellis Leiter Automobilsport, Mario Isola, die Auswahl mit Sicherheitsaspekten.

Für genau das hält auch Lewis Hamilton die orange-markierten Pneus. "Es sind sehr, sehr harte Reifen. So hart, dass es im Grunde Sicherheitsreifen sind", sagt der Mercedes-Pilot. Gerade für Hamilton eine Herausforderung, hatte Mercedes bislang im direkten Vergleich mit Hauptrivale Ferrari deutlich größere Probleme, das richtige Arbeitsfenster der 2017er Reifen zu treffen. Dabei galt stets: Je härter die Mischung, desto größer die Schwierigkeiten.

Wenig überraschend ist Hamilton entsprechend wenig begeistert von der Reifenwahl für Spanien. "Die Reifen sind definitiv ... sie scheinen ein sehr kleines Arbeitsfenster zu haben und jetzt haben wir hier noch einen neuen Reifen", hadert der Brite. Immerhin: Einsetzen muss den Hard niemand. Das Reglement verpflichtet nicht dazu, Qualifying und Rennen können komplett mit Medium und Soft bestritten werden.

Wissenswertes über den Spanien GP in Barcelona (01:06 Min.)

Hard verhasst, Supersoft vermisst, Medium in Frage gestellt

Doch reicht den meisten Fahren das eben nicht. Selbst an dem Medium sind die Zweifel groß. "Die Reifen sind schon ziemlich hart", klagt Jolyon Palmer. Sergio Perez fürchtet gar, nicht einmal diese Mischung in das richtige Arbeitsfenster bekommen zu können. "Mit dem aggressiven Asphalt ist es komplett anders als in Russland, auch die Streckentemperaturen sind anders. Vielleicht, vielleicht, vielleicht kann er hier funktionieren, das sind aber sehr viele Vielleichts ...", schildert der Mexikaner.

"Ich hätte definitiv Supersoft gewählt, allerwenigstens. Wir hätten hier selbst auf dem Ultrasoft fahren können", ergänzt Perez. Ins selbe Horn wie der Force-India-Pilot stößt Romain Grosjean. "Wir haben bei den Wintertests den Ultrasoft benutzt und der war nicht schlecht. Vettel ist darauf 25 Runden gefahren. Wir hätten hier Supersoft, Soft und Medium fahren können. Und die Vorgaben für den Reifendruck sind auch noch ziemlich hoch", redet sich der Haas-Franzose regelrecht in Rage. 22,5 PSI vorne und 20 PSI hinten muss der Reifendruck beim Rennstart laut Pirellis Vorgaben betragen.

Auch Hülkenberg ist davon nicht begeistert. "Ich denke, das bedeutet dass wir nicht so viel Grip haben", sagt der Renault-Mann. "Wir haben ziemlich harte Mischungen, also müssen wir schauen. Generell willst du immer die weicheren Mischungen haben, auch hier. Das Aufwärmen wird kritisch", bestätigt Max Verstappen. "Wir könnten dieses Wochenende vielleicht auch gut mit einer Nummer weicheren Mischung leben", ergänzt Marcus Ericsson und gerät regelrecht ins Träumen von weicheren Gummis: "Ein Supersoft für das Qualifying wäre wirklich schön ..."