In Russland lief Lewis Hamilton seiner Form und Mercedes-Teamkollege Valtteri Bottas hinterher. Spanien soll für den viermaligen Champion die Wende bringen - und die käme zu keinem schlechten Zeitpunkt, denn auf WM-Leader Sebastian Vettel fehlen nach zwei alles andere als planmäßig verlaufenen Rennen 13 Punkte. Die Probleme von Sochi scheinen vom Team erkannt worden zu sein und auch die erste Renn-Niederlage gegen den neuen Stallgefährten scheint Hamilton verdaut zu haben. Vielleicht auch, weil er zumindest seinen ehemaligen Rivalen Nico Rosberg dieses Jahr schon einmal hinter sich lassen konnte - wenn auch eher zufällig.

Genau 165 Tage ist es jetzt her, dass Hamilton sich im WM-Kampf gegen Rosberg geschlagen geben musste. In dieser Zeit ist jede Menge passiert - in erster Linie der Rücktritt des Champions und die anschließende Verpflichtung von Valtteri Bottas als Hamiltons neuen Stallgefährten bei Mercedes. Dieser brauchte nur vier Rennen, um den Star im Team ein erstes Mal in den Schatten zu stellen. Mit seinem Sieg beim Grand Prix von Russland zeigte Bottas, dass mit ihm genauso zu rechnen ist, wie mit seinem Vorgänger.

Überraschend kam das für Hamilton offenbar nicht. "Natürlich ist er ein richtiger Konkurrent. Das war er auch schon, als er dem Team beigetreten ist. Ich habe von Beginn an gesagt, dass er gegen uns kämpft. Es ist also keine Überraschung, dass er ein Rennen gewonnen hat", so der Brite. Die Illusion, dass Bottas nur brav die Rolle der Nummer zwei spielen würde, hatte er selbst offenbar nie: "Ich denke viele von den Journalisten und Fans hatten einige Vorurteile, wie er sich schlagen würde - und er hat sie alle Lügen gestraft. Daher, Hut ab vor ihm."

Dass es sich beim Bottas-Triumph in Sochi um eine Eintagsfliege gehandelt haben könnte, glaubt der 32-Jährige demzufolge auch nicht: "Er wird für den Rest des Jahres ein Gegner sein, also wird der Kampf weitergehen." Ein Kampf, wie er ihn im vergangenen Jahr gegen Rosberg am Ende knapp verloren hatte. Im Gegensatz zum Duell von 2016 hängt in der Mercedes-Garage bis jetzt immerhin der Haussegen noch nicht schief. Hamilton geht auch nicht davon aus, dass sich daran so schnell etwas ändert: "Wir haben unsere Beziehung auf einer sehr guten und respektvollen Basis gestartet und ich denke, das wird auch so weitergehen."

Lewis Hamilton glaubt, seine Sochi-Probleme erkannt zu haben, Foto: Sutton
Lewis Hamilton glaubt, seine Sochi-Probleme erkannt zu haben, Foto: Sutton

Rosberg seit WM-Finale 2016 nur ein Mal gesprochen

Eine gute und respektvolle Beziehung pflegte er einst auch mit Rosberg, doch über die Jahre bauten sich die Spannungen zwischen den beiden immer mehr auf. Vor genau einem Jahr kam es beim Grand Prix von Spanien dann zum Tiefpunkt des Duells, als sich die beiden Teamkollegen schon in der vierten Kurve der ersten Runde gegenseitig ins Aus beförderten. "Wir mich war es ein Rennunfall. Ich hatte viele Unfälle in meiner Karriere und das war nur einer davon", beurteilt Hamilton die Situation ein Jahr später abgeklärt. Auf den' Krieg der Sterne', der durch diesen Zwischenfall entfesselt wurde, geht er nicht ein.

Dass der Riss zwischen Rosberg und ihm seitdem immer noch nicht ganz verwachsen ist, zeigt die Tatsache, dass sich die beiden seit der WM-Entscheidung 2016 nur ein einziges Mal gesprochen haben - allen Respektsbekundungen via Twitter & Co. zum Trotz. "Ich habe ihn nur das eine Mal wiedergesehen, als ich durch die Straßen von London gerannt bin. Ich lief auf irgendeiner Straße auf einem dicht gedrängten Gehweg, und jemand hinter mir begann ebenfalls zu rennen. Ich sah mich um und es war Nico, der mich offenbar gesehen hatte, aus seinem Auto gesprungen war und mir hinterherlief. Wir stoppten also und unterhielten uns", erinnert sich Hamilton an die unerwartete Begegnung mit dem ehemaligen Rivalen, bei der er seiner Meinung nach wie einst auf der Rennstrecke die Nase vorne hatte: "Naja, er hatte versucht mich einzuholen. Von daher..."

2016 war der aufmüpfige Teamkollege die eine Sache, in diesem Jahr befindet sich mit Ferrari allerdings noch ein zweites Team im WM-Kampf. Während Teamchef Toto Wolff seine Piloten auch nach dem Barcelona-Clash vergangene Saison weiter frei gegeneinander fahren lassen konnte, musste er dieses Jahr in Bahrain eingreifen, als Bottas Hamilton im Weg stand. Wolff ließ bereits durchklingen, dass sich die Teamführung bei den Silberpfeilen angesichts der neuen Situation mit Ferrari eine Stallorder falls notwendig vorbehält. Hamilton hat sich mit dieser Thematik jedoch noch nicht beschäftigt. "Ich hatte noch keine Unterhaltung darüber, was das Zurückstecken angeht, denn dafür gibt es keine Notwendigkeit", stellt er klar.

Wissenswertes über den Spanien GP in Barcelona (01:06 Min.)

Sochi-Probleme erkannt

Nach dem vierten Platz von Sochi war Hamilton zunächst etwas ratlos, weshalb sein Mercedes-Bolide das gesamte Wochenende über nicht so richtig seinen Befehlen gehorchen wollte. Es war ein ähnlich ernüchterndes Wochenende, wie es Hamilton 2016 in Baku und Singapur erlebt hatte. Bei den Beispielen aus dem vergangenen Jahr zeigte sich jedoch auch, dass der Brite nach einem Rückschlag beim darauffolgenden Rennen ohne Probleme wieder zur von ihm gewohnten Spitzenform zurückkehren kann.

"Es war einfach eine Ansammlung von vielen kleinen Dingen. Nichts Spezielles und nicht eine große Sache, die mehr Gewicht gehabt hätte als andere", erklärt Hamilton seine Probleme beim letzten Rennen. Dementsprechend hat er auch keine Bedenken, dass sich die Negativspirale für ihn in Barcelona weiterdrehen könnte: "Was dieses Wochenende angeht, haben wir definitiv ein besseres Verständnis, was auf unserer Seite der Garage schief gelaufen ist." Seine eigenen Probleme und den Teamkollegen wieder in den Griff zu bekommen, könnte in Spanien allerdings nicht genug sein.

Insgesamt schien nämlich Ferrari an den ersten vier Rennwochenenden stärker als die Silberpfeile aufgelegt gewesen zu sein, was vor allem der Triumph beim Russland-Qualifying eindrucksvoll unterstrich. In seiner eigentlichen Domäne von der Scuderia bezwungen worden zu sein, sorgt bei Hamilton vor dem fünften Saisonrennen für Bedenken: "Ich denke wir sind besser gerüstet, aber ich kann deshalb trotzdem nicht sagen, dass dieses Wochenende alles besser laufen wird", so der Brite.

Mercedes hat beim F1 W08 für Barcelona mit einem umfangreichen Update-Paket nachgelegt, doch auch bei Ferrari stand die Weiterentwicklung nicht still. Hamilton weiß daher, dass das Spanien-Wochenende für die kommenden Grands Prix richtungsweisend sein kann: "Es gibt dieses Wochenende eine ganze Reihe neuer Herausforderungen mit den Upgrades aller Teams. Wir werden deshalb am Freitag alles dafür tun, um uns in die richtige Position zu bringen."