Die letzte Strategiegruppensitzung sorgte bei vielen Formel-1-Fans für Aufatmen: Die FIA gab bekannt, dass man einen Nachfolger für den ungeliebten Halo-Cockpitschutz gefunden habe. Shield solle demnach 2018 auf den Autos für mehr Sicherheit sorgen, nicht Halo. Dabei soll Shield eine optisch deutlich ansprechendere Lösung sein, die an den von Red Bull entwickelten und getesteten Aeroscreen angelehnt ist.

Nun gibt es ein erstes Rendering, das einen Shield-Prototypen auf dem Williams zeigt, Motorsport-Magazin.com hat alle Infos: Der grundlegende Unterschied zum Aeroscreen ist der Winkel. Shield steigt viel flacher an, beginnt dafür weiter vorne an der Chassis-Oberseite. Und das ist gleichzeitig auch eines der größten Probleme des neuen Cockpit-Schutzes. "Schon bei der einen Runde, die Daniel Ricciardo im vergangenen Jahr mit Aeroscreen gefahren ist, beklagte er Reflektionen von Gebäuden. Das ist bei dem flachen Winkel noch viel schwieriger", erklärt FIA Rennleiter Charlie Whiting.

Der große Unterschied zwischen Shield und dem Aeroscreen ist der Winkel, Foto: Red Bull
Der große Unterschied zwischen Shield und dem Aeroscreen ist der Winkel, Foto: Red Bull

Doch der flache Winkel bringt auch Vorteile, Schmutz bleibt nicht kleben, sondern wird viel besser abgelenkt. Befürchtungen, die Sicht bei Regen wäre schlecht, nimmt Whiting den Wind aus den Segeln: "Es gibt Beschichtungen! Selbst für Straßenfahrzeuge gibt es seit 20 Jahren Beschichtungen, die einen Scheibenwischer ersetzen. Das sollte kein großes Problem sein. Bei Öl und Gummi kann man zusätzlich noch Abreißfolien anbringen, die dann beim Reifenwechsel abgezogen werden."

Gebaut werden soll das Shield von Isoclima, einem italiensichen Unternehmen, das auch die Windschutzscheiben für LMP1-Fahrzeuge produziert. Ferrari testet den ersten Prototypen im 1. Freien Training zum Großbritannien GP.

Nicht alle Fahrer dürfen Shield testen

Weil die Zeit drängt, werden nicht alle Fahrer und Teams in den Genuss kommen, Shield vor der endgültigen Entscheidung über den Einsatz 2018 testen zu können. "Das ist aber auch nicht nötig", meint Whiting. "Wenn ein Fahrer sehen kann, sehe ich keinen Grund, warum es nicht alle können." Bei der Wahl der Testfahrer hat die FIA keine Bedenken. "Sind sie nicht alle objektiv?", scherzt Whiting und fügt an: "Hülkenberg werden wir wohl nicht fragen." Der Renault-Pilot gilt als einer der größten Kritiker des Kopfschutzes in der Formel 1.

Halo wird vor allem für die Optik kritisiert, Foto: Sutton
Halo wird vor allem für die Optik kritisiert, Foto: Sutton

Angst, dass die Zeit davonläuft, hat der Rennleiter nicht. Selbst zum Zeitpunkt des ersten Tests beim Großbritannien GP befinden sich die Teams bereits mitten in der Entwicklung der 2018er Boliden. "Das sagen sie aber immer", meint Whiting.

Die Teams sehen das naturgemäß anders: Force India Technikchef Andrew Green erklärt: "Wir brauchen in drei Wochen Gewissheit, sonst können wir unser Chassis nicht weiter entwickeln. Wir müssen wissen, wo die Kräfte wirken."

Whiting beschwichtig: "Sie wissen aber, dass sie 2018 etwas auf das Auto packen müssen. Man muss dazu sagen, dass wir die Entwicklung von Shield beschleunigen, um zu sehen, wie gut es sein kann. Das wissen wir noch nicht, aber wir glauben, dass es gut genug ist, um damit fortzufahren."

Das bedeutet, dass Shild für 2018 noch nicht in Stein gemeißelt ist. Bringen weitere Untersuchungen unerwartete Probleme auf, wird die FIA einen Rückzieher machen. Einen Rückzieher beim Kopfschutz an sich gibt es aber nicht, darauf haben sich die Beteiligten auch geeinigt. Dass es 2018 einen Kopfschutz gibt, ist sicher. Sicher ist nur nicht, wie dieser aussehen wird. "Halo ist noch nicht gestorben", sagt Whiting. Funktioniert das Shield nicht, ist Halo die Backup-Lösung. "Wir könnten es sehr schnell auf die Autos bauen, wir haben dafür bereits alles gemacht."

Shield einfacher als Halo zu integrieren

Für die Ingenieure ist Shield übrigens die angenehmere Lösung. Bei Halo werden die Kräfte nur auf drei kleine Punkte verteilt, bei der Schreibe auf die gesamte Kontaktlinie. Die Kontaktlinie führt kleinere lokale Installationsprobleme herbei, während Halo das gesamte Fahrzeug beeinflussen würde. Das Monocoque, auf dem das Shield steht, ist ohnehin das widerstandsfähigste Teil eines Formel-1-Autos.

Funktioniert das Shild in der Formel 1, sollen die Nachwuchskategorien ebenfalls damit ausgestattet werden. "So war es auch, als wir 1985 die Crashtests eingeführt haben: Sie sind die Nahrungskette nach unten gegangen, bis runter zur Formel 4 durchlaufen heute alle Autos Crashtests." Spätestens 2019, also ein Jahr nach der Formel 1, sollen auch die anderen FIA-Serien mit dem Cockpit-Schutz ausgestattet sein. Weil die Formel 2 in der kommenden Saison eine neue Fahrzeuggeneration einführt, könnte das Unterhaus Shield gleichzeitig mit der Königsklasse einführen.