Vettel gewinnt Bahrain GP: Ferraris neue Stärke - war's der Osterhase? (03:54 Min.)

Perfekter Ostersonntag für Sebastian Vettel in Bahrain. Der Ferrari-Pilot gewinnt den Formel-1-GP in der Wüste dank der richtigen Mischung aus cleverer Strategie, ein bisschen Glück und einer am Ende kontrollierten Fahrt ins Ziel trotz aggressiver Schlussoffensive von Mercedes-Rivale Lewis Hamilton. Damit erobert Vettel die alleinige WM-Führung vor dem Briten.

"Unglaublich. Die letzte Runde, als ich hier hereingefahren bin mit dem Feuerwerk, war unglaublich", jubelt Vettel. "Ich liebe was ich mache. Eigentlich will man, dass da die Zeit mal stehen bleibt und man den Moment einfrieren kann. Es fühlt sich fantastisch an." Im Qualifying hatte es noch merklich schlechter ausgesehen für Vettel und Ferrari. Erstmals in dieser Saison reichte es nicht zur ersten Startreihe. "Das Auto war gestern schon gut, aber der Rückstand war groß. Ich habe aber gespürt, dass wir ein gutes Wochenende haben können", erinnert sich Vettel.

Vettel sofort am Start sicher: Jetzt wird zur Osterjagd geblasen!

Dieses Gefühl habe sich gleich beim Rennstart in Bahrain bestätigt. "Ich habe gespürt, dass wir schnell sind. Das Auto ist wieder zum Leben erwacht und war fantastisch von Runde eins an. Ich dachte mir gleich zu Beginn, 'jetzt wird zur Osterjagd geblasen!'. Sie hatten auch ein paar Eier versteckt, aber wir haben sie gefunden. Ich muss dem Team danken. Schön zu sehen dass alles zusammenkommt", sagt Vettel.

Sofort am Start schnappt sich der Deutsche seinen großen Kontrahenten Lewis Hamilton in der ersten Kurvenkombination. "Ich hatte wie Valtteri vor mir einen guten Start - ein bisschen besser als Lewis. Ich habe dann ein bisschen profitiert, dass ich links freie Bahn hatte und spät bremsen konnte. So bin ich an Lewis vorbei. Es war wichtig, dazwischen zu kommen, damit sie gar nicht erst richtig in Fahrt kommen", berichtet Vettel.

"Danach habe ich alles probiert, vorbeizukommen. Ich habe gemerkt, dass ich je länger wir auf den Reifen unterwegs waren immer schneller wurde im Vergleich zu ihm, aber ich kam nicht wirklich vorbei. Dann haben wir uns entschieden, Valtteri unter Druck zu setzen mit dem Undercut", berichtet Vettel. Doch ausgerechnet als Ferrari diesen Schachzug gesetzt hatte, crasht Carlos Sainz in Lance Stroll: Safety Car! Wie in China. Sollte das Pech Vettel erneut in die Siegessuppe spucken? Vettel fürchtete es: "Da dachte ich 'oh Gott, nicht schon wieder'. Die anderen waren nah an der Boxengasse als das Safety Car rauskam ..."

Diesmal konnte auch das Safety Car Sebastian Vettels Triumphfahrt nicht stoppen, Foto: Sutton
Diesmal konnte auch das Safety Car Sebastian Vettels Triumphfahrt nicht stoppen, Foto: Sutton

Safety-Car-Pech für Vettel: Gerade noch gut gegangen ...

Doch alles geht gut, Vettel bleibt vorne. Die Rennentscheidung. "Ich war echt überrascht, dass die anderen hinter mir waren. Ich weiß gar nicht warum, aber irgendwie sind wir dann davor rausgekommen. Das hat super funktioniert. Danach hat sich alles gut angefühlt, so gesehen ich hatte gestern schon ein tolles Auto", ergänzt Vettel. "Ich wusste von da an: Attacke und Flucht nach vorne! Auf den Supersofts hat das Auto sehr gut funktioniert, wir konnten lange fahren und uns das Rennen gut einteilen und mit dem Reifen haushalten."

Neben dieser Kombination aus cleverem Undercut, einer Portion Glück mit dem Safety Car und Flucht nach vorne hilft auch Mercedes kräftig mit beim Vettel-Sieg. Wie Ferrari zuletzt in China schneiden sich die Silberpfeile ins eigene Fleisch, als sie den schnelleren Fahrer - Hamilton - in der Anfangsphase viel zu lange hinter Pole-Mann Valtteri Bottas sprichwörtlich verhungern lassen. Noch dazu leistet sich Hamilton bei der Anfahrt zum ersten Stopp einen Regelverstoß, muss beim zweiten Service fünf Strafsekunden absitzen.

Mercedes half beim Ferrari-Sieg mit Hamilton-Patzer und nicht genutzter Auto-Rochade mit, Foto: Sutton
Mercedes half beim Ferrari-Sieg mit Hamilton-Patzer und nicht genutzter Auto-Rochade mit, Foto: Sutton

Mercedes gilt beim Ferrari-Sieg kräftig mit

Als der dreifach dekorierte Weltmeister in seinem aggressiven Schlussstint schließlich vorbei am Finnen und direkt hinter Vettel ist, ist es bereits zu spät. Vettel hat sich ein mehr als ausreichendes Polster herausgefahren. "Lewis war schnell und hat Druck gemacht, aber da war ein kontrolliertes Rennen", sagt Vettel.

Auch die anstehenden Überrundungen hätten ihn nicht besorgt. "Da habe ich teilweise sehr viel Zeit verloren, aber mir war klar, dass Lewis da auch noch durch musste", sagt Vettel. Ohnehin habe er vorher alles versucht, mit den Reifen zu haushalten. "Um dann dagegen halten zu können, je nachdem wie groß die Schlussattacke ausfällt. Da hatten wir noch ein paar Körner", versichert Vettel.

Die nun alleinige WM-Führung interessiert den nunmehr 44-maligen GP-Sieger zurzeit allerdings noch nicht. "Das schaue ich mir nicht an, es ist noch eine lange Saison", sagt Vettel. "Aber das Auto hat super funktioniert, vielen Dank ans Team. Das war ein super Osterfest!", jubelt der Deutsche.

Sebastian Vettel liegt seiner Ferrari-Crew in den Armen, die Bosse träumen wieder vom Titel, Foto: Sutton
Sebastian Vettel liegt seiner Ferrari-Crew in den Armen, die Bosse träumen wieder vom Titel, Foto: Sutton

Sergio Marchionne vergisst neues Ferrari-Understatement: Melbourne keine Eintagsfliege!

Seine Vorgesetzten schließen sich dabei natürlich gerne an. "Ich bin sehr, sehr zufrieden, heute waren wir mutig, entschlossen und auch ein wenig verrückt. Gestern sind wir während des Qualifyings viele Risiken eingegangen, aber wir haben schon an das Rennen gedacht. Das ist schon vor 70 Jahren die DNA unseres Firmengründers gewesen", sagt Maurizio Arrivabene bei Sky. Doch auch der Teamchef will es am Ende mit der Euphorie nicht allzu weit treiben. "Ich bin glücklich, aber die Meisterschaft ist lang und wir müssen weitermachen und niemals aufgeben", ergänzt Arrivabene.

Anders Sergio Marchionne. Der Ferrari-Präsident scheint ob des zweiten Saisonsiegs seiner Scuderia sogar die neue 2017er Philosophie des Understatements aufzugeben. "Wir sind jetzt vollständig sicher, dass unser Sieg in Melbourne kein Ausreißer war und, dass wir bis zum Ende an der Spitze der Meisterschaft fahren werden", frohlockt der Italo-Kanadier." Uns ist aber durchaus bewusst, dass wir noch einen langen Weg vor uns haben, wenn wir die wichtigste Ziellinie von allen erreichen wollen. Wir dürfen unseren Fokus nicht eine Sekunde verlieren. Aber wir haben endlich ein konkurrenzfähiges Auto, auf das wir uns verlassen können! All das sind die Früchte der Arbeit an der Strecke und in Maranello, also gehen meine Glückwünsche nicht nur an Seb, sondern das gesamte Team."

Solche Euphorie ist einem zu viel: Vettel. "Das ganze Team weiß schon, dass wir die Füße am Boden halten müssen. So früh im Jahr bringt es nichts, in große Euphorie zu verfallen. Wir wissen, dass wir noch ein paar Schwachstellen haben und müssen an uns arbeiten. Man spürt aber im Team, dass jeder hungrig ist und das Pferd weiter nach vorne peitscht, damit es weiter galoppiert. Aber bisher war es ein sehr, sehr guter Auftakt, ja."

Ferrari: Zwischen Titelkampf & Medien-Boykott (02:16 Min.)