Sebastian Vettel sorgte beim Großen Preis von China bereits kurz vor dem Erlöschen der Start-Ampeln für Erstaunen. Der Ferrari-Pilot stand offenkundig nicht korrekt in seiner Startbox, sondern extrem versetzt. Die linke Begrenzungslinie der Startbox befand sich bei Vettel nicht unter den linken Rädern, sondern mittig unter dem Auto. Ein Vergehen? Nicht für die Rennleitung. Sie nahmen von der Situation Notiz, eine Untersuchung oder gar Bestrafung Vettels erfolgte nicht.

Kein Passus im Sportlichen Reglement

Nach dem Rennen hatte der Deutsche eine plausible Erklärung für seine ungewöhnliche Startposition. "Ich wollte nicht auf der nassen weißen Linie stehen, und in den Regularien steht nichts, dass man es nicht dürfte", erklärte Vettel, dass er sich mehr Grip verschaffen wollte. Und tatsächlich: In den sportlichen Regeln steht kein Wort über die Art und Weise der Besetzung der Startbox. Nur, dass der Fahrer sich überhaupt dort einreihen muss.

In Artikel 35.4 wird definiert, wie die Fahrer sich für den Start aufzureihen haben. Dort heißt es: "Die Startaufstellung erfolgt in einer versetzten 1 mal 1 Formation und die Startreihen werden getrennt durch 16 Meter." Vettel verhielt sich in diesem Sinne korrekt, weil er nicht zu weit über seine Box hinaus fuhr.

Auch der zweite Artikel des sportlichen Reglements, der das Startprozedere beschreibt, sagt nichts über die Art und Weise der Positionierung in der Startbox aus. "Wenn die Autos nach der Formationsrunde zurück in die Startaufstellung kommen, halten sie in ihrer jeweiligen Startposition an und lassen ihre Motoren laufen", heißt es in Artikel 36.9 des sportlichen Reglements. Da Vettel zumindest mit der Hälfte seines Autos noch in der Startbox stand, liegt auch hier kein Widerspruch vor - wenngleich das Internet nicht lange auf Reaktionen wartete.

Horner will Klarstellung

Doch Red-Bull-Teamchef Christian Horner fordert diesbezüglich eine Klarstellung. Er hält Vettels Vorgehen für diskussionswürdig. "Ich kann verstehen, was Seb wollte. Er wollte auf einer weniger nassen Stelle stehen. Aber darf man das auch?", fragte der Brite. Er sieht eine Klärung für unabdingbar. "Es wäre gut, Klarheit zu haben, ob ein Fahrer aus seiner Startbox losfahren muss oder nicht. Ist es nur eine Linie, oder eine richtige Box?", so Horner.

Dabei kam Red Bull selbst in den Genuss einer Ausnahme, als Daniel Ricciardo beim Japan GP im vergangenen Jahr auch versetzt starten durfte, weil seine Startposition noch ziemlich feucht war. "Ich erinnere mich, dass es diskutiert wurde", blickt Horner zurück. Seither gab es die Vorgabe, dass die Fahrer sich so weit wie möglich innerhalb der Markierung bewegen sollen - aber halt keine klare Regel.

Nun bestätigte Mika Salo, Ex-Formel-1-Pilot und Steward beim China GP, dass eine Präzisierung erforderlich ist. Jedoch habe es auch Gründe, warum die Einhaltung der Linien bislang nicht strikt definiert wurde. So seien manche Startaufstellungen, etwa in Monaco, in einer Kurve und somit komplexer. "Wenn eine solche Anomalie existiert, haben wir uns entschieden, Vettel es durchgehen zu lassen", sagte Salo der finnischen Zeitung Turun Sanomat. "Es war eine Warnung. Besser wäre es, eine klare Regel zu haben", erklärte Salo weiter.

Bereits beim Saisonauftakt in Australien gab es Diskussionen um den Start. Nico Hülkenberg hatte die gelbe Linie innerhalb der Box, die die Begrenzung für die Vorderräder signalisiert, überfahren. Auch da blieb eine Bestrafung aus.