Es roch ein wenig nach Sensation im Qualifying zum Großen Preis von China. Nach der zweiten Runde führte ein Fahrer die Zeitenliste an, den man nicht an dieser Stelle erwartet hatte: Kimi Räikkönen. Der Ferrari-Pilot war im Q2 über Zehntelsekunden schneller als Teamkollege Sebastian Vettel, noch dahinter die beiden Mercedes von Lewis Hamilton und Valtteri Bottas. Viele fragten sich verwundert: Schafft Kimi tatsächlich die Pole in Shanghai?

Man muss weit in den Geschichtsbüchern der Formel 1 zurückblättern, um Räikkönen im Qualifying an der Spitze zu finden. 2008 war es, beim Frankreich Grand Prix in Magny-Cours. Kimi schnappte sich damals die Pole vor Ferrari-Kollege Felipe Massa, der später das Rennen gewinnen sollte.

Doch letztendlich wurde in Shanghai nichts aus Räikkönens 17. Pole Position in der Königsklasse. Stattdessen das gleiche Bild wie schon beim Saisonauftakt in Melbourne: Vettel quetschte sich zwischen das Silberpfeil-Sandwich, Räikkönen konnte sich als Vierter zumindest die anschließende Pressekonferenz sparen. Im Q3 lief beim Finnen nichts mehr zusammen, auf Spitzenreiter Hamilton fehlten 0,462 Sekunden.

Insgesamt ziemlich schwach

Während die Konkurrenz von der zweiten in die dritte Runde im Schnitt eine halbe Sekunde finden konnte, verbesserte sich Räikkönen bei seinem Q3-Run nur um 0,041 Sekunden. Wieder einmal stand er in Vettels Schatten, musste sich mit der Rolle der Nummer 2 zufriedengeben. So wie seit dem Saisonstart, der vom potenziell epischen Duell zwischen Hamilton und Vettel dominiert wird.

"Der erste Run in der letzten Runde war insgesamt ziemlich schwach", gestand sich Räikkönen ehrlich ein. "Und während des gesamten Qualifyings hatten wir Probleme in Kurve 3, immer noch ein bisschen Untersteuern." Damit hatte sich der ehemalige Weltmeister schon in Melbourne geplagt - und sich mit Platz vier, weit entfernt von Rennsieger Vettel, zufriedengeben müssen. Räikkönen weiter: "Ein enttäuschendes Ergebnis, aber das Gefühl war immerhin besser."

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Eine Tausendstelsekunde

Während Räikkönen mit sich und dem Setup seines Ferraris haderte, grinste Teamkollege Vettel wie ein Honigkuchenpferd. Zum zweiten Mal in Folge war es ihm gelungen, die beiden Silberpfeile zu splitten und sich in die erste Startreihe zu kämpfen. Eine Tausendstelsekunde - knapp sechs Zentimeter auf der Strecke - war er schneller als Mercedes-Neuzugang Bottas.

"Es ist sehr schade, dass sich Sebastian zwischen uns quetschen konnte", ärgerte sich Bottas, der aktuell Räikkönens Schicksal der Nummer 2 teilt. "Ich glaube, letztes Mal war es um ein paar Hundertstel und diesmal ist es nun ein Tausendstel." Deutlicher fiel unterdessen der Rückstand zu Hamilton aus. 0,187 Sekunden waren es, eine Verbesserung im Vergleich zu Melbourne, als er drei Zehntel aufgebrummt bekam.

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Noch die Nummer 2

Bottas robbt sich langsam aber sicher an seinen erfahrenen Teamkollegen heran, gilt allgemein aber als Nummer 2 bei Mercedes. Dem widersprach Motorsportchef Toto Wolff in China. "Man tendiert so schnell dazu, Leute einzuschätzen und zu sagen, Lewis sei schneller", so der Österreicher. "Das sollte man in dem Fall aber nicht tun. Valtteri ist in seinem zweiten Quali bis auf zwei Zehntel an Lewis herangekommen, der einen wirklich guten Tag hatte. Das stimmt mich zuversichtlich."

Bottas hat sich bislang ordentlich als Nachfolger von Nico Rosberg präsentiert, wurde von der Mercedes-Spitze gar gelobt, schon jetzt auf vergleichbarem Niveau zu fahren. Die zwei Qualifying-Pleiten gegen Vettel waren allerdings ärgerlich. Und vollends akzeptiert wird Bottas ohnehin erst, wenn er ein Rennen gewinnt.

"Morgen denke ich nicht mehr an die eine Tausendstel", versicherte er vor dem zweiten Rennen des Jahres. "Das wird eine komplett neue Möglichkeit. Wir werden alles geben, um Erster und Zweiter zu werden, und ich jage weiter nach dem besten Ergebnis meiner bisherigen Karriere." Zwei zweite Plätze hat Bottas bis jetzt auf dem Konto. Je mehr im Mercedes hinzukommen, desto mehr wird ihm die Rolle des Nummer-2-Fahrers aufgestempelt werden...