Über 40 Jahre hielt Bernie Ecclestone in der Formel 1 die Zügel in der Hand. Trotz seiner Absetzung durch Liberty Media hatte er sich, wenn auch im kleineren Rahmen, offenbar weiterhin Einfluss auf die Entwicklung des Sports ausgerechnet. Nun beklagt er jedoch, dass die neuen Bosse sein Vermächtnis ausradieren wollen. Beim Saisonauftakt in Melbourne wird der ehemalige F1-Zampano schon mal nicht dabei sein - zum Leidwesen von Sebastian Vettel.

"Ich kann überhaupt nichts machen", so der 86-Jährige in einem Interview mit der Daily Mail. Der ewig ruhelose Geschäftsmann scheint auch in seiner Funktion als Ehrenpräsident noch viele Ideen zu haben, die er in sein Lebenswerk einfließen lassen möchte. Bei der neuen Führungsetage rund um Chase Carey kommt das aber offenbar nicht so gut an. "Selbst den Mitarbeitern haben sie gesagt, dass sie nicht mit mir sprechen sollen", fügt er an.

Dabei hatte Carey stets betont, dass Ecclestones Meinung weiterhin erwünscht ist. "Sein Rat wird für uns von unschätzbarem Wert sein", so der CEO von Liberty Media. Ecclestone hat durch die ablehnende Haltung allerdings das Gefühl, dass sein Vermächtnis nicht mehr allzu lange Bestand haben wird. "Sie wollen die Bernie-Ära loswerden. Los, lasst uns Bernies Geschichte beseitigen", beschreibt er seinen Eindruck der Lage.

Ecclestone wollte noch drei Jahre machen

Laut Ecclestone stand bei der Machtübernahme durch Liberty Media im Sommer 2016 sogar die Absicht der neuen Eigentümer im Raum, ihm weiterhin das Steuer zu überlassen. "Sie hatten mich gefragt, ob ich noch für drei Jahre an Bord bleiben würde", erklärt er die ursprünglichen Pläne, denen er alles andere als abgeneigt war: "Ich sagte: Ja, vorausgesetzt ich bin fit und geschäftsfähig."

Einen so baldigen Rücktritt von seinem Posten hatte er dementsprechend nicht auf dem Plan. "Ich war etwas überrascht, als ich am Tag nach Abschluss des Deals von ihnen gebeten wurde zurückzutreten, weil Chase Geschäftsführer sein wollte", so sein Empfinden beim unerwarteten Machtwechsel.

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Entmachtung ohne Spielchen

Mit dem Verkauf an den US-amerikanischen Konzern war Ecclestone jedoch auch bewusst, dass die neuen Eigentümer jederzeit die Möglichkeit haben würden, sich ihm zu entledigen. "Hat es mich gestört, als Liberty Media meinen Rücktritt gefordert hat? Ich sehe das so: Wenn jemand ein Auto kauft, will er es auch fahren", gibt er sich gewohnt abgeklärt. Außerdem merkt er an, dass die Konfrontation zumindest ohne Spielchen ablief: "Chase hat das von Angesicht zu Angesicht gemacht."

In den Tagen danach zollte die gesamte Motorsportwelt Ecclestone ihren Respekt für das, was er mit der Formel 1 geschaffen hatte. Mittlerweile genügen ihm die Lobpreisungen aber schon nicht mehr: "Sie sagen immer dasselbe und glauben, dass es mich irgendwie glücklich macht: Er hat einen super Job gemacht, aber jetzt muss es weitergehen", so der Brite. Obwohl es ihn schmerzt, dass seine jetzige Rolle nicht seinen Erwartungen gerecht wird, kann er Liberty Medias Position auch nachvollziehen: "Wahrscheinlich haben sie Recht."

Ecclestone und Vettel pflegen einen freundschaftlichen Umgang miteinander, Foto: Sutton
Ecclestone und Vettel pflegen einen freundschaftlichen Umgang miteinander, Foto: Sutton

Erst in Bahrain wieder zu Besuch

Der Saisonauftakt 2017 wird das erste Rennen nach der Ecclestone-Ära sein. Der Brite will zwar auch dieses Jahr einige Grands Prix besuchen, doch den weiten Weg nach Australien tut er sich nicht an. Auch nicht, obwohl Kumpel Sebastian Vettel sich schon auf ein Wiedersehen gefreut hatte. "Er fragte mich, 'kommst du nach Australien?' und ich sagte nein", so Ecclestone, der den Ferrari-Piloten enttäuschen musste.

"Er sagte 'oh verdammt, mit wem soll ich dann spielen?' Ich antwortete ihm, dass ich nicht besonders scharf darauf bin, nur für eine Runde Backgammon mit ihm nach Australien zu fliegen", so Ecclestone weiter. In Bahrain will er dann allerdings wieder mit von der Partie sein. Eine Reise in den Orient sind ihm Gesellschaftsspiele mit dem viermaligen Weltmeister dann offenbar doch wert.