Mit einem Lachen wollte er die Frage umgehen, doch letztendlich sorgte Eric Boullier in der Woche vor dem Saisonauftakt der Formel 1 für mächtig Wirbel. Die spanische AS wollte von McLarens Renndirektor wissen, ob er je darüber nachgedacht habe, wo sein Team mit einem Mercedes-Motor stehen würde. "Sagen wir, ein paar Mal...", ließ sich Boullier schließlich entlocken. Wenige Worte mit großer Wirkung.

Nicht nur in Japan bei Motorenpartner Honda schrillten sämtliche Alarmglocken. Einmal mehr in der bisherigen problembehafteten Zusammenarbeit mit dem Rennstall aus Woking. Boullier machte es nicht besser. "Ich denke, das würden wir", beantwortete der Franzose die Frage, ob McLaren mit Mercedes-Power wieder siegfähig sei. "Ja, wir würden wieder gewinnen." Ein öffentlicher Affront gegen Honda, das ohnehin schon wieder mehr in der Kritik steht als gewünscht.

Ein Teufelskreis

Die alte Leier in dieser unheiligen Ehe, die auch im dritten gemeinsamen Jahr keine Früchte zu tragen scheint. Während sich die McLaren-Seite mit ihrem ausgefeilten Chassis brüstet, bekommt der japanische Partner den gesamten Spott ab. Dabei ist McLaren auf Honda angewiesen, schließlich ist der Autobauer kein reiner Motorenlieferant, sondern zahlt neben den Power Units auch viele Rechnungen, die in Woking eintrudeln.

Geld, auf das die Briten angewiesen sind. Es ist ein Teufelskreis. Mit Honda scheint es einfach nicht zu funktionieren - ohne den derzeitigen Geldgeber aber auch nicht. McLaren fehlt der große Titelsponsor, um unabhängiger agieren zu können. Doch wer zahlt jährlich etliche Millionen an ein Team, bei dem unklar ist, ob es in Australien überhaupt über die Distanz kommt? Ein hausgemachter Teufelskreis.

McLaren MCL32: Technik-Check im Schnelldurchlauf: (02:56 Min.)

Vorfühlen bei Mercedes?

Als wären die Probleme nicht schon eklatant genug, machte Boullier mit seinem kontroversen Interview die nächste Baustelle auf. Nur wenig später gingen Gerüchte um, McLaren würde bereits mit Mercedes über einen Motoren-Deal verhandeln - sofern Honda weiter nicht ans Laufen kommt. Ganz so einfach ist es nicht, beide Parteien haben sich schließlich langfristig verpflichtet.

Ob die Spekulationen der Wahrheit entsprachen oder nicht - aus Japan kam wenig später eine Klarstellung. Honda sei weiterhin zu 100 Prozent verpflichtet und strebe die geplante Fortsetzung der Zusammenarbeit mit McLaren an. Dass es dabei hin und wieder mal lauter werden kann, daraus hatte Motorenchef Yusuke Hasegawa schon während der Testfahrten kein Geheimnis gemacht. "Während der Tests gab es einen Punkt, an dem wir viele Probleme lösen müssen", sagte er. "Deshalb muss man manchmal streiten oder ein konstruktives Gespräch führen."

McLarens traurige Test-Bilanz in Woche 2

Tag Fahrer ZeitRundenReifen
Montag Fernando Alonso 1:24.852 29Soft
Dienstag Stoffel Vandoorne1:25.600 40Soft
MittwochFernando Alonso1:22.598 72Ultrasoft
Donnerstag Stoffel Vandoorne1:22.576 67Ultrasoft

Honda schafft ab

Und wenn man doch keinen Konsens findet, muss eben einer gehen. So kürzlich geschehen in Reihen Hondas, als sich der Hersteller und Gilles Simon laut einem Bericht der BBC trennten - in beiderseitigem Einvernehmen, wie es so schön heißt. Simon war kein Unbekannter in der Szene. Der Franzose war von 1994 bis 2006 bei Ferrari tätig und verantwortete dort zuletzt die komplette Motoren-Abteilung.

Während sich Honda von einem Formel-1-Urgestein trennte, holte McLaren eines zurück. In dieser Woche gab das Team die Rückkehr von Mika Häkkinen bekannt. Der allseits beliebte und extrem gut vernetzte Finne war der kleine Lichtblick in all dem Chaos rund um den Rennstall. Mit Häkkinen kehrt ein Hauch der guten alten Zeiten zurück nach Woking. Dass er seine beiden WM-Titel für McLaren mit Mercedes-Power holte, passte natürlich gut ins aktuelle Gesamtbild...

Häkkinen kam auf Drängen von Zak Brown zurück, dem neuen starken Mann in Woking - ob sich der Quasi-Nachfolger von Ron Dennis ausgemalt hatte, dass es schon vor dem Saisonstart in Melbourne lichterloh brennt? Zumindest auf kommerzieller Seite gilt der US-Amerikaner als Spezialist, mit der Häkkinen-Rückholaktion gelang ihm ein echter Coup. Dass die jahrelangen Bitten der Fans erhört wurden und der neue McLaren MCL32 in Orange daherkommt, dürfte er sich ebenfalls auf die Fahne schreiben können.

Abgeschleppt: Ein allzu vertrautes Bild bei McLaren, Foto: Sutton
Abgeschleppt: Ein allzu vertrautes Bild bei McLaren, Foto: Sutton

Deutlich mehr Probleme als erwartet

Doch was hilft ein auffälliges Auto samt prominentem Markenbotschafter, wenn sportlich wieder alles schief läuft? Mit diesem Ballast tut sich selbst ein Häkkinen schwer, den dicken Sponsor für 2018 an Land zu ziehen. In der jetzigen Situation hilft erst recht kein Boullier-Seitenhieb und auch kein Alonso-Statement ("Für uns gehen alle Kurven Vollgas..."), das zuletzt plakativ die Runde machte.

Honda und McLaren, beide Seiten sind auf mehreren Ebenen voneinander abhängig. Bei all den Schwierigkeiten der letzten Wochen - und Jahre - dürften die ersten Rennen des neuen Jahres eher als Testfahrten missbraucht werden statt bei der Performance aufzuschließen. Oder wie es Boullier kürzlich selbst formulierte: "Die Wahrheit ist, dass wir deutlich mehr Probleme haben als erwartet." Vieles ist neu bei McLaren-Honda. Doch die alten Probleme sind erst einmal geblieben.