Pascal Wehrlein war in der ersten Testwoche der Formel-1-Saison 2017 zum Zusehen verdammt. Der Sauber-Pilot flog zwar schon nach Barcelona, hatte aber zuvor mit seinen Ärzten entschieden, aufgrund seiner Rückenverletzung, die er sich beim Race of Champions in Miami zugezogen hatte, noch abzuwarten. Am ersten Tag der zweiten Testwoche endlich das Test-Debüt für das neue Sauber-Team.

Doch Wehrleins erster Test war schneller vorbei als zunächst von den meisten angenommen: Am Nachmittag übergab er das Sauber-Cockpit an Teamkollege Marcus Ericsson. Plan B, wie das Team verlauten ließ. Wehrlein erklärt: "Weil wir heute 140 oder 150 Runden fahren wollten, war am Morgen schon klar, dass wir wechseln würden. Das wäre zu viel gewesen. Weil es mein erster Tag war, hat das Team dann so entschieden, das wir uns den Test aufteilen."

47 Runden fuhr Wehrlein am Vormittag, 53 Ericsson am Nachmittag. Insgesamt 100 Runden für Sauber. Dass das anvisierte Ziel nicht ganz erreicht wurde, liegt an Setup-Änderungen, die vorgenommen werden mussten. Sauber brachte neue Teile für die zweite Testwoche, Ericsson war mit der Fahrzeugbalance nicht mehr ganz so zufrieden.

Für Wehrlein bedeuteten die neuen Teile: Vorsicht. Anders als Lance Stroll, dessen Abflüge Williams die erste Testwoche ruinierten, ging Wehrlein auf Nummer sicher. "Ich habe ein bisschen aufgepasst, weil wir neue Teile am Auto hatten und keine Ersatzteile haben. Da will man das Auto nicht beschädigen, sonst ist ganze Testwoche umsonst, weil wir keine Referenz haben."

Keine Rückenschmerzen bei Wehrlein

Gute Nachricht für Sauber: Wehrleins Rücken macht's mit, Foto: Sutton
Gute Nachricht für Sauber: Wehrleins Rücken macht's mit, Foto: Sutton

Priorität für den Deutschen hatte aber etwas anderes: "Am wichtigsten war zu wissen, ob mein Rücken alles mitmacht, ob er keine Probleme macht. Es war alles gut, deshalb war ich sehr zufrieden." Zwar musste am Sitz etwas nachgearbeitet werden, das allerdings war nicht mehr als die üblichen Feinheiten, die man im Stand nicht perfekt austesten kann.

Die Rundenzeit von 1:23,336 Minuten, die ihn auf Rang 11 von 13 brachte und nebenbei auch noch drei Zehntelsekunden schneller war als die des Teamkollegen, will Wehrlein nicht überbewerten. "Ich bin noch nicht so viele Runden gefahren, um auf Performance zu gehen. Es fehlt einfach noch ein bisschen an Zeit, die ich im Auto verbringen muss mit dem neuem Team, neuem Auto, neuen Regeln, neuen Reifen und für mich neuem Motor. Das braucht noch ein bisschen."

Wehrlein muss das Lenkrad neu lernen, Foto: Sutton
Wehrlein muss das Lenkrad neu lernen, Foto: Sutton

Am größten fiel die Umstellung auf das neue Regelwerk. "Die Autos sind in schnellen Kurven viel schneller. Und sie sind vor allem breiter: Das merkt man, weil man am Anfang mehr auf die Kerbs fährt als zuvor. Aber daran gewöhnt man sich schnell." Lob gibt es für die neuen Pirelli-Reifen: "Mehr Grip, weniger Überhitzen, nicht mehr so sehr Reifenschonen - ziemlich positiv." Der Umstieg auf den letztjährigen Ferrari-Motor fiel einfach: "Alles gut soweit, ich muss mich nur daran gewöhnen. Er hat ein anderes Ansprechverhalten, er fühlt sich anders an als der Mercedes-Motor, daran gewöhnt man sich schnell."

Gewöhnen muss sich Wehrlein übrigens auch ans Lenkrad: Er konnte die Steuereinheit nicht individualisieren, wie das bei anderen Teams üblich ist. "Ich musste es komplett neu lernen. Es war so gewünscht, dass wir beide das gleiche Lenkrad haben - was ich verstehen kann. Für mich bedeutet das: Theorie und Trockenübung."

350 statt 200 Mitarbeiter für Wehrlein

Ins Team hat sich Wehrlein schon in der vergangenen Woche einleben können. Bei der Größe rangiert Sauber zwischen Manor und Mercedes, die der 22-Jährige bestens kennt. Rund 350 Mitarbeiter hat Sauber derzeit, bei Manor waren es rund 200. Bei Mercedes arbeiten allein in Brackley zirka 600 Angestellte. "Nur weil Manor auf dem letzten Platz war, haben die Leute nicht schlechter gearbeitet. Man muss die arbeiten respektieren und in Relation zu den Möglichkeiten setzen. Sie machen keinen schlechteren Job als bei Mercedes. Wir sind ein kleineres Team und da sind die Möglichkeiten nicht wie Mercedes, darüber gibt es nichts zu diskutieren."

Wehrlein hat sich bei Sauber eingelebt, Foto: Sauber
Wehrlein hat sich bei Sauber eingelebt, Foto: Sauber

Bei der Sprache gibt es übrigens keine Erleichterung: Auch bei Sauber wird am Boxenfunk englisch gesprochen. "Nur im Privat-Gespräch mit dem Renningenieur spreche ich Deutsch", so Wehrlein.

Auch am zweiten Tag der zweiten Testwoche werden sich Wehrlein und Ericsson abwechseln. Wehrlein beginnt wieder. An Tag drei dann der erste Ganztagsjob für Wehrlein, an Tag vier dann wieder Ericsson. Somit kommt Ericsson am Ende auf vier Testtage, Wehrlein nur auf zwei. Der Sauber-Pilot hat Verständnis dafür: "Ich habe die erste Woche verpasst, jetzt teilen wir uns die zweite Testwoche fair auf."

Optimal vorbereitet ist Wehrlein nach zwei Tagen allerdings nicht: "Mal sehen, Stand heute brauche ich noch mehr Zeit im Auto um mich zu gewöhnen und um das Maximum aus dem Auto herauszuholen. Aber nach zwei Tagen im Auto sollte ich auf einem guten Level sein."