Top: Silbernes Uhrwerk läuft schon wieder

Fazit der ersten F1-Testwoche in Barcelona (05:24 Min.)

Als hätte es eine Winterpause samt Regelumbruch nicht gegeben, präsentierte sich Mercedes in der ersten Testwoche bereits wieder gewohnt souverän. Starke 558 Runden legten Lewis Hamilton und Valtteri Bottas zurück, deutlich mehr als jedes andere Team. Zuverlässigkeitsprobleme? Kannte man bis Donnerstagmorgen nur vom Hörensagen. Doch dann zeigte auch Mercedes einen Anfall von Sterblichkeit. Die Elektronik streikte, als Hamilton den Regentest beginnen sollte. Erst am Nachmittag war der Wagen für Bottas wieder einsatzfähig. An der starken Wochenbilanz ändert dieses kleine Malheur jedoch nichts.

Top: Rosberg auf Stippvisite im Fahrerlager

Nico Rosbergs Stippvisite im Fahrerlager in Barcelona, Foto: Sutton
Nico Rosbergs Stippvisite im Fahrerlager in Barcelona, Foto: Sutton

Ein bekanntes Gesicht tauchte am Dienstag im Fahrerlager auf. Weltmeister Nico Rosberg, der ohnehin auf dem Mobile World Congress in Barcelona zugegen war, ließ sich die Gelegenheit nicht nehmen und schaute bei den Testfahrten vorbei. Und der Frührentner war voll des Lobes über seine Beobachtungen. "Die neuen Autos sehen richtig monströs aus. So muss es auch sein! Die Fahrer sind richtige Gladiatoren dieses Jahr in diesen Autos", sagte er. Wehmut oder gar den Gedanken an eine Rückkehr verspürte er nicht. "Ich habe es echt genossen, mit dieser Entspanntheit hier zu sein, mir das alles anzugucken, mit den Leuten zu diskutieren - das ist echt ein gutes Gefühl."

Top: Neue Auto-Generation hält Versprechen

Hamilton begeistert von den neuen Autos, Foto: Sutton
Hamilton begeistert von den neuen Autos, Foto: Sutton

In der Theorie klang das neue Reglement ja schon mal sehr gut. Breitere Autos, bulligeres Aussehen, mehr Abtrieb, schlicht: schneller! Und was die Fahrer nach der ersten Woche berichteten, bestätigte die Annahme. "Ich bin Vollgas in Kurven gefahren, in denen ich es zuvor noch nie erlebt habe", war Lewis Hamilton angetan. Und der Brite weiter: "Das Auto ist unglaublich in Sachen Kurvenspeed und es ist definitiv das schnellste, dass ich je in der Formel 1 gefahren bin." Für die Fans heißt es nun also wieder Spaß beim Zuschauen erleben. Dieser soll beim einen oder anderen in den letzten Jahren ja etwas gelitten haben.

Top: Social Media auf dem Vormarsch

Da staunten wir nicht schlecht, als Nico Rosberg auf Facebook ein kurzes Video aus der Boxengasse veröffentlicht hat. Die neuen F1-Besitzer Liberty Media scheinen die Wichtigkeit und Notwendigkeit von Social-Media-Kanälen erkannt zu haben und erlaubten den Teams, bis zu 20 Sekunden lange Videoclips auf Facebook, Twitter und Co. zu veröffentlichen. Ob diese Lockerung der Filmrechte nur die Testfahrten betrifft oder ob es auch während der Saison erlaubt sein wird, ist noch nicht klar. Lewis Hamilton hätte ohnehin mehr Lust darauf, einen kurzen Snapchat aus der Garage zu filmen, statt sich einer der müßigen Presserunden zu stellen.

Top: Vettel prächtig gelaunt

Kein Bock auf Maulsperre: Sebastian Vettel, Foto: Sutton
Kein Bock auf Maulsperre: Sebastian Vettel, Foto: Sutton

Das kam nicht sonderlich gut an. Ferraris PR-Strategie für dieses Jahr hat minimalistischen Charakter - im Vergleich zu anderen Teams hinken die Italiener ordentlich hinterher. Dass Sebastian Vettel grundsätzlich für flapsige Sprüche gern zu haben, ist weithin bekannt. Dass er aus diesem konservativen PR-Korsett Ferraris ausbricht, überrascht daher nicht. Dennoch sind seine Sprüche einmal mehr Schenkelklopfer vor dem Herrn. Auf die Frage eines Journalisten, ob es für Ferrari dieses Jahr wieder aufwärts ginge, sagte der Deutsche: "Ich habe kein Kristallkugel. Ich habe zwei andere Kugeln, aber die werden mir nicht allzu viel helfen." Zu den neuen Reifen, die nicht nur in schnellen, sondern auch in langsameren Kurven funktionieren, sagte Vettel: "Die breiten Reifen helfen überall. Das ist wie Aspirin, das hilft auch bei allem."

Flop: McLaren mit coolem Lack und weniger cooler Performance

McLaren: Die alten Leiden, Foto: Sutton
McLaren: Die alten Leiden, Foto: Sutton

Auch wenn es guten Grund zur Hoffnung gab, die erste Testwoche für McLaren verlief einmal mehr ernüchternd. Zwar hat sich der japanisch-britische Rennstall mit der Lackierung des ersten Boliden der neuen Ära nach Ron Dennis wieder auf die Vergangenheit berufen. Doch leider scheint die Performance von Glanztaten alter Tage erneut meilenweit entfernt. Am ersten Testtag drehte Fernando Alonso nur 29 Runden, Stoffel Vandoorne kam am zweiten Tag auf 40 Umläufe - jeweils geplagt von technischen Problemen. Das erinnert stark an die vergangenen zwei Jahre, 2017 steht für McLaren-Honda erneut unter keinem guten Stern.

Flop: Stroll crasht, Papa bezahlt den Schaden

Teile kaputt? Stroll sr. richtet es schon, Foto: Sutton
Teile kaputt? Stroll sr. richtet es schon, Foto: Sutton

Das war nun kein besonders guter Einstand für Lance Stroll. Zwei Tage, zwei Dreher, ein Einschlag. Geht so, würde man sagen. Als der 18-Jährige an Tag eins den einzig verfügbaren Frontflügel des Teams zerlegte, bezahlte sein Papa Lawrence den Privatjet nach Grove und zurück, damit das Team den Schaden beheben konnte. Also dachte sich Lance anscheinend: Da kann ich auch ruhig das ganze Chassis zerlegen. Blöd nur: es war erst Mittwoch, Williams musste den Donnerstag auslassen. Vermutlich ist auch so schon Vollbetrieb in der Williams-Fabrik.

Flop: Ferraris konservative Medienpolitik

Ferrari: Offen geredet wird nur intern, Foto: Sutton
Ferrari: Offen geredet wird nur intern, Foto: Sutton

Klare Vorgabe für die neue Saison aus der Zentrale in Maranello: Bedeckt halten bei Aussagen über die Performance des SF70H, Probleme werden der Öffentlichkeit nicht erklärt. Diese konservative Medienpolitik schmeckt dabei den wenigsten Journalisten. Am deutlichsten wurde dies, als gegen Ende der Mittwochs-Session Vettels Ferrari ausrollte und von den Streckenposten zurück an die Box geschoben werden musste. Der Deutsche danach: "Wir dürfen ja nicht verraten, was wir gemacht haben. Aber wir wollten etwas ausprobieren und das war die mögliche Konsequenz. Nichts Schlimmeres, und viel Zeit haben wir deshalb nicht verloren." Dass Vettel und sein Teamkollege Kimi Räikkönen kein Blatt vor den Mund zu nehmen pflegen, lässt hoffen, dass sich Herr Marchionne und Co. im Laufe der Saison doch noch umstimmen lassen und ihre Öffentlichkeitsarbeit journalistenfreundlicher gestalten. Das sind doch keine Zustände!

Flop: Hype um Toro Rosso - doch letztlich nur heiße Luft

Ein optischer Leckerbissen ist er ja schon, der neue Toro Rosso, Foto: Sutton
Ein optischer Leckerbissen ist er ja schon, der neue Toro Rosso, Foto: Sutton

Ein Wahnsinnsdesign hat sich das Team um Franz Tost mit dem neuen Boliden STR12 aus den Fingern gesaugt. Zweifellos mit die schönste Lackierung unter all den neuen Autos und einem Design, das dem des neuen (und alten) Silberpfeil in vielerlei Hinsicht ähnelt. Das gab auch Toro Rosso-Technikchef James Key offen zu: "Wir haben uns angesehen, was Mercedes die letzten Jahre gemacht hat." Was die Laufleistung in der ersten Testwoche in Barcelona angeht, haben Carlos Sainz jr. und Daniil Kvyat die wenigsten Runden zu verbuchen. Technisch Probleme mit der Power Unit sorgten dafür, dass die beiden gerade einmal auf 183 Runden kamen. Das sind 375 Umläufe weniger als der Spitzenwert, den die Silberpfeil-Piloten aufgestellt haben.

Flop: Reifentests für die Katz

Regenreifentests - viel Wasser, nichts passiert, Foto: Sutton
Regenreifentests - viel Wasser, nichts passiert, Foto: Sutton

Ganz so drastisch war es nicht, schließlich konnte Pirelli wichtige Daten sammeln. Dennoch: Eine künstlich bewässerte Strecke weist in vielerlei Hinsicht nicht die Charakteristika einer nassen Strecke bei Regenfall. Das Feedback der Fahrer war demnach ernüchternd. "Ich bin jeweils einmal auf Regenreifen und einmal auf den Intermediates herausgefahren. Es war zwar feucht und nass auf der Strecke, aber das stehende Wasser hat gefehlt. Und da, wo es eigentlich liegen sollte, auf der Rennlinie nämlich, hat es gefehlt." Zudem lagen die Temperaturen unterhalb des idealen Arbeitsfensters der neuen Regenreifen. Alles in allem: Viel Aufwand für wenig Gegenwert oder anders gesagt: Den Regenreifentest hätte man sich weitestgehend sparen können.