Kaum zu glauben, aber am letzten Tag der ersten Testwoche in Barcelona hatte Mercedes tatsächlich mit Problemen zu kämpfen! Am Vormittag sollte eigentlich planmäßig Lewis Hamilton ins Cockpit des F1 W08 klettern und erstmals die neuen Regenreifen ausprobieren. Doch dann streikte die Elektronik am bislang wie ein Uhrwerk laufenden Mercedes. Hamilton kam gar nicht zum Einsatz. Am Nachmittag brachte Valtteri Bottas dann noch 68 Runden auf die Uhr. Seine Zeit von 1:23.443 reichte zu Platz acht.

Damit drehte Bottas in der ersten Testwoche sagenhafte 324 Runden, so viele wie kein anderer Fahrer. Die beste Testwoche seiner bisherigen Karriere? "In zwei vollen Testtagen war es definitiv die größte Anzahl an Runden, die ich je gefahren bin. Das ist sehr nützlich mit diesen neuen Reifen, in dieser neuen Ära der Formel 1. Viel Streckenzeit zu haben ist vorteilhaft", merkt er an.

Fazit der ersten F1-Testwoche in Barcelona (05:24 Min.)

Damit ist der erste Einstieg für den Rosberg-Nachfolger gelungen. Doch sind Testfahrten etwas ganz anderes, als die ersten Rennen. Auch das Kräfteverhältnis ist noch in gewissen Zügen unklar. "Mit den Daten aus dieser Woche ist es schwer zu bestimmen, wo wir im Vergleich zu den anderen Teams stehen. Man wird es erst nächste Woche oder auch erst in Melbourne sehen", gibt er sich noch zurückhaltend.

Bottas: Ziel ist es, zu gewinnen

Seinen letzten Sieg in einer offiziellen Meisterschaft feierte Bottas vor inzwischen über fünf Jahren, am 25. September 2011 in der britischen Formel-3-Meisterschaft. Ein Gefühl, dass er nun endlich wieder erleben möchte. "Natürlich will ich Rennen gewinnen, deshalb mache ich das hier", redet er Klartext. Gleichzeitig weiß er, dass dieses Vorhaben alles andere als einfach ist. "Ich mache mir da keinen zusätzlichen Druck, ich weiß, dass es in der Formel 1 extrem schwer ist, ein Rennen zu gewinnen. Man braucht das richtige Werkzeug, das richtige Team. Nun bin ich einem Team, dass in den letzten vier Jahren ein Siegerteam war", ist er sich der Situation bewusst.

Tatsächlich ist für den Finnen der Wechsel zu Mercedes die größte Chance seiner Karriere. Wenngleich die Karten noch nicht ganz aufgedeckt wurden, lassen die ersten Erkenntnisse darauf schließen, dass der Mercedes auch in diesem Jahr ein heißer Anwärter auf Siege ist. Die Vorbereitung auf eine möglichst erfolgreiche Saison läuft bislang gut. "Ich denke der Fortschritt ist gut, alles geht in die richtige Richtung. Ich fühle mich mehr und mehr als Teil des Teams. Auch mit dem Auto fühle ich mich immer wohler", zieht er ein zufriedenes Fazit seiner ersten Woche.

Valtteri Bottas konnte im Gegensatz zu Lewis Hamilton die neuen Regenreifen ausprobieren, Foto: Sutton
Valtteri Bottas konnte im Gegensatz zu Lewis Hamilton die neuen Regenreifen ausprobieren, Foto: Sutton

Umstellung nicht nur aufgrund der Regeln

Dabei sei die Umstellung vom Williams auf den Mercedes nicht nur aufgrund der Regeländerungen enorm groß. "Generell fühlt sich das Handling anders an", erklärt er. "Da gibt es ein paar Dinge, an die ich mich gewöhnen muss und das wird von Tag zu Tag besser. Auch all die ganzen Setupänderungen und die Arbeitsweise des Teams, all die Einstellmöglichkeiten am Lenkrad und wie sie die Fahrzeugbalance auf der Strecke beeinflussen können. Mit all diesen Dingen werde ich von Runde zu Runde vertrauter", berichtet der 27-Jährige.

Vertraut machen muss er sich auch mit einem neuen Teamkollegen. Mit Lewis Hamilton wartet nun die teamintern größte Herausforderung seiner Karriere. Drei WM-Titel gewann der Brite bislang, er gilt als einer der besten Fahrer überhaupt. Doch auch er kann technisch auf kaum Vorerfahrungen mehr zurückgreifen. Ein Vorteil für Bottas?

"Es ist schwierig zu sagen. Ich denke nicht, dass die Regeländerungen irgendetwas Negatives für mich mitbringen. Wenn, dann nur gute Dinge. Für jeden Fahrer gibt es etwas Neues zu lernen", so Bottas auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com. Jedoch weiß er, dass auch Hamilton einen großen Pluspunkt auf seiner Seite hat. "Lewis hat einen Vorteil durch seine langjährige Zusammenarbeit mit dem Team. Er weiß genau, wie das Team arbeitet", merkt er an.

Valtteri Bottas und Lewis Hamilton - Besteht Explosionsgefahr?, Foto: Sutton
Valtteri Bottas und Lewis Hamilton - Besteht Explosionsgefahr?, Foto: Sutton

Von Hamilton lernen und ihn herausfordern

Grundsätzlich sieht er die Zusammenarbeit mit Hamilton auch als große Gelegenheit an, von einem Top-Fahrer im Feld zu lernen. "Ich arbeite natürlich hart mit den Ingenieuren und auch mit Lewis in den Meetings, um das bestmögliche Feedback zu geben und in sämtliche Daten zu schauen", erläutert Bottas. "Es war interessant, Lewis' detaillierte Kommentare zum Auto im Vergleich zum letztjährigen Auto in den Meetings zu hören."

Diese gemeinsamen Informationen will er dann auch nutzen, um Hamilton im Laufe der Saison unter Druck zu setzen. "Natürlich wird mir dadurch auch verständlich, wie er das Auto abstimmt. Ich erfahre auch mehr über seinen Fahrstil und all diese Dinge. Da gibt es viele Dinge, die ich für mich mitnehmen kann", stellt er klar. "Natürlich, einen neuen Teamkollegen oder Arbeitskollegen zu haben ist immer etwas, woraus man lernen kann. Ich werde Lewis also genau beobachten. Ich wäre dumm, wenn ich das nicht täte", kündigt der Finne an. Es scheint, als könne man sich auf den nächsten Silberkampf freuen!