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Wie jedes Jahr fühlte ich mich auch in dieser Saison im Fürstentum von Monaco wie im Zoo. Die einen stehen drinnen im Fahrerlager, die anderen stehen draußen auf der anderen Seite des Zaunes und es wird sich gegenseitig angegafft.

Während des Grand Prix bekamen die ausgesperrten Zuschauer allerdings ein unerwartet schönes Rennen geboten, welches langsam begonnen hatte, aber dann schlagartig besser wurde.

Die größte Überraschung des Wochenendes war natürlich die Performance von BMW-Williams. Nach dem Donnerstagstraining hätte ich nicht gedacht, dass beide Williams-Fahrer auf's Treppchen kommen können. Im Zeittraining steigerten sie sich dann, waren zwar immer noch nicht richtig schnell, aber immerhin vorne dabei.

Hier war die fliegende Runde von Kimi Räikkönen im zweiten Qualifying allerdings auch schockierend schnell. Da konnte noch nicht einmal Fernando Alonso im Renault, geschweige denn Juan Pablo Montoya im zweiten McLaren mithalten. Dessen Strafe war sicherlich sehr hart und fragwürdig, aber seine Leistung im Vergleich zu seinem Teamkollegen war erneut schwach.

Die Tatsache, dass Kimi erst so spät in die Box kommen musste, zeigt zudem, dass seine Qualifying-Runde richtig gut war und auch das Auto gut genug ist um noch Weltmeister zu werden. Schließlich war der MP4-20 bei den letzten drei Rennen deutlich der beste Wagen im Feld.

Fernando Alonso hat mit Platz vier noch das Beste herausgeholt, aber gegen Mark Webber hätte er sich in den letzten fünf Runden ähnlich wie in Imola gegen Michael Schumacher - noch zur Wehr setzen können. Zudem war es von Fernando nicht allzu clever zwei Mal die Schikane abzukürzen, besonders da er dadurch eine Bestrafung von Mark Webber, der ebenfalls abkürzte, verhinderte.

Dennoch bewiesen die Weiß-Blauen, dass der Rennspeed bei ihnen vorhanden ist. Der geniale zweite Platz meines Bruders Nick basiert unterdessen einerseits auf dem frühen zweiten Boxenstopp, welcher ihn an Mark Webber vorbeibrachte, sowie andererseits auf seinem supergeilen Überholmanöver gegen Fernando Alonso, bei welchem der Spanier vollkommen überraschend wurde.

Wie schnell Nick und der FW27 wirklich sind, konnte er allerdings nie zeigen, da er keine einzige freie Runde hatte, in welcher er Vollgas geben konnte oder musste. Als er am mit Reifenproblemen strauchelnden Alonso vorbei war, sah man aber - genauso wie danach bei Webber -, dass er sich mühelos absetzen konnte.

Spannend wird nun zu sehen sein, wie sich Williams auf einer 'richtigen' Rennstrecke wie dem Nürburgring schlagen wird. Besonders da dort mit B·A·R ein weiteres starkes Team zurückkehren wird, welches wohl auf Anhieb wieder vorne dabei sein dürfte.

Überhaupt nicht verstehe ich, was Ralf Schumacher nach dem Rennen für ein Problem mit Michaels versuchtem Überholmanöver hatte. Während sich Rubens Barrichello bei seinen Aussagen, zwar ebenfalls deutlich äußerte, sich aber noch im Zaum hielt, waren die Statements von Ralf nicht immer sehr gut gewählt. So spricht man normalerweise nicht über einen anderen Fahrer und schon gleich gar nicht über den eigenen Bruder. Das war für mich sehr schockierend.

Andererseits merkt man dabei unter welchem Druck Ralf steht, der auch in Monaco wieder deutlich von Jarno Trulli gebügelt wurde. Und während Ralf im 1. Qualifying wieder einmal einen Fehler machte, zeigte Jarno im Rennen ein geiles Überholmanöver gegen Fisico. Leider hat er sich seinen Wagen dabei beschädigt. Aber das hätte auch gut funktionieren können.

In einem anderen Punkt verstehe ich Ralf hingegen schon. Und zwar bei seiner wiederholten Kritik, dass der GP-Kurs in Monaco nicht mehr zeitgemäß und sicher genug ist. Glücklicherweise passiert in diesem Zusammenhang erstaunlich wenig. Vor allem wenn man die vielen Runden in den ganzen Freien Trainings und bei den vielen Rahmenrennserien berücksichtigt, dann ist es Wahnsinn, wie wenig Unfälle da passieren.

Noch überraschender als die geringe Ausfallquote dieses Jahres, kam am Montag die Entscheidung von Red Bull Racing auf dem Nürburgring mit Tonio Liuzzi und nicht mit Christian Klien an den Start zu gehen. Gerade angesichts der eher mäßigen Leistung des Italieners in Monaco, wo er ganz klar gegen David Coulthard den Kürzeren zog, kommt diese Wahl des Teams sehr überraschend.

Genauso unerwartet präsentierte sich die Situation am Ende des Feldes, wo Patrick Friesacher dank seiner F3000-Erfahrung nicht nur Christijan Albers in den Schatten stellte, sondern auch beide Jordan locker hinter sich ließ. Eine unglaubliche Leistung von Minardi und ein unglaubliches Desaster für Jordan.

Ab dem kommenden Wochenende werden wir nun das nächste neue Qualifying-Format erleben, welches Michael Schumacher und Ferrari entgegen kommen sollte, da sie mit Rennsprit an Bord sicherlich stärkere Ergebnisse einfahren können als im Additionsqualifying.

Das ewige Hin und Her und die Tatsache, dass schon wieder das Qualifyingsystem geändert wird - und dann auch noch auf eine solch sinnlose Art und Weise - empfinde ich jedoch als totalen Schwachsinn. Diese Entscheidung reiht sich nahtlos in eine lange Reihe seltsamer Entscheidungen der letzten Wochen ein...