Dass Paddy Lowe vor einem Wechsel zu Williams steht, ist längst kein Geheimnis mehr. Unklar sind Zeitpunkt und - vor allem - seine genaue Funktion beim Rennstall aus Grove. Wie englische Medien am Mittwoch berichteten, scheinen nun beide Fragen geklärt zu sein. Lowe soll offenbar nicht nur übergeordneter Technikchef werden, sondern gleichzeitig Anteile am Rennstall erworben haben. Damit erhielte er einen Platz im Vorsitz.

Arbeitsbeginn bei Williams soll Anfang März sein. Dieser Zeitpunkt ist allerdings unsicher, nachdem Lowe Anfang Januar bei Mercedes ausgeschieden war und das übliche 'Garden Leave' angetreten hatte. Immer wieder gab es Spekulationen, ob Lowe früher als geplant bei Williams anheuern darf - möglichweise ein Bestandteil des Deals zwischen beiden Teams im Zuge der Bottas-Verpflichtung.

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Mehr Einfluss als bei Mercedes

Die Silberpfeile hatten zur Trennung von Lowe, dessen Vertrag Ende 2016 auslief, keine genauen Gründe angegeben. Es heißt aber, dass es zuletzt Differenzen zwischen beiden Parteien gegeben haben soll. Bei Williams hätte der 54-Jährige in seiner neuen Rolle wesentlich mehr Einfluss auf das Gesamtgeschehen als es bei Mercedes der Fall war. Die Rede ist von einer technischen Verantwortung nicht nur für das Formel-1-Team, sondern auch bei Williams Advanced Engineering, die technische Projekte für zahlreiche Unternehmen umsetzen.

War Lowe zunächst als Nachfolger für den scheidenden Pat Symonds gehandelt worden, würde sein neuer Posten also noch mehr Verantwortung mit sich bringen. Sollte Lowe tatsächlich Anteile am an der Börse notierten Traditionsrennstall erworben habe, bekäme er einen Platz im Vorstand neben der stellvertretenden Teamchefin Claire Williams, Williams CEO Mike O'Driscoll und dem Non-Executive Chairman Nick Rose. Woher die bereits aufgeteilten Anteile kommen sollen, ist noch unklar.

Allison vor Wechsel zu Mercedes?

Symonds hatte Williams zum Ende des Jahres 2016 verlassen, seitdem suchte das Team einen Nachfolger. Lowe gilt inzwischen als sicherer Kandidat, um die Lücke des Technischen Direktors zu füllen - und offenbar noch mehr darüber hinaus. Mercedes teilte bei der offiziellen Trennung mit, dass Lowes Posten nicht neu besetzt werde. Es wird jedoch darüber spekuliert, dass der frühere Ferrari-Technikchef James Allison folgen soll.

"Für die nahe Zukunft bleibt die Führung der technischen Abteilungen stabil. Sie erfolgt durch die bewährten und etablierten leitenden Direktoren", hieß es seitens Mercedes. Aldo Costa bleibt Engineering Director, Mark Ellis Performance Director, Rob Thomas Chief Operating Officer und Geoff Willis Technology Director. Lowe war neben Teamchef Toto Wolff als Executive Director Technical tätig. Allison könnte laut Ferrari-Vereinbarung Ende März bei einem neuen Team anheuern.

Wolff und Niki Lauda holten Lowe 2013 von McLaren zu Mercedes. Die Verpflichtung war einer der Gründe, warum der neue F1-Sportdirektor Ross Brawn damals das Team verließ. Drei Konstrukteursweltmeisterschaften und ebenso viele Fahrertitel holte Mercedes unter der technischen Leitung von Lowe in den vergangenen Jahren.

Paddy Lowe mit Williams-Teamchefin und Gründertochter Claire Williams, Foto: Sutton
Paddy Lowe mit Williams-Teamchefin und Gründertochter Claire Williams, Foto: Sutton

Rückkehr zu den Wurzeln

Für Lowe wäre der Wechsel zu Williams eine Rückkehr zu den Wurzeln. In Grove sammelte er seine ersten Erfahrungen in der Formel 1 als Joint Head of Electronics während seiner sechsjährigen Zeit beim Williams Team. In dieser Zeit verantwortete Lowe unter anderem die aktive Radaufhängung, mit der Nigel Mansell 1992 den Weltmeistertitel gewann.

1993 zog es Lowe in Richtung McLaren. Acht Jahre lang leitete er die Forschungs- und Entwicklungsabteilung des Teams aus Woking und zeichnete dabei für verschiedene innovative Kontrollsystemprojekte verantwortlich. Außerdem legte er den Grundstein für den Simulator. Im Jahr 2001 wurde er zum Chefingenieur für System-Entwicklung ernannt. Danach übernahm Lowe von 2005 bis 2011 die Position des Engineering Director, bevor er im Januar 2011 zum Technischen Direktor befördert wurde.