Sponsorentermine am laufenden Band, Besuche in der Teamfabrik, Training ohne Ende und obendrein noch 20 Grands Prix: So etwas wie Freizeit kannte Nico Rosberg während seiner Jahre in der Formel 1 quasi nicht. Und jetzt? Jetzt ist der amtierende Weltmeister Frührentner, kümmert sich um seine Familie, fährt ein bisschen Kart. Ein ganz normales Leben im Freistaat Monaco eben.

Dass Rosberg jetzt deutlich mehr Zeit hat als früher, bekommt auch sein Freundeskreis zu spüren. Der eine oder andere dürfte sich gewundert haben, dass der Name 'Nico Rosberg' nun häufiger auf dem Handy-Display auftaucht. Vor allem Bekannte in greifbarer Nähe. Zum Beispiel Maro Engel, Monaco-Nachbar und Kumpel seit Kindergarten-Zeiten.

Wenn der Rosberg zweimal klingelt...

"Eins merke ich auf jeden Fall: Es kommen jetzt deutlich mehr SMS von ihm, ob ich Zeit habe zum Backgammon spielen oder Lust, etwas zu unternehmen. Man merkt schon, dass er jetzt ein bisschen mehr Freizeit hat. Als sein Freund freue ich mich jedenfalls, dass er für sich die richtige Entscheidung getroffen hat", sagte Engel lachend über den kontaktfreudigen Rosberg im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com.

Rosberg und Engel sind beide 31 Jahre jung. Während der eine auf dem Höhepunkt seiner Karriere abgedankt hat, hat der andere seinen vorläufigen Höhepunkt gerade erreicht. Engel startet in dieser Saison gleichzeitig in der Formel E und der DTM. "Nico hat sich sehr für mich gefreut und mir gratuliert", sagte Engel. "Er hat für sich den Weg gewählt, auf dem Höhepunkt zurückzutreten. Nico ist sehr klar in seinem Denken. Wenn er sich etwas vornimmt, dann setzt er es auch um."

Breaking News beim Mittagessen

Doch Engel gehörte nicht zum erlauchten Kreis der Auserwählten, denen Rosberg - via SMS - seinen Rücktritt ankündigte, kurz bevor er offiziell wurde. Nein, Engel erfuhr die Breaking News gar über Dritte. "Zu dem Zeitpunkt war ich beim DTM-Test in Jerez", erzählte Engel. "Ich war gerade aus dem Auto ausgestiegen, um Mittag zu essen - da hat mir Edo Mortara von Nicos Rücktritt erzählt. Ich dachte erst, dass er nur einen Witz macht!"

Doch Rosberg pflegte bekanntlich nicht zu spaßen. Der Rücktritt nach mehr als 20 Jahren Motorsport war sein bitterer Ernst. Wie gut ihm die neu gewonnene Freizeit tut, merkte man in den vergangenen Wochen deutlich. Frisch und frei tourte er in der Weltgeschichte umher, besuchte Businesskongresse in Davos, Uhrenmessen in der Schweiz oder Motorsportevents in Düsseldorf. Wollte er nicht eigentlich mehr Zeit zuhause verbringen?

Anno 2002 in der Formel BMW: Max Götz, Nico Rosberg und Maro Engel - haben sich optisch kaum verändert, Foto: Sutton
Anno 2002 in der Formel BMW: Max Götz, Nico Rosberg und Maro Engel - haben sich optisch kaum verändert, Foto: Sutton

Bitte kein Bierbauch

Aktuell ist Rosberg noch voll in seinem bekannten Reise-Rhythmus drin, auch beim Training hat er nicht nachgelassen. Auch, um keinen Bierbauch anzusetzen, wie er es selbst ausdrückte. Doch irgendwann wird sicherlich die Zeit kommen, in der mal keine Events anstehen - und vor allem die Formel 1 wieder beginnt. Rosberg will fünf bis sechs Rennen besuchen, in seiner neuen Rolle als Markenbotschafter von Mercedes.

Ob ihn das Rennfieber beim Besuch im Fahrerlager wieder packt? Davon ging Rosberg erst einmal nicht aus. Um seine Adrenalin-Sucht zu befriedigen, wusste er aber schon eine passende Alternative. "Bestimmt wird der Tag kommen, wo ich ein paar Sachen vermisse", sagte er. "Das ist ja schon eine riesige Lebensveränderung. Aber wenn ich das Adrenalin vermisse, dann gehe ich zu meinem Go-Kart und gebe mit meinen Kumpels Gas. Dann wird das schon wieder okay." Oder eben eine Partie Backgammon mit Kumpel Maro...

Monaco ist nicht Hollywood

Wenn es noch ein wenig mehr Action sein soll, könnte es sogar in Richtung Film-Business gehen. Rosberg ließ seine Qualitäten vor der Kamera erst kürzlich in einem Werbespot für Mercedes aufblitzen - von Action war da allerdings wenig zu sehen. "Ich kenne ein paar gute Schauspieler und sage nicht nein", so Rosberg. "Ich zweifele aber, dass ich die schauspielerischen Fähigkeiten dazu habe."

Ohnehin würde der Hollywood-Weg nur bedingt zu Rosbergs neuem Weg passen, den er jetzt eingeschlagen hat: "Ich möchte einfach mein eigenes Leben kontrollieren ohne Leute, die mir sagen, was ich jetzt machen soll." Diese Aufgabe bleibt jetzt erst mal Ehefrau Vivian vorbehalten.