Am Montagabend ist die Bombe endgültig geplatzt - Bernie Ecclestone ist ab sofort nicht mehr Chef der Formel 1! Der 86-Jährige bestätigte jetzt, was sich seit dem vergangenen Wochenende abgezeichnet hatte - für Bernie ist nach rund 40 Jahren Feierabend in der Königsklasse. "Ich wurde heute abgesetzt", sagte Ecclestone zu Auto-Motor-und-Sport. "Bin einfach weg. Das ist offiziell. Ich führe die Firma nicht mehr. Meine Position wurde von Chase Carey übernommen."

Am späten Montagabend bestätigte Liberty Media Ecclestones Aus in einem offiziellen Statement und gab gleichzeitig die erfolgreiche Übernahme der Formel 1 bekannt. "Ich möchte Bernie Ecclestone, der nun Ehrenvorsitzender wird, danken für seinen gewaltigen Erfolg, diesen bemerkenswerten globalen Sport aufzubauen", wurde Liberty-Präsident Greg Maffei zitiert.

Ecclestone-Aus: Key Facts

  • Bernie Ecclestone nicht mehr F1-Geschäftsführer
  • Ecclestone wird jetzt Ehrenpräsident
  • Bernie: "Ich führe diesen Titel ohne zu wissen, was er bedeutet."
  • Ross Brawns Rückkehr perfekt
  • Brawn verantwortlich für Sportliches, Sean Bratches für Kommerzielles
  • Liberty Media bestätigt erfolgreiche F1-Übernahme
Ecc-xit! Ecclestones F1-Aus ein Fluch oder Segen? (13:47 Min.)

Dank an Bernie

Ecclestones Nachfolger Carey sagte: "Ich möchte Bernies Führung über die Jahrzehnte hinweg anerkennen und danken. Wegen ihm und seinen talentierten Mitarbeitern, die er führte, ist der Sport heute wie er ist. Er wird immer ein Teil der F1-Familie sein."

Laut dem Liberty-Statement stehe Ecclestone der neuen Formel-1-Führung mit seinem Rat zur Seite. Der Sport biete riesiges Potenzial und zahlreiche Gelegenheiten, die sich noch erschließen ließen. Carey weiter: "Bernies Rolle als Ehrenvorsitzender ist angemessen angesichts seines gewaltigen Beitrags zum Sport. Ich bin dankbar für seinen weiteren Einblick und seine Beratung, während wir die F1 zu einem langanhaltenden Erfolg aufbauen zum Genuss aller Beteiligten."

Wie viel Ecclestone von dieser zweifelhaften Ehre hält, sagte er selbst: "Meine neue Position ist jetzt so ein amerikanischer Ausdruck. Eine Art Ehrenpräsident. Ich führe diesen Titel ohne zu wissen, was er bedeutet." In seiner neuen Rolle ist Ecclestone effektiv raus aus dem Geschäft. Um Sponsoring-Deals, Rennstreckenverträge und die Vermarktung der Formel 1 kümmern sich seine Nachfolger.

Brawn-Rückkehr perfekt

In den Startlöchern stehen der frühere ESPN-Chef Sean Bratches sowie ein Altbekannter der F1: Ross Brawn, früheres Superhirn von Michael Schumacher bei Ferrari und Weltmeister-Teamchef mit seinem eigenen Rennstall. Bratches soll sich um die kommerzielle Seite der Formel 1 kümmern, Brawn um die sportliche. Liberty bestätigte die Verpflichtung der beiden am späten Montagabend.

"Es ist fantastisch, in die Welt der Formel 1 zurückzukehren", sagte Brawn. "Es hat mir Spaß gemacht, Liberty Media in den vergangenen Monaten zu beraten. Ich freue mich darauf, mit Chase, Sean und den Formel-1-Teams an der Evolution des Sports zu arbeiten. Wir haben eine fast beispiellose Gelegenheit, mit den Teams, Promotoren - und vor allem den Fans - an einer besseren F1 zu arbeiten."

Brawns neuer Kollege Bratches sprach von neuen digitalen Möglichkeiten und neuartigen Erfahrungen an den Rennstrecken, um den Fans bestmöglich zu dienen. "Ich bin sehr gespannt darauf, in die Formel 1 einzutreten und meinen Teil zum kontinuierlichen Wachstum dieser außergewöhnlichen globalen Marke und Sport beizutragen", sagte Bratches. "Die Formel 1 ist eine der wenigen erstklassigen Sportarten. Ich habe mit den vielfältigen Möglichkeiten den Ansporn, das Business zu vergrößern sowie eng mit aktuellen und künftigen Sponsoren, Rennstrecken und TV-Rechtehaltern zusammenzuarbeiten."

Was macht Bernie jetzt?

Wie es genau mit Ecclestone weitergeht, wusste der Brite selbst noch nicht so recht. "Meine Tage im Büro werden jetzt etwas ruhiger", sagte er. "Vielleicht komme ich auch mal zu einem Grand Prix. Ich habe immer noch viele Freunde in der Formel 1. Und ich habe noch genug Geld, um mir den Besuch bei einem Rennen leisten zu können."

Ganz raus aus dem F1-Zirkus ist Ecclestone allerdings nicht. Nach der Übernahme durch Libery Media - künftig unter dem Namen Formula One Group - hält der Milliardär noch immer 2,1 Prozent Anteile an der Formel 1. Unter der früheren Leitung durch CVC Capital waren es 3,3 Prozent gewesen. Allerdings verfügt Ecclestone nicht mehr über Verfügungsgewalt. Den Kurs geben jetzt neue Leute vor.

Die Eigentumsverhältnisse der Formel 1:

Vor Liberty Media Einstieg Nach dem zweiten Closing
Malone - 3,1 %
Maffei - 1,0 %
Liberty Media Rest - 31,2 %
Liberty Media Gesamt - 35,3 %
CVC 38,1 % 24,7 %
Waddell & Reed 20,5 % 13,3 %
LBI 12,1 % 7,8 %
Bambino Holdings 8,4 % 5,4 %
Norges 4,1 % 2,7 %
Bernie Ecclestone 3,3 % 2,1 %
Management 2,8 % 1,8 %
Übrige 10,6 % 6,9 %
Anteile ohne Liberty Media 100 % 64,7 %

Raus aus dem Weltrat?

Ob Ecclestone seinen Posten im Weltrat des Automobilverbandes FIA behält, ist unklar. "Ich zweifle daran", sagte Ecclestone selbst. "Da muss ich erst mit Jean Todt darüber sprechen." Der neue mächtige Mann in der Formel 1 ist ab sofort Chase Carey. Der US-Unternehmer ist Präsident und Geschäftsführer der neuen Formel-1-Gesellschaft.

Neben Ecclestone sollen weitere bisherige Mitglieder der Vorstandsetage abtreten. Dazu zählen Martin Sorrell (Chef der WPP Group), Jean-Marc Huet (früherer Chef von Unilever) sowie Chong Seng Kwa, der frühere Asia-Chef von Exxon Mobil. Peter Brabeck-Letmathe - Chase Careys Vorgänger als F1-Geschäftsführer - soll hingegen an Bord bleiben. Donald Mackenzie, Vize-Chef von CVC Capital, behält seinen Vorstandsposten an der Seite von Sean Mahoney, der für die Bank Lehman Brothers im F1-Vorstand saß.

In der vergangenen Woche war Liberty Media ein weiterer großer Schritt in Richtung Formel-1-Übernahme gelungen. Die FIA hatte bei einer außerordentlichen Sitzung des World Motor Sport Council ihr grünes Licht gegeben und auch Liberty Aktionäre hatten zugestimmt. Liberty Media hält nach dem zweiten Closing 35,3 Prozent an der Formel 1.

Ein Leben voller Kontroversen

Bernie Ecclestone war mehr als 40 Jahre lang das Gesicht der Formel 1. Der kleine Brite übernahm Anfang der 70er-Jahre das Ruder der Formel 1 und führte eine neue Qualität der Professionalisierung in den Sport ein. Ecclestone verantwortete die kommerzielle Seite, handelte TV-Verträge aus und fädelte immer wieder neue Deals mit Rennstrecken in aller Welt aus. Als Geschäftsführer der Formula One Group unter der Leitung von CVC Capital verwandelte er die Formel 1 in ein Milliarden-Business und trieb die Globalisierung des Sports immer weiter voran.

Der Mann aus dem britischen Ipswich fuhr bis 1958 selber Autorennen und kam so mit der Formel 1 in Kontakt. Er war für zwei Grands Prix gemeldet, dem Monaco GP sowie dem Großen Preis von Großbritannien. Allerdings konnte sich Ecclestone für beide Rennen nicht qualifizieren. Später übernahm er das Brabham-Team als Besitzer und trat zudem als Manager des früheren Formel-1-Piloten Jochen Rindt auf. Gemeinsam mit dem früheren FIA-Präsidenten Max Mosley leitete er die Geschicke der Formel 1 zumeist unabhängig, mit Nachfolger Jean Todt lag er stets im Clinch.

Ecclestone gehört seit Jahren zu den streitbarsten Personen in der Welt des Profi-Sports. Immer wieder sorgte der Multimilliardär für Kontroversen, die Schlagzeilen machten. So ging 2009 ein Interview mit ihm um die Welt, in dem er sich äußerst fragwürdig über Adolf Hitler ausließ ('Er wusste, wie man Dinge erledigt'). Im Zuge der Gribkowsky-Affäre erhob die Staatsanwaltschaft München 2013 Anklage gegen Ecclestone wegen Bestechung und Anstiftung zur Untreue in einem besonders schweren Fall. Später wurde die Klage gegen eine Zahlung von 100 Millionen Dollar fallen gelassen.

Redaktionskommentar

Motorsport-Magazin.com meint: Es hatte sich abgezeichnet, jetzt ist es perfekt: Bernie Ecclestone ist raus aus dem Business! Und zwar komplett raus. Eine mutige Entscheidung von Liberty, den Mann rauszuwerfen, der 40 Jahre lang alle Zügel der Formel 1 in der Hand hielt. Sein Netzwerk ist Milliarden wert - das müssen sich die Neuen erst mal erarbeiten. Ob Bernie noch Bock hat, als Berater in der Übergangszeit auszuhelfen? Mehr als fraglich. Sicher, Ecclestone hatte seine verschrobene Art - auch dem Alter geschuldet - und wehrte sich gegen neumodische Dinge wie das Internet. Aber: Ohne Bernie wäre die F1 garantiert nicht das Milliarden-Business, das es heute ist. Der Wettbewerb auf dem Sport- und TV-Markt ist riesig. Trotzdem zahlen die Fernsehsender weiter wie blöd für die Übertragungsrechte - und sicherten damit den Erhalt der Formel 1. Das kann sich allein Bernie auf die Fahne schreiben. Jetzt brechen neue Zeiten an. Make F1 great again? Wie bei Trump gilt: abwarten mit zitternden Händen. (Robert Seiwert)