Die Formel-1-Saison 2016 brachte einen Rekord, der zumindest im nächsten Jahr weder eingestellt noch übertroffen werden wird: Zwischen März und November standen 21 Rennen rund um den Erdball auf dem Programm, so viele wie noch nie zuvor in der langen Geschichte der Formel 1. Viel Stress für die Teams und Fahrer, aber auch für die übertragendenden Fernsehstationen. Motorsport-Magazin.com analysiert, ob die vielen Rennen zu einer Übersättigung des Publikums geführt haben, oder die Zuschauer sich auch für 21 Grands Prix begeistern konnten.

In den letzten Jahren nahm das öffentliche Interesse an der Formel 1 in Deutschland sukzessive ab. Das gipfelte in einem historischen Tiefstwert von durchschnittlich nur noch 4,20 Millionen Zuschauern pro Rennen in der Saison 2015. 2010 waren es hingegen noch 6,29 Millionen gewesen, und zu Michael Schumachers Glanzzeiten bei Ferrari saßen sogar oft mehr als zehn Millionen Formel-1-Fans am Sonntagnachmittag vor dem Fernsehschirm.

Starkes Saisonfinale freut RTL

Das Wichtigste vorneweg: RTL konnte den Negativtrend in der vergangenen Saison stoppen und 2016 erstmals seit vielen Jahren wieder Zugewinne verbuchen. Durchschnittlich verfolgten 4,51 Millionen Zuschauer die 21 Rennen und damit mehr als in den letzten beiden Jahren. Stellt man die Reichweiten der Rennen von 2015 und 2016 gegenüber, so fällt auf, dass es bei zehn Rennen einen Zuschauerrückgang zu verzeichnen gab, der Ungarn GP exakt auf demselben Niveau blieb und nur acht Rennen zulegen konnten (der Deutschland GP und Europa GP fanden 2015 nicht statt, deshalb gibt es keine Vergleichswerte).

Das Brasilien-Chaos brachte RTL die besten Quoten, Foto: Sutton
Das Brasilien-Chaos brachte RTL die besten Quoten, Foto: Sutton

Obwohl mehr Rennen negativ als positiv bilanzierten, liegt der Grund für das Zuschauerplus über die Saison hinweg gesehen darin begründet, dass sich die Verluste mit Ausnahme des Großen Preises von Malaysia in Grenzen hielten. 1,16 Millionen Fans weniger als 2015 verfolgten das Rennen in Sepang, was in erster Linie daran lag, dass Sebastian Vettel diesmal nicht wirklich konkurrenzfähig war, wohingegen er im letzten Jahr seinen ersten Sieg in Diensten von Ferrari gefeiert hatte.

Demgegenüber stehen allerdings gleich drei Rennen mit Zugewinnen von mehr als 1,5 Millionen Zuschauern. In Monaco, dem einzigen Grand Prix, wo mit Daniel Ricciardo kein Mercedes-Pilot auf der Pole Position stand, waren 1,59 Millionen Fans mehr als 2015 mit von der Partie. Das dramatische Finale mit erfolgreichem Ende für Nico Rosberg legte um 2,17 Millionen zu, und den chaotischen Brasilien GP mit seinen zwei Regenunterbrechungen sahen sogar 2,38 Millionen Zuschauer mehr als im Vorjahr. Zieht man einen Strich unter diese Bilanz, steht ein Zugewinn von 310.000 Zuschauern zu Buche.

Das meistgesehene Rennen der zurückliegenden Saison war der Große Preis von Brasilien, der sich aufgrund von Wetterkapriolen über mehr als drei Stunden erstreckte. 6,83 Millionen Zuschauer wollten sich dieses Spektakel nicht entgehen lassen, letztmalig zuvor hatte der Monaco GP 2013 auf größeres Interesse gestoßen. Damit übertrumpfte das Rennen in Interlagos sogar das Saisonfinale von Abu Dhabi, für das sich durchschnittlich exakt sechs Millionen Formel-1-Fans begeisterten.

Beim Rennen mit den wenigsten Zuschauern handelte es sich schon traditionell um den Saisonauftakt in Australien - um sechs Uhr morgens mitteleuropäischer Zeit fanden sich lediglich 1,94 Millionen Formel-1-Fanatiker vor dem Bildschirm ein. Das waren aber dennoch 230.000 mehr als im vorangegangenen Jahr, und mit der Wiederholung am Sonntagvormittag durfte sich RTL in Summe dann doch über 3,77 Millionen Zuschauer freuen.

Nico Rosbergs Titelgewinn verfolgten durchschnittlich sechs Millionen Zuschauer, Foto: Sutton
Nico Rosbergs Titelgewinn verfolgten durchschnittlich sechs Millionen Zuschauer, Foto: Sutton

Neben dem bereits erwähnten Malaysia GP (3,16 Millionen) stießen auch die Rennen in Japan (2,27 Millionen), China (3,20 Millionen) sowie Kanada (3,81 Millionen) auf verhältnismäßig geringes Interesse. Für die Quoten des Grand Prix' in Kanada war es freilich wenig zuträglich, dass sich die Schlussphase des Rennens mit dem Beginn des EM-Spiels zwischen Deutschland und der Ukraine überschnitt. Alle anderen Rennen konnten Zahlen jenseits der Marke von vier Millionen Zuschauern verbuchen.

Einen Anstieg konnte RTL nicht nur die absoluten Zuschauerzahlen betreffend verzeichnen, sondern auch die Marktanteile, die angeben, wie viele der gerade fernsehenden Menschen eine Sendung verfolgen, legten zu. In der allgemeinen Zielgruppe ab drei Jahren belief sich der durchschnittliche Marktanteil nach 24,5% im Vorjahr auf 25,1%, und in der Zielgruppe der werberelevanten 14-59-Jährigen waren es 23,5% nach 23,1%.

Die höchsten Marktanteile erzielte aufgrund der frühen Sendezeit der Große Preis von Japan mit 38,3%, während das Rennen in Kanada mit 10,3% die schlechtesten Werte einfuhr.

Formel-1-Zuschauerzahlen 2015 und 2016 auf RTL:

RennenZuschauer 2016Zuschauer 2015MA (3+) 2016MA (3+) 2015MA (14-59) 2016MA (14-59) 2015
Australien1.940.0001.710.00038,2%38,4%37,0%34,4%
Bahrain4.440.0004.940.00025,0%29,4%22,5%27,4%
China3.200.0003.840.00034,2%42,6%30,3%40,3%
Russland4.450.0004.210.00030,1%28,2%27,9%25,2%
Spanien4.570.0004.270.00027,0%32,2%23,8%29,1%
Monaco5.810.0004.220.00034,8%31,2%33,0%27,7%
Kanada3.810.0004.430.00010,3%14,4%10,2%14,1%
Europa4.600.000-27,4%-25,2%-
Österreich4.290.0004.800.00027,8%29,6%25,3%28,5%
Großbritannien4.320.0004.650.00030,2%30,2%27,8%27,2%
Ungarn4.620.0004.620.00032,1%32,8%29,5%32,0%
Deutschland4.940.000-31,0%-27,7%-
Belgien4.660.0004.260.00031,3%29,7%28,0%28,6%
Italien4.680.0004.990.00028,1%29,2%24,5%26,5%
Singapur4.920.0005.250.00028,4%31,6%26,8%30,0%
Malaysia3.160.0004.320.00030,7%38,4%28,3%35,5%
Japan2.270.0002.460.00038,3%40,3%33,6%39,6%
USA4.340.0004.590.00013,4%12,6&12,5%12,4%
Mexiko4.490.0003.710.00012,6%10,3%12,6%9,8%
Brasilien6.830.0004.450.00024,2%18,6%23,3%17,2%
Abu Dhabi6.000.0003.830.00032,0%20,%28,9%18,7%
Durchschnitt4.510.0004.200.00025,1%24,5%23,5%23,1%

Es knistert bei RTL

Angesichts der erfreulichen Zahlen fällt das Resümee in der Kölner RTL-Zentrale durch die Bank positiv aus. "Die Formel 1 lebt! Die deutliche Steigerung gegenüber dem Vorjahr ist ein sehr eindeutiger Hinweis darauf, dass Deutschland die Königsklasse liebt. Schon jetzt freuen wir uns auf die neue Saison, die durch zahlreiche Regel-Veränderungen noch mehr Spannung und Action verspricht", sagt Sportchef Manfred Loppe.

Gekrönt wurde das Jubiläums-Jahr - RTL überträgt die Formel 1 durchgehend seit 25 Jahren - mit der von Bernie Ecclestone verliehenen Auszeichnung für den besten TV-Sender der Saison. "Wir sind seit 25 Jahren glücklich verheiratet und es knistert immer noch", meint Loppe zu einem Vierteljahrhundert Königsklasse bei RTL. Der aktuelle Vertrag mit der Formel 1 endet nach Abschluss der Saison 2017.

Österreich: ORF freut sich über Plus

Ähnlich wie in Deutschland stellte sich das Bild auch in Österreich dar. Der ORF verbuchte über die 21 Rennen hinweg eine durchschnittliche Zuschauerzahl von 434.000, was gegenüber dem letzten Jahr ein ordentliches Plus ergibt - 2015 saßen im Mittel 417.000 Zuschauer vor dem TV-Schirm, wenn die Königsklasse ihre Kreise drehte. "Unsere Saisonbilanz fällt sehr gut aus. Wir haben eine Steigerung der ZuseherInnenzahl von fast zehn Prozent und eine Steigerung des Marktanteils von sechs Prozent", sagt ORF-Sportchef Hans Peter Trost bei Motorsport-Magazin.com.

ORF-Kommentator Ernst Hausleitner genießt in Österreich große Beliebtheit, Foto: Sutton
ORF-Kommentator Ernst Hausleitner genießt in Österreich große Beliebtheit, Foto: Sutton

Die meistgesehenen Rennen waren wie in Deutschland die Großen Preise von Brasilien und Abu Dhabi mit 662.000 beziehungsweise 644.000 Zuschauern. Dahinter auf Platz drei rangiert wenig überraschend das Rennen in Spielberg, das mit 652.000 Zuschauern auf fast ebenso großes Interesse wie das Saisonfinale stieß und einen starken Marktanteil von 47 Prozent einfuhr. Genauso hoch war der Marktanteil übrigens auch im März in Australien, damals sahen allerdings nur 200.000 Zuschauer zu - Saisonminus.

Verantwortlich für die guten Zahlen macht man am Küniglberg neben dem spannenden Zweikampf der Mercedes-Piloten auch die journalistische Ausrichtung mit dem beliebten Kommentatoren-Duo Ernst Hausleitner und Alexander Wurz. "Damit ist uns ein tolles Alleinstellungsmerkmal gelungen" freut sich Trost, der hinsichtlich 2017 aufgrund der Veränderungen im Reglement ein weiter steigendes Zuschauerinteresse erwartet und ankündigt: "Wir werden den Fokus weiterhin auf hochwertige Live-Berichterstattung aus österreichischer Sicht legen."

Dennoch ziehen über der Formel-1-Berichterstattung im ORF dunkle Wolken auf. Weil in den nächsten Jahren großflächige Sparmaßnahmen vonnöten sind, kündigte Generaldirektor Alexander Wrabetz an, dass der öffentlich-rechtliche Sender nach Ablauf des aktuellen Vertrages ab 2020 auf die Königsklasse verzichten wird. Wrabetz rechnet damit, dass die Formel 1 künftig nur noch im Pay-TV zu sehen sein wird. "Da können und wollen wir nicht mitbieten."