Kurz war da wieder dieses so wohl bekannte Gefühl. Auf dem Podium stehen. Mit Champagner spritzen, sich von der Formel-1-Welt feiern lassen. Ein Gefühl, das Fernando Alonso zum letzten Mal vor ziemlich genau zweieinhalb Jahren spüren durfte. Damals, 2014 beim Ungarn Grand Prix im Ferrari. Seitdem sind viele Rennen vergangen.

Dann kam Monaco 2016. Im Regen fuhr Alonso mit seinem McLaren völlig überraschend auf den fünften Platz. Eine kleine Sensation, die das alte Verlangen im Spanier aufflammen ließ. "Ich dachte, wenn zwei Autos vor mir ausfallen, könnte es mit dem Podium klappen", sagte Alonso und dachte an die guten alten Zeiten.

Der Mythos

Trotz der in den letzten Jahren ausbleibenden Erfolge und Demütigungen ist Alonso Erstaunliches gelungen. Noch immer gilt der 35-Jährige allgemein als komplettester Fahrer der gesamten Formel 1. Wie er diesen Mythos aufrechterhalten konnte, stellte Alonso in der abgelaufenen Saison einmal mehr eindrucksvoll unter Beweis. Im verbesserten, aber weiter unterlegenen McLaren-Honda zeigte er zeitweise Leistungen wie während seiner weltmeisterlichen Jahre. Die Aufholjagd in Spa etwa, als er sich aus der letzten Reihe bis auf Platz sieben vorkämpfte.

Fernando Alonso, der ewige Kämpfer. Der Motivator. Als er in dieser Woche in der McLaren-Fabrik vorbeischaute, schwörte er die gesamte Truppe für das kommende Jahr ein. "Ich glaube an dieses Ziel und möchte Weltmeister werden mit McLaren-Honda", sagte er. "Das ist mein einziges Ziel." Eine Ansage genau zum richtigen Zeitpunkt. Hätte er stattdessen öffentlich mit dem noch zu besetzenden Mercedes-Cockpit geflirtet, wäre das ein herber Dämpfer für die Moral in Woking gewesen.

Fernando Alonso feierte in Hockenheim seinen 35. Geburtstag, Foto: Sutton
Fernando Alonso feierte in Hockenheim seinen 35. Geburtstag, Foto: Sutton

Der letzte Kämpfer

Fernando Alonso, der letzte Kämpfer. Jenson Button hat sich verabschiedet, Ron Dennis wurde rausgeworfen. Bleibt nur noch Alonso übrig von der alten Garde, die sich durch die Zusammenarbeit mit Motorenpartner Honda so viel erhofft hatte. Jetzt sieht er sich im Herbst seiner Karriere mit neuen Herausforderungen konfrontiert. Medien- und Businessexperte Zak Brown hat das Führungssteuer bei McLaren übernommen, mit Stoffel Vandoorne kommt ein junger Wilder ins Team. Browns Vision: McLaren muss wieder sexy werden, für Fans und Sponsoren. Auch für Alonso?

Fernando Alonso, der Stratege. Die Verbalklatsche von Suzuka 2015 - Stichwort: GP2-Auto - bleibt wohl auf ewig unvergessen. Im Katastrophen-Jahr suchte Alonso die offene Konfrontation mit dem japanischen Partner wo immer es nur ging. Ganz anders in der Saison 2016, obwohl die Power Unit von Honda noch immer nicht standfest war.

Alonso überschüttete den Motorenlieferanten mit Lob, ja, sogar die gesamte Nation. "Von Tag eins an fand ich es interessant, mit Honda zu arbeiten. Vor allem die Philosophie und Herangehensweise, mit der sie Rennsport betreiben und die sie auch auf das Leben ausweiten", sagte er in Suzuka - der wohl schlechtesten Saisonleistung von McLaren.

Auf Fernando Alonso warten 2017 neue Herausforderungen, Foto: Sutton
Auf Fernando Alonso warten 2017 neue Herausforderungen, Foto: Sutton

Der ewige Optimist

Fernando Alonso, der Optimist. Noch immer hat er einen dritten WM-Titel nicht abgeschrieben. Noch immer glaubt wohl niemand außer ihm, dass es zu seiner aktiven Zeit noch klappen wird. Doch davon ließ sich Alonso in der Vergangenheit nicht beirren, sprach immer wieder von Fortschritt - so wie Honda seit inzwischen zwei Jahren. Das Chassis sei 2016 mit das beste der gesamten Formel 1 gewesen, hieß es zwischenzeitlich sogar. Umgekehrt: Wie schwach ist dann noch immer die Honda Power Unit?

Fernando Alonso, wann ist denn Schluss? Jenson Button hat im zarten Alter von 36 abgedankt, Alonso ist ein Jahr jünger. Was, wenn McLaren 2017 weiter vor sich hinkrebst? Sind Mittelfeldsiege gegen Williams oder Force India auf Dauer befriedigend? Alonso ist immerhin überzeugt: Mit steigendem Alter wird er nur besser. Wird es die Partnerschaft aus McLaren und Honda auch?

"Wenn du eines Tages aufhörst, liegt das nicht daran, dass du langsamer geworden bist - sondern daran, dass du keine Lust mehr hast", sagte Alonso zu Motorsport-Magatzin.com. "Keine Lust auf das Reisen, auf die Medien. Aber wenn du dein Leben 20 Jahre lang offenlegst, du 20 Jahre lang in den Zeitungen und im Fernsehen bist. Dann willst du vielleicht mal, dass es ein Ende hat, denn das echte Leben ist auf der anderen Seite der Garage. Wegen all diesen Dingen hörst du auf. Nicht, weil du vier oder fünf Zehntel langsamer bist als vor 20 Jahren."