Was wäre denn deine Überschrift, wenn du unser Magazin von Saisonbeginn jetzt siehst?
Pascal Wehrlein: Die gleiche.

Deutschlands neue Hoffnung? Aber bist du noch eine Hoffnung oder hast du es schon bewiesen?
Pascal Wehrlein: Bewiesen, dass ich den Titel holen kann? Nein. Deswegen immer noch Hoffnung.

Hast du die Onboard von deiner Startrunde in Melbourne bekommen? Die wolltest du ja unbedingt...
Pascal Wehrlein: Nein, habe ich nicht. Leider nicht. Aber ich hatte glaube ich einen ähnlich guten Start in Malaysia mit acht Plätzen oder zehn Plätzen...

Was bleibt bei dir von deiner ersten Formel-1-Saison hängen?
Pascal Wehrlein: Viel. Ziemlich viel Positives. Bevor wir das erste Rennen gefahren sind, wussten wir nicht, wo wir stehen und ob wir überhaupt in der Lage sein werden, mit anderen Teams zu kämpfen. Dieses Ziel haben wir definitiv erreicht. Dann habe ich mir persönliche Ziele gesteckt, wie Highlights zu setzen, mal einen Punkt zu holen. Highlights habe ich gesetzt, ich war vier Mal in Q2 und Platz 12 war mein bestes Qualifying-Ergebnis. Dann den Punkt in Österreich geholt. Meine persönlichen Ziele habe ich also auch erreicht.

Großer Jubel: Manor feiert Pascal Wehrleins Punktgewinn in Spielberg, Foto: Sutton
Großer Jubel: Manor feiert Pascal Wehrleins Punktgewinn in Spielberg, Foto: Sutton

Das einzige, was die Sache ein wenig vermiest, ist, dass wir in Brasilien Platz zehn gegen Sauber verloren haben. Es wäre natürlich schön gewesen, vor ihnen zu bleiben, aber wir haben ja noch ein Rennen, wer weiß, was passiert. Wir wissen, dass es sehr, sehr schwer wird und dass es wahrscheinlich nicht machbar ist. Aber trotzdem geben wir nicht auf.

Wehrlein lebt seinen Traum

Du hast deine Saison ja jetzt recht positiv beschrieben. Dennoch ist es anders als in deiner bisherigen Karriere, du bist in anderen Regionen unterwegs. Lebst du trotzdem den Traum Formel 1?
Pascal Wehrlein: Es ist definitiv ein Traum. Ich bin dieses Jahr dort gefahren, wo ich mein ganzes Leben fahren wollte und was ich mir mein ganzes Leben gewünscht habe. Für nächstes Jahr bin ich optimistisch, deswegen lebe ich definitiv meinen Traum.

Also kann man es so sagen, dass es besser ist, irgendwo in der Formel 1 zu fahren, als in der DTM Champion zu werden?
Pascal Wehrlein: So würde ich es nicht ausdrücken. Ohne arrogant klingen zu wollen oder einen falschen Eindruck entstehen zu lassen: Ich habe dieses Jahr sehr genossen und hatte Spaß, aber ich kann mir nicht vorstellen, bis zum Ende meiner Rennfahrerkarriere um diese Positionen zu fahren. Ich will eines Tages in der Formel 1 Rennen gewinnen, deshalb bin ich hier. Ich kann mir nicht vorstellen, mein Leben lang um die hintersten Positionen zu fahren.

Dann würde ich lieber wieder in die DTM gehen und dort um Siege und den Titel kämpfen. Aber ich sehe die Situation aktuell nicht so, dass ich angekommen bin und es jetzt nicht weiter geht. Es kann ja durchaus weiter gehen in ein paar Jahren, dass ich dann weiter nach vorne komme und eines Tages auch einen Rennsieg feiern kann.

Also würdest du sagen, der Siegeswille ist bei dir größer als der Wille, das ultimativ schnellste Auto zu bewegen?
Pascal Wehrlein: Ja.

Was hat dich in dieser Saison positiv und was negativ überrascht? Nicht nur sportlich, sondern insgesamt in der Formel 1.
Pascal Wehrlein: [überlegt lange] Das kann ich so spontan nicht beantworten. Es waren viele positive Sachen, seien es jetzt wie ich gesagt habe die Highlights, die ich gesetzt habe, viermal in Q2. In Barcelona beim Test bin ich das diesjährige Weltmeister-Auto gefahren, das sind alles positive Ereignisse. Aber eine richtige Überraschung war das nicht. Es ist schwierig zu sagen. Natürlich gab es auch negative Situationen, die besser hätten laufen können, aber da fällt mir jetzt auch nichts Konkretes ein.

In Brasilien verlor Manor Rang zehn an Sauber, Foto: Sutton
In Brasilien verlor Manor Rang zehn an Sauber, Foto: Sutton

Du möchtest nicht deine gesamte Karriere um die hinteren Plätze kämpfen, aber im nächsten Jahr wirst du dennoch erneut nicht an der Spitze kämpfen, ob mit Sauber oder Manor. Fühlt sich das ein wenig an wie Nachsitzen in der Schule? Oder Sitzenbleiben?
Pascal Wehrlein: Das kann man so überhaupt nicht sagen. Mein Ziel ist es, so viel wie möglich zu lernen, so viel wie möglich mitzunehmen. Ich glaube, von meiner Seite aus kann ich noch einiges verbessern, auf wie neben der Strecke. Deswegen geht die Welt nicht unter nächstes Jahr. Es wäre dann mein zweites Jahr Formel 1, nach einem Jahr bin ich noch nicht zu ungeduldig. Ich bin noch nicht an meinem Limit, ich kann noch einiges lernen, deswegen wäre es noch einmal eine große Chance.

Du meintest, du kannst sowohl auf, als auch neben der Strecke noch lernen. Offenbar hat sich Force India auch deshalb für Esteban entschieden, weil es menschlich besser gepasst hat. Du hattest ja ein Feedback-Gespräch mit Force India, kannst du daraus lernen?
Pascal Wehrlein: Ja, definitiv. Deswegen habe ich ja auch das Gespräch gesucht und wollte wissen, was ich von meiner Seite aus verbessern kann. Aus solchen Situationen lernt man, und dann ist es schade, dass eine Situation vor eineinhalb Jahren bei einem halben Testtag entscheidend war. Aber es ist so und daraus kann ich lernen.

Glaubst du, dass diese Situation jetzt, dieses eine Jahr mehr, das du bei Sauber oder Manor verbringen wirst, deinen Gesamtweg auf dem Weg zum Mercedes-Silberpfeil beeinflussen wird?
Pascal Wehrlein: Nein.

Langfristiges Ziel: Mercedes-Cockpit

Hast du langfristig den Silberpfeil noch im Visier, in dem du in drei Jahren sitzen willst, oder sagst du, im Red Bull ist es auch okay? Hauptsache, weiter nach vorne kommen?
Pascal Wehrlein: Ich bin Mercedes-Junior, natürlich will ich eines Tages gerne für Mercedes fahren. Aber es ist so, wie du sagst: Ziel ist es, weiter nach vorne zu kommen, um dann eines Tages auch in der Lage zu sein, Rennen zu gewinnen, um Podiumsplätze zu kämpfen.

Was war für dich nach der Force-India-Entscheidung das schwierigste? Dich vor die Medien zu setzen, obwohl du selbst noch grübelst?
Pascal Wehrlein: Es war überhaupt nicht schwierig. Ich habe mich kurz damit befasst und dann gesagt okay, es ist so, ich kann es nicht ändern. Das einzige ist, daraus zu lernen. Warum sollte ich mich damit beschäftigen? Es war eine Option für nächstes Jahr, die nicht geklappt hat.

Toto [Wolff] meinte bei uns im Interview, der Druck, den du und Esteban hier habt, ist Kindergarten im Vergleich zu dem, was im Silberpfeil wartet.
Pascal Wehrlein: Es ist auch richtig, was er sagt. Auch zu dem, was ich letztes Jahr in der DTM hatte. Klar, wir fahren hier um Platz zehn und darum, ein paar Highlights zu setzen. Aber es ist schon richtig, was Toto sagt. Auch der Druck in der DTM letztes Jahr war viel größer.

Wehrlein testete ausgiebig die Reifen für 2017, Foto: Mercedes-Benz
Wehrlein testete ausgiebig die Reifen für 2017, Foto: Mercedes-Benz

Ich habe zu Saisonbeginn fälschlicherweise gesagt, du seist Doppelverdiener bei Mercedes und Manor. Aber eigentlich bist du ja Dreifachverdiener.
Pascal Wehrlein: Dreifach? Warum?

Neben Mercedes und Manor auch Pirelli, du hast die meisten Testkilometer absolviert.
Wehrlein lacht

Ist es ein Vorteil für dich, dass du schon Erfahrungen im 2017er-Auto sammeln konntest? Gibt dir das bei Verhandlungen einen Vorteil?
Pascal Wehrlein: Erstmal ist es toll, dass mir Mercedes das Vertrauen gegeben hat, alle Tests zu machen. Das ist etwas sehr Positives und natürlich hilft es mir auch für die Zukunft. Es gibt mir mehr Erfahrung, auch in einem Formel-1-Auto allgemein, die man natürlich braucht nach meinen drei DTM-Jahren. Natürlich ist es gut, einen Eindruck zu haben, wie die Reifen nächstes Jahr werden könnten.

Aber die Autos waren komplett verschieden. Es waren ja modifizierte 2015er-Autos. Auf der einen Seite gibt es mir einen Vorteil, ich hab schon mal ein Gefühl, wie sich die Reifen verändern im Vergleich zu diesem Jahr. Aber realistisch gesehen waren die Tests nicht so nah dran an dem, was wir nächstes Jahr haben werden, weil die Autos doch sehr unterschiedlich waren. Aber die Erfahrung, für Mercedes in einem Formel-1-Auto zu fahren, hilft natürlich.

Pascal Wehrlein: Auch andere Rennserien sind schön

Machst du dir Gedanken über mögliche Alternativen, sollte es nächstes Jahr nicht mit der Formel 1 klappen?
Pascal Wehrlein: Ja, macht man sich immer.

Hast du etwas Spezielles im Kopf?
Pascal Wehrlein: Es gibt drei interessante Rennserien: V8 Supercars, Indycar und DTM.

In der DTM gibt es weniger Autos, bei Mercedes kommt Mortara. Dort gibt es auch nicht unbedingt einen Platz, oder?
Pascal Wehrlein: Mein Ziel ist es, in der Formel 1 zu bleiben und dort meinen Weg zu machen. Falls es nicht klappen sollte, werden sich Alternativen auftun.

Wirst du auf jeden Fall Rennen fahren oder käme es für dich in Frage, wieder ein Jahr bei Mercedes auf der Ersatzbank und im Simulator zu verbringen?
Pascal Wehrlein: So weit habe ich noch nicht gedacht, was wäre, wenn es kein Cockpit gibt. Ich denke, dass es nächstes Jahr irgendwie klappt mit einem Cockpit. Ich konzentriere mich auf meinen Job und falls es nicht klappen sollte, wäre der richtige Zeitpunkt, sich Gedanken über Alternativen zu machen und was das Beste für nächstes Jahr wäre. Aber noch sind wir nicht an dem Punkt angelangt.

Kollegen haben geschrieben, dass dein Vertrag mit Sauber bereits fix sei...
Pascal Wehrlein: Ich habe auch schon die Geschichte gehört, dass es fix wäre. Das stimmt aber überhaupt nicht, ich weiß nicht, woher sie diese Informationen haben wollen oder warum das frei erfunden wurde. Ich kann sagen, dass ich nichts unterschrieben habe, also stimmt es nicht. Es gibt immer Möglichkeiten, aber so wie der Artikel geschrieben war, hieß es, dass es fix sei. Das stimmt nicht.