Nach 20 Rennen der Formel-1-Saison 2016 steht es in der Weltmeisterschaft 367 zu 355 für Nico Rosberg im Kampf gegen Lewis Hamilton. Rennen Nummer 21, Abu Dhabi, wird die Entscheidung bringen. Es ist das erste Mal überhaupt, dass in einem Jahr 21 Grands Prix ausgetragen werden. Rosberg und Hamilton hielten die WM-Entscheidung bis zum Ende des Rekord-Kalenders offen. Es ist bereits das zweite Mal in ihrer Zeit als Teamkollegen, dass die beiden den Titel im letzten Rennen unter sich ausmachen. "Das zeigt, wie unglaublich ausgeglichen sie sind", meint Mercedes Motorsportchef Toto Wolff.

Doch die Ausgangslage ist klar: Hamilton kann den Titel nicht mehr aus eigener Kraft gewinnen - trotz seiner drei Siege bei den letzten drei Rennen. "Es war keine perfekte Saison und es scheint an diesem Wochenende schier unmöglich zu sein, egal was ich tue", sagt der dreimalige Weltmeister und verspricht: "Ich kann und werde nicht aufgeben. Man weiß nie, was passiert - egal, wie unmöglich es auch erscheinen mag. Ich werde auf mich und meine Leistung stolz sein, so lange ich das Gefühl habe, dass ich alles gegeben habe."

Sein Titelrivale Nico Rosberg verwaltet seit drei Rennen seinen Vorsprung in der Weltmeisterschaft - auch wenn er das nicht zugeben will. Seit seinem Sieg beim Großen Preis von Japan genügen Rosberg zweite Plätze, um Weltmeister zu werden. Seitdem wurde er dreimal Zweiter. In Abu Dhabi reicht deshalb schon ein dritter Platz zum Titelgewinn.

Rosberg fährt weiterhin nur auf Sieg

An diesen dritten Platz will der Deutsche aber gar nicht denken. "Ich werde alles geben, um die Saison mit einem Sieg abzuschließen. In Brasilien sagte ich scherzhaft, dass ich es auch weiterhin von Rennen zu Rennen angehen werde. Aber je mehr ich darüber nachdenke, desto weniger verrückt hört es sich an", sagt Rosberg. Der WM-Leader erklärt: "Ich muss das Rennen wie jedes andere behandeln. Es ist immer eine Herausforderung, eine gute Leistung an einem Grand Prix-Wochenende abzuliefern. In diesem Sport ist nichts einfach, auch diesmal nicht."

Auch Lewis Hamilton versucht, Abu Dhabi als einzelnes Event zu sehen: "Ich gehe dieses Wochenende genauso an wie jedes andere Rennen auch. Ich möchte gewinnen und werde mein Bestes geben, um die Saison mit einem Erfolgserlebnis abzuschließen."

Doch leicht wird es nicht für den Briten. 2014, im ersten Titel-Showdown der beiden Mercedes-Piloten stellte Rosberg den Silberpfeil auf Pole, kämpfte aber vom Start weg mit stumpfen Waffen, weil ein Energierückgewinnungssystem ausfiel. Im vergangenen Jahr gewann Rosberg. "Ich habe also allen Grund, zuversichtlich zu sein", weiß Rosberg. "Je enger es wird, desto mehr freue ich mich darauf. Es wird ein harter Kampf."

Rosberg und Hamilton in Abu Dhabi

Lewis HamiltonNico Rosberg
Starts 7 7
Siege2 1
Podestplätze4 2
Top-5-Resultate4 3
Top-10-Resultate5 6
Punkte92 60
Schnellste Runden2 0
Führungsrunden 138 44
Ausfälle2 1
Pole Positions 2 2
Erste Startreihe6 2

*doppelte Punkte aus 2014 wurden nur einfach gewertet

Nicht nur für die beiden WM-Rivalen wird der Abu Dhabi GP eine nervenaufreibende Aufgabe. Mercedes will unbedingt eine Wiederholung von 2014 verhindern, als Rosberg von der Technik jeder Titelchance beraubt wurde. "Gemeinsam müssen wir nun noch eine letzte sehr wichtige Pflicht in dieser Saison erfüllen", sagt Wolff. "Wir müssen Nico und Lewis die Basis geben, um ihren Kampf bis zur Zielflagge untereinander auszufechten."

In diesem Jahr hatte allerdings Lewis Hamilton mehr mit der Zuverlässigkeit zu kämpfen. "Ich kann es nicht glauben, dass es acht Autos mit Mercedes-Motoren gibt und nur meine Motoren hochgehen. Das fühlt sich nicht richtig an, das ist auf jeden Fall komisch", schimpfte Hamilton, nachdem er beim Malaysia GP in Führung liegend wegen eines Motorschadens ausgeschieden war. "Mercedes hat in diesem Jahr 40 Motoren gebaut und drei zusätzlich für mich, weil meine schon einmal kaputt gegangen sind. Von den 43 Motoren sind nur meine kaputt gegangen - das ist einfach nur komisch."

Wolff: Wer gewinnt, hat es verdient

Paddy Lowes Statistik kann Hamilton darüber wohl nicht hinwegtrösten: "Obwohl es im Verlauf der Saison hin und wieder Probleme gab, war 2016 mit Blick auf die Zuverlässigkeit tatsächlich das stärkste Jahr in der Geschichte des Teams. Das gilt sowohl technisch als auch von den Abläufen her und stimmt uns zuversichtlich im Hinblick auf die zugrundliegenden Fortschritte, die wir erzielt haben."

Auch wenn Hamiltons Motorschaden einen großen Einfluss auf die Weltmeisterschaft hatte, will Motorsportchef Wolff Rosbergs Leistung nicht geschmälert wissen: "Beide waren außergewöhnlich und jeder von ihnen wäre ein würdiger Weltmeister. Hinter uns allen liegt ein zermürbendes Jahr mit einem Rekord-Rennkalender und der zusätzlichen Herausforderung, uns auf ein neues Reglement 2017 vorzubereiten. Nach solch einem Marathon-Kampf kann der Sieger wahrlich von sich behaupten, dass er es verdient hat. Wir sind alle sehr gespannt darauf, zu erfahren, wer das sein wird. Möge der Bessere gewinnen."

Spezielle Maßnahmen hat man bei Mercedes für das WM-Duell nicht getroffen. Die Technik-Abteilung sieht es wie die beiden Piloten. "Wir gehen dieses Wochenende wie jedes andere an", sagt Paddy Lowe. "Unser Hauptziel ist es, dass die WM in einem fairen Kampf auf der Strecke entschieden wird." Ein Rennen wie jedes andere eben...

Die Szenarien für die WM-Entscheidung

Nico Rosberg wird in Abu Dhabi Weltmeister, wenn er...

  • ... mindestens Dritter wird.
  • ... Vierter, Fünfter oder Sechster und Hamilton maximal Zweiter wird.
  • ... Siebter oder Achter und Hamilton maximal Dritter wird.
  • ... als Neunter oder schlechter abschneidet und Hamilton maximal Vierter wird.
  • ... und Hamilton beide ausfallen oder außerhalb der Punkteränge ins Ziel kommen.

Lewis Hamilton wird in Abu Dhabi Weltmeister, wenn er...

  • ... gewinnt und Rosberg maximal Vierter wird.
  • ... Zweiter und Rosberg maximal Siebter wird.
  • ... Dritter und Rosberg maximal Neunter wird.