Der Fahrermarkt für die Formel-1-Saison 2017 steht kurz vor der Schließung. 18 der 22 Cockpits sind vergeben, einzig Sauber und Manor stehen derzeit noch komplett ohne Fahrer für das kommende Jahr da. Beim Brasilien GP hat sich die Situation nochmals komplett gedreht. Durch Rang neun von Felipe Nasr verschaffte er Sauber nicht nur den fast sicheren zehnten Platz in der WM und damit wichtiges Preisgeld. Auch seine eigenen Aktien gewannen durch die Vorstellung in Sao Paulo wieder an Wert.

Am Donnerstag vor dem Rennen äußerte sich Sauber-Teamchefin Monisha Kaltenborn zu den Planspielen für das kommende Jahr. "Für uns ist es wichtig, dass man als Teamplayer auftritt. Das ganze Team muss funktionieren. Es bringt gar nichts, wenn einer ausgezeichnet ist, aber irgendwo in der ganzen Kette etwas nicht stimmt", erklärte sie eines der Kriterien, das die zukünftigen Fahrer erfüllen müssen. "Da kann man noch so tolle Strategien haben, wenn es aber ständig an der Zuverlässigkeit hapern würde, dann bringt das gar nichts. Deswegen ist das Teamzusammenspiel sehr wichtig. Da hat der Fahrer eine ganz zentrale Bedeutung", weiß sie.

In Brasilien zerlegte zuletzt Marcus Ericsson seinen Boliden, Foto: Sutton
In Brasilien zerlegte zuletzt Marcus Ericsson seinen Boliden, Foto: Sutton

Nasr und Ericsson überzeugten nur bedingt

Das aktuelle Duo bestehend aus Marcus Ericsson und Felipe Nasr wusste in diesem Jahr nur selten zu überzeugen. Gerade der Brasilianer brachte nicht mehr jene Leistung auf die Strecke, die ihn 2015 noch zu 27 Punkten verhalf. Zwar verfügt er auch nicht mehr über das notwendige Material, doch teaminterne Niederlagen gegen Ericsson waren in der vergangenen Saison noch die Ausnahme. Zuletzt jedoch zeigte sich der Schwede stärker. Während Ericsson hin und wieder Q2 erreichte, hatte Nasr Probleme, die Manor zu schlagen.

Zudem kriselte es im Laufe der Saison auch zwischen den beiden Fahrern. In Monaco kam es zur Kollision zwischen den beiden, nachdem Nasr eine Teamanweisung, Ericsson vorbei zu lassen, ignorierte. Kaltenborn stellt klar, dass man ein schlechtes Klima bei der Auswahl der Fahrer für 2017 versuchen werde zu verhindern. An erster Stelle stehe das Team. "Das Schlimmste ist, wenn es zwischen Fahrern Probleme gibt. Wichtig ist, möglichst viel Homogenität zu haben. Nicht unbedingt Harmonie, denn es muss auch mal Konflikte geben. Aber die Zielsetzung muss eine klare sein", so die Österreicherin.

Eine Absage an die aktuellen Fahrer muss das aber nicht sein. "Wir gehen das jedes Jahr gleich an. Man schaut sich seine Optionen an. Man schaut sich an, was für das Team gut wäre. Und mal weiß man es schneller und mal braucht es etwas länger. Das Ziel ist es immer noch, es in dieser Saison bekannt zu geben", skizziert sie den Fahrplan.

Monisha Kaltenborn will noch in diesem Jahr entscheiden, wer 2017 für Sauber fährt, Foto: Sutton
Monisha Kaltenborn will noch in diesem Jahr entscheiden, wer 2017 für Sauber fährt, Foto: Sutton

Optionen sind rar gesät

Unmengen an Alternativen gibt es nicht. Esteban Gutierrez befindet sich nach seinem Aus bei Haas auf Jobsuche, zudem fuhr der Mexikaner bereits 2013 und 2014 für Sauber. Bleibenden Eindruck hinterließ er damals aber nicht. Gerade einmal sechs Punkte holte er insgesamt. Besonders 2013 kassierte er gegen Nico Hülkenberg eine böse Klatsche. Möglich wäre jedoch ein Deal mit Ferrari. Sauber nimmt Gutierrez, dafür bekommen die Schweizer Rabatt auf die Motoren. Ohnehin fährt Sauber 2017 nicht mit den neuesten Ferrari-Motoren, sondern mit der letzten Ausbaustufe aus 2016.

Zuletzt fiel auch der Name Pascal Wehrlein als möglicher Sauber-Fahrer. Nachdem ihm die Option Force India vor der Nase weggeschnappt wurde, verfügt Wehrlein nur noch über die Wahl zwischen Sauber und Manor. Ein Verbleib bei den Briten könnte sich am vergangenen Wochenende jedoch erledigt haben.

Sollte es Manor - wovon auszugehen ist - in Abu Dhabi nicht mehr schaffen, an Sauber vorbeizuziehen, verliert das Team etwa 40 Millionen Euro. Hinter den Kulissen wurde bereits gemunkelt, dass die Existenz des gesamten Teams bedroht sein könnte. In jedem Falle wäre Manor aber auf viel Geld durch externe Quellen angewiesen. Pascal Wehrlein, der zwar von Mercedes gefördert wird, aber nicht den dicken Geldkoffer mitbringt, könnte damit das Aus drohen.

Wechselt Pascal Wehrlein zu Sauber?, Foto: Sutton
Wechselt Pascal Wehrlein zu Sauber?, Foto: Sutton

Wehrlein-Team hängt nicht vom Motor ab

Im Exklusiv-Interview mit Motorsport-Magazin.com erklärte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff zuletzt bereits, dass ein Mercedes-Junior wie Wehrlein nicht unbedingt bei einem Team fahren müsste, das auf Mercedes-Motoren setzt. Daran würde ein Wechsel zu Sauber also keinesfalls scheitern. Die finanzielle Lage hat sich bei Sauber seit dem Einstieg der Investoren stabilisiert. Auf zusätzliches Geld durch Felipe Nasr würde man aber wohl nur ungern verzichten. Marcus Ericsson, der ein besonderes Verhältnis zu den Investoren hat, dürfte seinen Platz wohl sicher haben.

Eine denkbare Option wäre ein Tausch Wehrlein gegen Nasr. Manor könnte das Geld der brasilianischen Sponsoren sehr gut gebrauchen, Sauber bekäme mit Wehrlein einen talentierten, hungrigen Fahrer. Für das zweite Cockpit bei Manor fiel immer wieder der Name Jordan King, der bereits Testeinsätze für das Team absolvierte. Genug Geld würde er vermutlich mitbringen. Sein Vater Justin King ist ehemaliger Vorstandsvorsitzender der zweitgrößten Supermarktkette Großbritanniens, Sainsbury. Zudem war King senior bereits kurzzeitig in einer führenden Rolle bei Manor Racing aktiv.

Haryanto vor Rückkehr?

Zum Problem für Jordan King könnten seine mangelhaften Resultate in den letzten Jahren werden. Nach derzeitigem Stand hätte der 22-Jährige keine Superlizenz für das kommende Jahr. In den vergangenen drei Saisons war er zu schlecht unterwegs, um die der FIA-Regeln entsprechende Punktzahl zu erlangen. Kein Hindernis wäre die Superlizenz für Rio Haryanto, der bis zur Sommerpause für Manor fuhr. Dem Indonesier ging jedoch schon damals das Geld aus der Heimat aus, weshalb Esteban Ocon sein Cockpit bekam. Haryanto verblieb jedoch ab dem Belgien GP als Ersatzfahrer im Team. Sollte es ihm gelingen, neue Sponsoren in seiner Heimat zu finden, deren Finanzierung auf festen Beinen steht, könnte Haryanto 2017 wieder für Manor starten.