Esteban Ocon marschiert im Schnelltempo durch die Formel 1: Nach seinem überraschenden Wechsel aus der DTM zu Manor Racing in der Sommerpause unterschrieb der Mercedes-Junior nun bereits seinen zweiten F1-Vertrag in diesem Jahr. Ab 2017 startet er an der Seite von Sergio Perez bei Force India, die wie Manor ebenfalls mit Mercedes Power Units an den Start gehen.

Bei Force India ersetzt der Franzose den scheidenden Nico Hülkenberg, der ab dem kommenden Jahr für das Renault-Werksteam antritt. "Ich kenne das Team schon ganz gut, weil ich dort letztes Jahr Testfahrer war", sagte Ocon, der einen langfristigen Vertrag bei den Indern unterschrieben hat. "Ich bin noch recht neu in der Formel 1, aber ich habe in meinem halben Jahr bei Manor Racing wertvolle Erfahrung gesammelt. Jetzt fühle ich mich bereit für diese neue Gelegenheit bei Force India."

Über den Winter muss er sich nun in seinem neuen Team einleben und seine neuen Ingenieure sowie die Arbeitsweise des Teams kennenlernen. "Darauf habe ich mein gesamtes Leben hingearbeitet und ich möchte diese Chance beim Schopfe packen, um die Ergebnisse einzufahren, die das Team von mir erwartet."

Teamchef Vijay Mallya beschreibt Ocon als ein außergewöhnliches Talent, das in seinem Team aufblühen soll. "Wir haben schon seit einigen Jahren ein Auge auf Esteban geworfen und seine Entwicklung in den Nachwuchsserien genau verfolgt", so Mallya. Im vergangenen Jahr erhielt Ocon deshalb bereits zwei Testmöglichkeiten mit dem Team aus Silverstone. An zwei Testtagen spulte er 2015 766 km ab. "Seine Leistung hat uns davon überzeugt, dass er neben Sergio antreten kann." Mit Ocon und Perez rühmt sich der Rennstall eine der besten und vielversprechendsten Fahrerpaarungen im Feld sein eigen zu nennen.

Zukunft bei Mercedes möglich

Esteban Ocon könnte eines Tages bei Mercedes landen, Foto: Sutton
Esteban Ocon könnte eines Tages bei Mercedes landen, Foto: Sutton

Nicht umsonst ist Ocon auch Mercedes-Junior. Nach seinem Renndebüt in der DTM in diesem Jahr überzeugte er nun auch in der Formel 1. "Er weist eine beeindruckende Statistik in den Nachwuchsserien auf und ist eine außergewöhnliche Persönlichkeit außerhalb des Autos", bestätigt Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff. Der Österreicher sieht in der Verpflichtung des Franzosen eine positive Entwicklung in der Formel 1. "Talent siegt über Geld. Deshalb werden wir in den kommenden Jahren einige der besten Youngster erleben, wie sie versuchen, sich ihren Weg an die Spitze zu bahnen."

Mit Ocon und dessen Noch-Manor-Teamkollegen Pascal Wehrlein besitzt Mercedes zwei vielversprechende Talente. Ein Einsatzcockpit im Silberpfeil-Werksteam können die Stuttgarter ihnen vorerst aber nicht bieten. Entsprechend sind Möglichkeiten wie bei den Kundenteams Manor und Force India gerne gesehen.

"Wir würden keinem der Fahrer Steine in den Weg legen", sagte Toto Wolff im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com. "Es geht um ihre Entwicklung und die Möglichkeit, dass wir langfristig auf die Fahrer Zugriff haben. Wir sind im Moment richtig glücklich mit Nico und Lewis und das wird auch noch einige Jahre so gehen. Wenn sich die beiden dazu entscheiden, etwas anderes zu machen, dann ist es gut, Optionen zu haben. Dazu zählen die eigenen Jungs genauso wie andere, die sich draußen gut entwickeln." Wenn er diese Chance ergreifen möchte, muss sich Ocon nun bei Force India entsprechend gut in Szene setzen.

Ocon: Erst denken, dann handeln

Ocon durfte schon im Weltmeister-Mercedes testen, Foto: Sutton
Ocon durfte schon im Weltmeister-Mercedes testen, Foto: Sutton

Vor seinem Wechsel in die DTM gewann Esteban Ocon die FIA Formel-3-Europameisterschaft und die GP3 - beides jeweils im ersten Anlauf. Dabei lernte er eine wichtige Lektion: "Ich habe gelernt, dass es egal ist, ob du zwanzig Rennen gewinnst oder nicht", verrät er im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com. "Am Ende zählt es, ob du die Meisterschaft gewonnen hast. Am Ende erinnert sich niemand daran, wie viele Rennen ich in der GP3-Saison gewonnen habe. Ich habe den Titel gewonnen!"

Dabei begegneten ihm auch einige Bekannte aus dem Formel-1-Starterfeld - etwa Daniil Kvyat, den er als seinen härtesten Gegner bezeichnet, und auch Red-Bull-Wunderkind Max Verstappen, den Ocon als seinen Maßstab ansieht. "Ich bin schon gegen ihn Rennen gefahren und weiß, was er leisten kann", betont er. "Ich will das genauso gut wie er machen oder noch besser. Er ist von einem guten, aber nicht siegfähigen Team sofort zu einem Top-Team aufgestiegen. Ich kann das gleiche schaffen."

Bei Force India legt Ocon 2017 einen Zwischenschritt auf diesem Weg ein. Siegfähig dürfte die Mannschaft von Vijay Mallya unter normalen Bedingungen nicht sein, aber der Regelumschwung lässt zumindest eine Chance auf eine Überraschung offen. Dabei könnte dem Franzosen seine smarte Herangehensweise helfen. Denn sich selbst beschreibt Ocon eher nicht als Draufgänger. "Ich denke darüber nach, bevor ich ein Risiko eingehe", erklärt er. "Ich gehe Risiko nicht für nichts ein. Wenn es eine großartige Möglichkeit ist, dann gehe ich das Risiko. Wenn nicht, dann bin ich geduldig und warte, bis die Möglichkeit besser ist."