Jubiläum für Kimi Räikkönen! Wenn der Ferrari-Pilot beim Start des Brasilien GP 2016 das Gaspedal durchtritt, hat das 250. Formel-1-Rennens des Finnen begonnen. Damit reiht sich Räikkönen ein in einen Kreis von nur sieben Piloten, die diese Marke in ihrer Karriere erreicht haben: Rubens Barrichello (322), Michael Schumacher (306), Jenson Button (304), Fernando Alonso (270), Ricciardo Patrese (256) und Jarno Trulli (252).

Kimi Räikkönens bisherige F1-Karriere in Zahlen:

  • 1 WM-Titel; 2 Vize-WM-Titel
  • 20 Siege; 84 Podien; 16 Pole Positions
  • 43 schnellste Rennrunden; 70 GP angeführt
  • 1.352 WM-Punkte für 4 verschiedene Teams
  • 13.126 Rennrunden; 1.173 Führungsrunden
  • 64.980 Rennkilometer; 5.965 Führungskilometer

Wenigstens die beiden Letztgenannten wird der Iceman also im Lauf der kommenden Saison noch überholen. Hätte Räikkönen 2010 und 2011 nicht für sein kleines Rallye-Abenteuer in der Formel 1 pausiert, würde der bis dato letzte Ferrari-Weltmeister zum Ende seiner aktuellen Vertragslaufzeit nach der Saison 2017 mit 310 Rennen sogar das Spitzenduo sprengen.

Auch ohne diese hypothetische Hochrechnung zählt Kimi Räikkönen definitiv zu den Dauerbrennern in der Königsklasse, ist aktuell der älteste Pilot im F1-Feld und fährt als solcher auf einem noch immer beachtlichen Niveau. Angesichts des 250. GP-Jubiläums des bei den Fans so beliebten Finnen blickt Motorsport-Magazin.com zurück auf sieben Karrierehighlights des Mannes mit der Startnummer sieben. Iceman-Momente, die sich in der Erinnerung festgefroren haben.

Kimi Räikkönens F1-Rekorde:

  • Meiste Punktresultate in Serie (27 in 2012/13)
  • Meiste Punktresultate in einer Saison (19/20 in 2012)
  • Meiste Zielankünfte in einer Saison (20/20 in 2012)
  • Meiste Siege im Ferrari-Debütjahr (6 in 2007)
  • Meiste schnellste Rennrunden in einer Saison (je 10 in 2005/08)

Australien 2001: Der formidable Einstand

Peter Sauber bürgte für Kimi Räikkönen. Ein kluger Schachzug, Foto: Sutton
Peter Sauber bürgte für Kimi Räikkönen. Ein kluger Schachzug, Foto: Sutton

Kimi Räikkönen und Max Verstappen haben etwas gemeinsam. Was - abgesehen von jeder Menge Talent - 2016 wohl kaum jemand unterschreiben würde, ist jedoch mehr als zutreffend. Beide Fahrer lösten durch ihren Einstand in der Formel 1 große Diskussionen wegen ihres Alters und ihrer womöglich zu geringen Erfahrung aus. Letzteres traf auf Räikkönen definitiv zu. So gelang dem Finnen 2001 lediglich mit ein paar Einsätzen (läppische 23 Starts) in unteren Nachwuchsserien der F1-Aufstieg nur, weil sein erster Teamchef Peter Sauber die Hand für den Finnen und dessen Performance ins Feuer legte. Räikkönen hatte nicht nur mit Testfahrten zu überzeugen gewusst, seine lediglich 23 Starts in Junior-Kategorien waren von höchster Güte, reichten für zwei Titel.

Dennoch: FIA-Präsident Max Mosley blieb kritisch, ließ Räikkönen nur mit Superlizenz auf Bewährung debütieren. Die starke Antwort lieferte der Finne gleich bei seinem ersten Auftritt in Melbourne: Erstes Rennen, erster Punkt. Und dafür musste man damals noch Sechster werden ... Vorläufiges Ende der Geschichte: WM-Rang zehn im Debütjahr, sofortiger Wechsel zum Spitzenteam McLaren-Mercedes.

Malaysia 2003: Der erste Sieg

Wegen der überragenden Ferrari-Dominanz 2002 vermochte Räikkönen in seinem ersten McLaren-Jahr nur selten mit Ergebnissen zu glänzen. Doch bereits im zweiten Rennen der Folgesaison gelang nach vier Podien 2002 der Durchbruch: Erster Kimi-Sieg in der Formel 1 beim Malaysia GP in Sepang. Und zwar in Style - vom siebten Startplatz und mit sauber herausgefahrenen 40 Sekunden Vorsprung auf den zweitplatzierten Barrichello. WM-Führung für Räikkönen! Da kochten die Emotionen in der PK natürlich über ... hust (s. Video).

Sepang 2001: Räikkönens erster Sieg, Foto: Sutton
Sepang 2001: Räikkönens erster Sieg, Foto: Sutton

Bereits beim Saisonstart hatte der Finne auf dem Podium gestanden, nach Malaysia ließ er zwei zweite Plätze folgen. Ein starker Auftakt. Allerdings blieb Sepang Räikkönens einziger Streich in diesem Jahr, sodass es beim WM-Showdown im letzten Saisonrennen im engen Titelkampf gegen Michael Schumacher knapp nicht reichte. Nur zwei Punkte fehlten Räikkönen. Zwei Punkte, die er sich ohne Motorschaden in Führung liegend auf dem Nürburgring fünffach geschnappt hätte ...

Japan 2005: Die geniale Aufholjagd

Nach 2003 folgte eine silberne Katastrophen-Saison. Räikkönen beendete 2004 nur zehn der 18 Saisonläufe, sodass zum lediglich siebten WM-Rang reichte. Ein Jahr später sah die Sache anders aus. Plötzlich war der McLaren eine Waffe. Der MP4-20 entpuppte sich als das klar schnellste Auto im Feld. Allerdings hatte das Team die Standfestigkeit weiterhin nicht unter Kontrolle, sodass das Pech Räikkönen - diesmal im Duell mit Renaults Fernando Alonso - ein zweites Mal einen Titel versagte: Trotz sieben Saisonsiegen reichte es erneut nur zum Vize - das war zuvor nur Alain Prost und später Michael Schumacher passiert. 2016 allerdings wird entweder Lewis Hamilton oder Nico Rosberg diesen bitteren Rekord überbieten.

Aber zurück zu Räikkönen. Dessen letzter der sieben Siege war kein einfacher Sieg. Er war eine Demonstration. Im Qualifying einmal mehr von den Gremlins (Motorwechsel) geplagt, nahm Räikkönen den Japan GP nur vom 17. Startplatz in Angriff. Aufgeben? Mitnichten. Platz für Platz, Überholmanöver für Überholmanöver pflügte sich der Iceman durchs Feld nach vorne. Mit Beginn der letzten Runde lag Räikkönen auf P2. Doch jetzt sollte der größte Zucker noch kommen. Räikkönen heftete sich ans Heck des Führenden, Giancarlo Fisichella, zuckte aus dem Windschatten, überholte den Renault auf der Außenbahn der langgezogenen ersten Kurve und fuhr seinem wohl spektakulärsten Sieg entgegen.

Brasilien 2007: Der Thriller-Titel

Ein überragendes Saisonfinish spülte Kimi Räikkönen im WM-Finale 2007 endlich zum Titel, Foto: Sutton
Ein überragendes Saisonfinish spülte Kimi Räikkönen im WM-Finale 2007 endlich zum Titel, Foto: Sutton

Schon 2006 ist Ferrari wieder stärker, Räikkönen aber noch nicht bei der Scuderia, muss sich mit WM-Rang 5 im letzten McLaren-Jahr abfinden. Kein Problem, 2007 gehts ja im wieder erstarkten Maranello weiter. Das zeigt Kimi gleich zum Saisonstart: Erstes Rennen in Rot, erster Sieg. Fünf weitere sollen 2007 folgen, das reicht zum Titel. Aber wie: Zwei Rennen vor Saisonende liegt Räikkönen 17 Zähler hinter WM-Leader Lewis Hamilton. Auch dessen McLaren-Teamrivale Fernando Alonso hat fünf Punkte mehr auf der Stechuhr als der Finne. Und damals gab es nur 10 Punkte für einen Sieg. Aber kein Problem für Kimi ...

Räikkönen gewinnt ganz einfach die beiden ausstehenden Rennen in China und Brasilien - beim Finale hilft Teamkollege Felipe Massa ein bisschen mit. Ein Teamwork, das man sich bei McLaren in diesem Jahr nicht einmal erträumt. Zu oft geraten Alonso und Hamilton aneinander, zu oft nehmen sie sich Punkte weg, noch dazu Hamiltons Rookie-Fehler in China unter WM-Druck (Kiesbett) und ein bisschen Pech beim Saisonfinale. Das alles ist zu viel als dass sich ein Kimi Räikkönen mit mehrfacher Titelkampf-Erfahrung nicht ganz cool zum Titel wurschteln würde. Genau einen Punkt mehr hat der Iceman am Ende als jeder der McLaren-Fahrer. Punktlandung. Bis heute ist er der letzte Ferrari-Weltmeister.

Belgien 2009: Endgültig King of Spa

Im 2009 unterlegenen Ferrari reichts für Kimi Räikkönen in Spa natürlich trotzdem zum Sieg, Foto: Sutton
Im 2009 unterlegenen Ferrari reichts für Kimi Räikkönen in Spa natürlich trotzdem zum Sieg, Foto: Sutton

Ein Baustein zum Ferrari-Titel war einmal mehr Räikkönens Sieg in Spa. 2007 gewann Räikkönen den Belgien GP bereits zum dritten Mal in seiner Karriere. Doch sollte der Finne die Ardennen noch einmal erobern - ausgerechnet 2009, dem Jahr von Doppeldiffusor, KERS & Co., mit denen die Scuderia so gar nichts zu melden hatte.

Kümmerliche 70 Konstrukteurspunkte und WM-Rang vier brachte Ferrari zusammen. Allein mit seinem vierten Sieg auf seiner Leibstrecke Spa steuerte Räikkönen also ein Siebtel der Jahresgesamtausbeute bei. Übrigens ein Sieg des Willens, hatte sich Räikkönen vor dem Belgien GP längst zum Ziel gesetzt, mit dem dürftigen F60 zumindest einmal so etwas wie erfolgreich zu sein. Auch für Ferrari war die Erlösung groß. Keine sieglose Saison. Aufatmen. Man dankte Kimi mit dem Boxentafel-Titel King of Spa.

Brasilien 2006 & 2012: Die Schumi-Revanche

Es gibt viele tolle Überholmanöver von Kimi Räikkönen. Entsprechend schwer fällt es - abgesehen vom Suzuka-Geniestreich 2005 (s.o.) - eines besonders zu würdigen. Entsprechend zählt bei dieser Brasilien-Aktion nun nicht nur der herausragende Move an sich, sondern auch die Geschichte. Kimi Räikkönen spielte in Michael Schumachers Karriere nämlich nicht nur die Rolle des Titel-Rivalen (2003) und Ferrari-Erben, sondern auch die des großen Auf-Wiedersehen-Sagers im Racer-Style.

So begegnete Räikkönen Schumacher sowohl bei dessen vorläufigem (2006) und endgültigem (2012) Karriereende in Sao Paulo auf der Strecke. Und das auf nahezu identische Art und Weise, beide Male in Rad-an-Rad-Manövern im Senna-S. Einziger Unterschied: Während sich 2006 noch Schumacher nach furioser Aufholjagd innen in Kurve eins durchquetschte, revanchierte sich Räikkönen sechs Jahre später. Diesmal drängelte sich der Finne vorbei - jedoch nicht in Kurve eins, sondern erst der folgenden Rechts. So schnell gibt ein Rekordchampion eben nicht klein bei. Weltklasse Racing. Schumacher, Räikkönen, Senna-S - elitärer gehts nun wirklich nicht mehr.

Abu Dhabi 2012: Der legendäre Funkspruch

Elitärer vielleicht nicht, aber legendärer auf jeden Fall. So wortkarg Räikkönen auch gelten mag - viele Wörter braucht der Iceman ohnehin nicht, um sich Aufmerksamkeit zu verschaffen. Auch wenn das so gut wie immer alles andere als dem Zweck der Effekthascherei dienen soll wie bei so manchem Fahrerkollegen.

Kimi funkt, Fans drucken T-Shirts. Legende, Foto: KRS
Kimi funkt, Fans drucken T-Shirts. Legende, Foto: KRS

Räikkönen hat schlicht richtig Bock auf Racing, aber nicht dumme Fragen oder Kommentare - sei es nun von Journalisten oder von seinem Team im Boxenfunk. Und das zeigt der Finne deutlich. Aufzählungen machen schon gar keinen Sinn mehr. Deshalb nur die unangefochtene Nummer eins. Kult- und Legendenstatus erreicht hat besonders: "Leave me alone, I know what I'm doing!" - lasst mich in Ruhe, ich weiß, was ich tue. Das knarzte Räikkönen bei Abu Dhabi GP 2012 seinem Lotus-Renningenieur in den Gehörgang. Wer braucht schon Hilfe beim Aufwärmen der Reifen, wenn er gerade Richtung Wüstensieg fährt? Kimi jedenfalls nicht. Gefreut haben dürfte sich indessen die Textilindustrie. Bis heute wird der Spruch auf T-Shirts, Pullis & Co. gedruckt. Aktuell ebenfalls im Trend: Kimis üblicher Interview-Eröffner "BWOAH ...". Jetzt gibt Motorsport-Magazin.com also auch schon Fashion-Tipps. Wegen Kimi Räikkönen. Verstehen wir selbst nicht.