Von Melbourne bis Barcelona galt vor dem Rennwochenende eine Frage: Wer hat das beste Auto? Vor dem sechsten Saisonrennen in den engen und winkligen Straßenschluchten von Monte Carlo zählt zudem noch ein weiterer, bei anderen Rennen fast schon in Vergessenheit geratener, Faktor: Der Fahrer.

Bei keinem Grand Prix im aktuellen Rennkalender, ist der Fahrer so wichtig und kann ein guter Fahrer so viel Unterschied ausmachen, wie beim Jahreshighlight zwischen all den Häusern, Yachten, Sponsoren und VIPs. Doch wie so üblich in der Formel 1 Welt, wird auch am kommenden Rennwochenende von Donnerstag bis Sonntag nicht nur der Pilot den Ausschlag geben.

Schließlich spielen auch die Startposition für das 1. Qualifying, also der Ausgang des Spanien GP, sowie eben jene beiden - hoffentlich fehlerfreien - Qualifyingrunden eine entscheidende Rolle. Nicht umsonst gilt: Wer auf Pole steht, hat die halbe Miete zur Krönung seiner F1-Karriere mit einem Monaco-Triumph bereits eingefahren.

Renault: Rückkehr auf die Siegerspur?

Nach Kimi Räikkönens überlegenem ersten Saisonsieg in Barcelona, wurde den Betrachtern schnell klar: Der Finne hätte ohne seinen Antriebswellendefekt auch in Imola ganz oben auf dem Podest gestanden. Entsprechend offen gestand man auch beim bisherigen Klassenprimus dieses Jahres ehrlich ein, dass McLaren einfach besser gewesen sei. In Monaco können die Gelb-Blauen nun mit ihrer Top-Fahrerpaarung, bestehend auf dem WM-Spitzenreiter und einem zuletzt glücklosen, aber nicht minder begabten Teamkollegen, beweisen, dass sie dem Silberpfeilduo sowohl in Sachen Fahrer als auch Auto in Nichts nachstehen. Nach dem Überraschungscoup von Jarno Trulli im Vorjahr, geht man zudem als Titelverteidiger des Monaco GP in eines der wichtigsten Einzelwochenenden der Saison.

Toyota: Kampf den Formalien

Es könnte alles so schön sein: Nach fünf WM-Läufen liegt Toyota vollkommen überraschend, aber auch vollends verdient auf dem zweiten Rang der Konstrukteurswertung und fahren Ralf Schumacher und vor allem Jarno Trulli konstant um Punkteränge und Podestplätze mit. Vor dem Jahreshighlight in Monaco gilt der Italiener, dank seiner starken Auftritte und seines Vorjahressieges, sogar als eine Art Geheimfavorit auf den ersten Toyota-Sieg. Schließlich ist die von Jarno bestens beherrschte Fähigkeit des Qualifying-Spezialisten in den engen Häuserschluchten Gold wert. Leider trübt jedoch ein Formfehler die Freude der Weiß-Roten: Aufgrund einer fehlenden nationalen Motorsportlizent, droht schlimmstenfalls der Entzug aller bis Spanien eingefahrenen WM-Punkte. Daran werden die Japaner allerdings in Monaco nicht denken. Hier herrscht wohl eher der Gedanke an den großen Supercoup vor den Toren des Casinos in den Hinterköpfen vor.

McLaren: Endgültiger Aufstieg zum Titelfavoriten?

Eine starke, wenn auch nicht zuverlässige, Vorstellung in Imola und eine überlegene Darbietung in Barcelona haben es zuletzt bewiesen: McLaren ist sowohl im Qualifying als auch im Rennen vorne dabei. Und obwohl der Monaco GP - ebenso wie der DFB-Pokal - bekanntlich seine eigenen Gesetze hat, könnten die Silbernen mit einer Fortsetzung ihrer Hochform einen Meilenstein im Kampf um den WM-Titel setzen. So liegt Kimi Räikkönen zwar ganze 27 Zähler hinter dem WM-Leader aus Oviedo, doch würde sich gerade bei einem so ausfallträchtigen und überholfeindlichen Rennen wie in Monaco die Möglichkeit um Punkte aufzuholen bieten. Für Juan Pablo Montoya heißt es unterdessen, sich nach seinem eher durchwachsenen Comeback von Spanien zu rehabilitieren und zur alten Stärke zurückzufinden.

Williams: Unauffällig aufs Podium?

Besonders spektakulär waren die Auftritte des BMW-Williams Teams in diesem Jahr noch nicht. Im Gegenteil: In Spanien fiel man vor allem durch technische Probleme auf. Dennoch stehen die Weiß-Blauen in der WM-Wertung noch vor Ferrari. Und die werden von vielen Experten trotzdem noch zu den Titelfavoriten gezählt - und dies nicht zu Unrecht. Aber gerade in Monaco, wo die aerodynamischen Defizite des FW27 nicht ganz so stark zum Tragen kommen sollten, könnten Mark Webber und Nick Heidfeld einen Geheimtipp darstellen. Auf den Australier trifft dies zu, da er im so wichtigen Qualifying einfach eine Welt für sich ist, und auf den Mönchengladbacher trifft es zu, weil dieser auf seiner Lieblingsstrecke in Monaco schon öfter über sich hinaus gewachsen ist.

Ferrari: Meide den Tunnel

Sollte es im Laufe des Grand Prix zu einer Safety-Car Phase kommen, was durchaus nicht unwahrscheinlich ist, dann werden wir eines wohl nicht zu sehen bekommen: Einen Reifen aufwärmenden Michael Schumacher eingangs des Tunnels. Was die Tifosi stattdessen gerne sehen würden, wäre ein zur alten Form zurückgekehrte König von Monaco, der mit seinen fahrerischen Fähigkeiten die Problemfelder des F2005 und der Bridgestone-Pneus überspielt. Nur der Glaube daran, lässt sich aufgrund der Reifenproblematik und der starken Konkurrenz, nicht allzu einfach aufrechterhalten. Der richtige Ort, um ein rotes Zeichen zu setzen, wäre das Fürstentum allemal.

Red Bull: Ein Paradies für die roten Bullen

Welcher Ort wäre wohl besser geeignet für das Red Bull Racing Team, als das Glamour-Paradies Monte Carlo? Yachten im Hafen, Millionäre im Casino und Party allüberall. So lässt es sich leben und so präsentieren sich die Dunkelblauen bereits seit ihrem F1-Einstieg in Melbourne. Sogar die neue Energy Station, die Partyy-Zone des F1-Paddock, soll in den beengten Gassen von Monaco Platz finden. Rein vom Stil passt sie auf alle Fälle ins Fürstentum. Sportlich betrachtet, stellt das Rennen für Red Bull hingegen ein großes Fragezeichen dar. So zeigte sich bei den vorangegangenen Rennen, dass die Konkurrenz auf- und teilweise sogar überholt hat. Andererseits verspricht die traditionell hohe Ausfallquote beinahe sichere WM-Punkte - wenn David Coulthard und Tonio Liuzzi selbst durchkommen sollten. Für den Italiener ist es zudem die letzte Gelegenheit seine Bosse von einem weiteren Engagement zu überzeugen. Ansonsten sitzt ab dem Nürburgring, wie erwartet, wieder bis auf Weiteres Christian Klien im zweiten RB1.

Sauber: Ein Ende des Fluchs?

So richtig passten Sauber und Monaco in den letzten Jahren nicht zusammen. Denn während man bei den anderen Rennen zumeist gut abschneiden konnte, gingen die Schweizer im Fürstentum meistens leer aus. In dieser Saison könnte es nun genau umgekehrt kommen: Während die Hinwiler bei den ersten fünf WM-Läufen größtenteils enttäuschten, könnten Felipe Massa und Jacques Villeneuve in den Straßen von Monte Carlo ein Ausrufezeichen setzen. Die Voraussetzung hierfür sind: Ein bisschen Glück, eine fehlerlose Leistung und das Erreichen der Zielflagge.

Jordan: Große Herausforderung für die Rookies

Beim sechsten F1-Abenteuer wartet eine eigene Welt auf Tiago Monteiro und Narain Karthikeyan. Dennoch könnte der Monaco GP die einzige reelle - wenn auch nicht ganz aus eigener Kraft generierte - Chance auf WM-Zähler für die Gelben sein. Unter normalen Bedingungen dürfte dieses Ziel auf einer normalen Strecke eher unerreichbar sein. Allerdings lauern die Leitplanken, gerade für die beiden Rookies, hinter jeder Kurve...

Minardi: Das Wunder von Monaco?

Das kleine Team aus Faenza und Ledbury hat in den vergangenen Jahren schon viele kleine und auch größere Wunder vollbracht. Etwa das legendäre Debüt von Mark Webber in Melbourne 2002. Oder allein die Tatsache, dass man in jeder Saison aufs Neue wieder an den Start gehen kann. Das nächste Wunder in dieser langen Liste an Minardi-Wundertaten, könnte ein Punktgewinn in Monaco 2005 sein. Dazu müsste der neue PS05 sich allerdings endlich einmal von seiner zuverlässigen Seite zeigen.

B·A·R Honda: Das teuerste Zuschauerticket

Dass F1-Eintrittskarten unglaublich teuer sind, ist bekannt. Dass Paddockkarten noch teurer sind, ebenfalls. Aber der Preis, den British American Racing für seine Paddocktickets in Monaco bezahlte ist wohl rekordverdächtig: Rund 10 Millionen Dollar plus eine Rennsperre. Entsprechend werden wir die Weißen, wie schon in Barcelona, zum letzten Mal nicht auf der Strecke sehen, was sie nicht nur Ansehen und Image, sondern auch jede Menge Geld kosten wird. Die in der Hospitality verpflegten Gäste und Sponsoren dürfen sich derweil rühmen, zwar die 'eigenen' Autos nicht fahren zu sehen, dafür aber die wohl teuersten Tickets aller Anwesenden zu besitzen...