Der WM-Kampf zwischen Lewis Hamilton und Nico Rosberg spitzt sich immer weiter zu. Rosberg führt zwar nach seiner Gala-Vorstellung in Singapur mit acht Punkten Vorsprung, doch Hamilton dreht in Malaysia den Spieß um. Während der Weltmeister mit einer Rekord-Zeit auf dem Sepang International Circuit die Pole holte, musste Rosberg sogar um Platz zwei zittern.

Mit 1:32.850 Minuten gelang Lewis Hamilton die schnellste jemals erreichte Pole-Runde in Sepang. Doch den absoluten Rundenrekord hält noch immer Fernando Alonso mit seiner Runde im ersten Qualifying 2005 mit 1:32.582 Minuten. Vielleicht ist Hamilton deshalb trotz seiner Pole nicht hundertprozentig zufrieden: "Auf meiner letzten Qualifying-Runde habe ich mich zum ersten Mal an diesem Wochenende in Kurve eins verbremst. Es wäre also noch mehr drin gewesen. Es ist schade, dass ich das nicht zeigen konnte." Hamilton beendete die Runde gar nicht erst.

Doch es ist Jammern auf hohem Niveau. Bis auf das 1. Freie Training dominierte Hamilton alle Sitzungen nach Belieben. "Im Vergleich zu Singapur ist es wie Tag und Nacht", sagt er selbst. "Von meinen Runden dort habe ich nur ein paar richtig gut zusammenbekommen. Hier sind wir jedoch viele Kilometer gefahren und ich konnte mich von Session zu Session steigern."

"Es ist, als würdest du Bausteine aufeinandersetzen. Du beginnst mit einem großen und packst am Wochenende immer kleinere oben drauf. Wenn du eine Session verpasst, hast du weniger Steine", erklärt Hamilton. In Singapur verpasste er das 2. Freie Training wegen eines Hydraulik-Lecks.

Rosberg: War auch im Qualifying an Lewis dran

Rosberg fehlte an diesem Wochenende keine Trainingszeit, trotzdem tat er sich vor allem im Qualifying schwer. "Nico kämpfte seit dem dritten Training heute Morgen etwas damit, die richtige Balance zu finden und eine perfekte Runde hinzubekommen", erklärt Mercedes Technikchef Paddy Lowe. In seiner ersten Runde im Q3 lag er deshalb nach mehreren kleinen Fehlern nur auf P5. Auch der zweite Versuch war nicht fehlerfrei: In Kurve 15 stand Rosberg quer, verlor dabei drei Zehntelsekunden auf Hamilton.

Gut möglich, dass sich Rosberg wegen der äußeren Temperaturen schwer tat. Das Qualifying startet erst um 16:00 Uhr Ortszeit, das 2. Freie Training am Freitag fand bereits zwei Stunden früher statt. Während die Asphalttemperaturen am Freitag auf bis zu 61 Grad kletterten, meldeten die Messpunkte im Qualifying maximal 42 Grad. "Es ist eine komplett andere Welt da draußen", beschreibt Rosberg die Temperaturschwankungen. "Du fängst bei null an."

Obwohl Lewis Hamilton das Wochenende bislang dominierte, rechnet Toto Wolff mit einem offenen Rennen. "Die Pace der beiden bei den Longruns war nicht so unterschiedlich", verrät der Mercedes Motorsportchef. Rosberg leicht angefressen: "Im Quali war die Pace auch sehr eng, bis zu dem Fehler lag ich eine Zehntelsekunde zurück."

683 Meter bis zu Kurve eins

Die beste Möglichkeit ist für Rosberg aber sicherlich der Start. Mit 683 Metern ist der Weg von Pole bis zur ersten Kurve sehr lang. Und Hamilton hat noch immer den Italien GP im Hinterkopf: "In Monza hatte ich auch das gesamte Wochenende über die Pace..." Tatsächlich dominierte er auch dort, war nur im 1. Freien Training langsamer als Rosberg. Mit einem extrem schwachen Start verbaute er sich aber die Chancen auf den Sieg und musste sich auf Platz zwei zurückkämpfen.

Lewis Hamilton verlor den Italien GP am Start, Foto: Sutton
Lewis Hamilton verlor den Italien GP am Start, Foto: Sutton

"Das Kupplungssystem hier ist das gleiche, das wir schon das ganze Jahr über haben. Es gibt keine Änderungen, wir versuchen nur von Rennen zu Rennen, es ein bisschen mehr zu verstehen und versuchen, vorherzusehen, wie sie die Leistung entfalten wird", erklärt Hamilton. "Nico hatte aber einen großartigen Start und wir hatten im letzten Rennen beide gute Starts, wir verbessern uns allmählich."

"Der Start ist eine gute Möglichkeit für mich", weiß auch Rosberg. "Danach wird es schwieriger." Aber nicht unmöglich: "Das Qualifying ist nicht mehr ganz so wichtig - besonders auf einer Strecke wie dieser, auf der man überholen kann. Insgesamt bin ich also zuversichtlich für morgen."

Rosberg: Neue T15 beste Chance

Die Änderungen an der Strecke könnten Rosberg beim Überholen helfen. Dort, wo er noch im Qualifying fast Platz zwei verlor, will er am Sonntag Platz eins gewinnen. Die Überhöhung an der Innenseite sieht er als Chance: "Das kann beim Überholen interessant sein. In der GP2 konnte Antonio Giovinazzi vor dem Überholmanöver verschiedene Linien fahren. Vielleicht kann man besser hinterherfahren, wenn man unterschiedliche Linien wählt und keine verwirbelte Luft hat. Das ist sehr untypisch und ganz cool."

Schlecht für Rosberg: Teamkollege Hamilton ist ebenfalls Fan der neuen Kurve. "Es war immer eine schwierige Kurve. Man hat dort in der Vergangenheit viele Verbremser gesehen und in diesem Jahr gibt es eine leicht andere Linie. Ich finde es sogar ein bisschen einfacher, in der Vergangenheit habe ich mich hier oft verbremst, aber an diesem Wochenende habe ich gar keine Probleme. Der Scheitelpunkt ist kein Ort, an dem du sein willst, dort liegt kein Gummi, weil keiner dort fährt. Es ist nicht einfach, überhaupt dorthin zukommen."

Ob die Mercedes-Piloten aber bis auf die letzte Rille gegeneinander fahren werden? Solange beide Piloten auf dem Podium landen, ist Mercedes Konstrukteursweltmeister. Ausgerechnet in Malaysia, wo Mercedes' Hauptsponsor Petronas beheimatet ist. "Vor allem in Malaysia, wo wir im vergangenen Jahr nicht gewonnen haben, muss man sichergehen und die Konstrukteurs-WM für Petronas und die malaysischen Fans gewinnen", mahnt Wolff. Eine Team-Kollision gilt es als mehr denn je zu vermeiden.

Mögliche Szenarien beim Malaysia GP

  • Mercedes braucht nach Malaysia mindestens 215 Punkte Vorsprung
  • Mercedes hat 222 Punkte auf Red Bull, 237 auf Ferrari Vorsprung
  • Mercedes darf nicht mehr als 7 Punkte auf Red Bull verlieren
  • Mercedes darf nicht mehr als 22 Punkte auf Ferrari verlieren
  • Landen Rosberg und Hamilton auf dem Podium, ist Mercedes durch
  • Red Bull könnte die Entscheidung mit einem Doppelsieg vertagen
  • Auch Platz 1 und 3 reichen Red Bull zur Vertagung
  • Ferrari kann Mercedes' Feier nicht aus eigener Kraft vertagen