Die Renovierungsarbeiten am Sepang International Circuit waren in den letzten Wochen kein großes Thema. Schließlich blieb das Streckenlayout gleich und auch die Anlagen um die Strecke herum wurden nicht stark verändert. Die Neuerungen am Asphalt haben es aber in sich - das zeigte der der erste Trainingstag zum Malaysia GP eindrucksvoll.

Der Bitumengehalt sorgt für eine besonders dunkle, schwarze Färbung. Die wiederum sorgt dafür, dass sich der Belag stärker durch Sonneneinstrahlung erhitzt, ganz einfach, weil weniger Licht reflektiert, dafür mehr Energie absorbiert wird. Das Resultat: Rekordverdächtige 61 Grad Celsius Asphalttemperatur. Der höchste jemals von Pirelli gemessene Wert.

Alonsos Rundenrekord datiert aus 2005, Foto: Renault
Alonsos Rundenrekord datiert aus 2005, Foto: Renault

Deshalb, so könnte man meinen, würden die Reifen nur so dahinschmelzen. Fehlanzeige: Die Reifen halten sogar besser als die vergangenen Jahre. Das liegt in der Beschaffenheit des neuen Asphalts. Die Oberfläche ist feinporiger, also ein weniger glatter. Dadurch haben die Reifen mehr Kontaktfläche zur Fahrbahn, wodurch die Kräfte gleichmäßiger verteilt werden.

Die feine Oberflächenbeschaffenheit hat weitere Auswirkungen: Die Rundenzeiten sinken. Die Freitagsbestzeit von Lewis Hamilton war knapp fünf Sekunden schneller als die Bestzeit im vergangenen Jahr. Allerdings fuhr Hamilton seine Zeit am Freitag mit den Soft-Reifen, 2015 kamen nur Medium und Hard zum Einsatz. Außerdem ist der Malaysia GP Rennen Nummer 16 in dieser Saison, im vergangenen Jahr war das Rennen an zweiter Stelle im Rennkalender. Die Entwicklung und das Verständnis der Boliden ist somit auf einem anderen Stand.

Sogar die absolute Bestmarke auf dem Sepang International Circuit könnte an diesem Wochenende fallen. 2005, im letzten Jahr der V10-Motoren, fuhr Fernando Alonso im Qualifying 1:32.582 Minuten. Hamiltons Bestzeit ist allerdings noch 2,5 Sekunden davon entfernt.

Logisch, dass den Fahrern der neue Belag gefällt. "Das ist ein großer Schritt nach vorne. Man hat deutlich mehr Grip", freut sich Sebastian Vettel. "Die Oberfläche war ziemlich rutschig und hart zu den Reifen. Mit dem neuen Asphalt haben sie hier einen guten Job gemacht", pflichtet Daniel Ricciardo bei. "Die Strecke hat sich stärker verändert, als ich dachte", gibt Kevin Magnussen zu.

Button: Neuer Asphalt ist komisch

Es gibt aber nicht nur Anhänger. "Es ist sehr seltsam", meint Jenson Button. "Du bekommst auf diesem Asphalt großes Vertrauen, weil du das Gefühl hast, über jede Menge Grip zu verfügen - doch plötzlich ist der Grip weg. Es ist sehr seltsam und schwierig zu lesen. Es fühlt sich nicht normal an." Ein ähnliches Phänomen beschrieben die Piloten schon in Sochi, wo ein ähnlich feiner Asphalt zum Einsatz kommt. "Wir sind die besten Fahrer der Welt und normalerweise fühlen wir, wenn das Auto übersteuert. Aber hier kommt es einfach aus dem Nichts und das ist sehr schwierig", schimpft Button.

Der Asphalt ist aber nicht die einzige Neuerung in diesem Jahr. Zahlreiche Bodenwellen wurden eliminiert. "Die wenigen Besonderheiten der Strecke hat man damit glattgebügelt", kritisiert Motorsport-Magazin.com-Experte Christian Danner. "Bodenwellen gehören zur Charakteristik einer Strecke. Einer kann ohne Probleme über die Bodenwelle fahren, der andere nicht. Man hat ein Selektionsmerkmal weggenommen."

Danner: Strecke hat Charakter verloren

"Die Strecke ist damit ein richtiger MotoGP-Kurs", meint Danner. Das kommt nicht von ungefähr. Die MotoGP fährt ebenfalls in Sepang. Für den Umbau war nicht Hermann Tilke - der die Strecke Ende der 1990er Jahre konzipierte und baute - zuständig, sondern das italienische Ingenieursbüro Dromo. Dromo arbeitete zuvor schon an den MotoGP-Strecken in Misano, Mugello und Argentinien.

Eine weitere Änderung sorgte durch die Bank für wenig Begeisterung: Kurve Nummer 15, die Haarnadelkurve, die auf Start und Ziel führt, wurde grundlegend verändert. Verlauf und Radius blieben zwar gleich, dafür wurde aber an der Innenseite aufgeschüttet, so dass die Kurve nun recht stark nach außen abhängt. Quasi eine umgekehrte Steilkurve.

Vettel gefällt die neue letzte Kurve nicht, Foto: Sutton
Vettel gefällt die neue letzte Kurve nicht, Foto: Sutton

"Die letzte Kurve ist ziemlich knifflig, mit viel negativem Sturz. Es ist nicht die schönste Kurve im Kalender", meint Daniel Ricciardo. Wieder ist sein ehemaliger Teamkollege Vettel seiner Meinung: "Weil sie so stark abfällt, hat man nicht so viel Grip. Es ist leicht, sich zu verbremsen und den Scheitelpunkt zu verpassen."

Durch die Überhöhung auf der Innenseite wird die Kurvengeschwindigkeit abgesenkt. Je langsamer die Verbindung zweier Geraden ist, desto besser die Überholmöglichkeit - in der Theorie. Außerdem sah man am Freitag viele kleine Fehler und unterschiedliche Linien.

"Ich halte es nicht für besonders schön, zu versuchen, eine Haarnadelkurve interessant zu machen, indem man sie innen aufschüttet. Dass man relativ leicht Fehler machen kann, ist keine Herausforderung im klassischen Sinne. Diese Fehler werden künstlich kreiert", meint Danner. "Wenn die Rennen dadurch aber wirklich besser werden, soll es mir recht sein."

Danner, der sich im 2. Freien Training selbst ein Bild von der Strecke machte, konnte durchaus interessante Beobachtungen machen. "Es ergeben sich nun unterschiedliche Linien in Kurve 15. Man konnte sehen, wie manche einen Late-Apex gefahren sind und andere den Scheitelpunkt ganz normal anvisiert haben. Bei manchen weiß man allerdings nicht, ob das Absicht war, oder ob sie sich verbremst haben", schmunzelt Danner.

Verstappen ändert Linie während Stint

In der Tat scheint die Neuerung nun mehrere unterschiedliche Linien zuzulassen. Am schnellsten durch die Kurve kommt man mit der normalen Ideallinie (gelb). Der Kurvenradius ist so am größten. In Spitzkehren ist allerdings auch der sogenannte 'Late-Apex' (weiß) möglich. Hier wird später in die Kurve eingelenkt. Dadurch wird der Radius enger, die Geschwindigkeit niedriger. Dafür kann der Fahrer früher wieder aufs Gas und fährt schneller auf die folgende Gerade. Je länger die Gerade, desto lukrativer wird diese Linie.

Die Überhöhung auf der Innenseite macht es noch schwieriger. "Wenn du innen fährst, rutscht du wegen der Überhöhung nach außen ab. Wenn du außen fährst, legst du mehr Weg zurück. Es geht darum, einen guten Kompromiss zu finden und den dann ohne Fehler hinzubekommen", erklärt Ricciardo.

Gelb: Normale Ideallinie - Weiß - Late Apex, Rot - Überhollinie, Foto: Sutton
Gelb: Normale Ideallinie - Weiß - Late Apex, Rot - Überhollinie, Foto: Sutton

"Am Ende kommt hier aber immer die gleiche Rundenzeit heraus", meint Max Verstappen. "Es kommt auch auf die Balance an, die du im Auto hast, ob du Über- oder Untersteuern hast." Weil sich die Balance während eines Runs verändert, ändert Verstappen auch seine Linienwahl. "Am Ende des Stints, wenn die Reifen stärker verschlissen sind, will man schneller aus der Kurve kommen. Wenn die Reifen neu sind, will man den kürzesten Weg fahren."

Es gibt übrigens auch das Gegenstück (rot) zum 'Late-Apex'. Man bremst sehr spät, fährt spitz in die Kurve ein und fährt spät einen engen Kurvenradius. Für die Rundenzeit ist das allerdings wenig förderlich. Beim klassischen Ausbremsen wird diese Linie aber oftmals gewählt.