Wir haben es schon einmal geschrieben: Der Singapur GP war ein eigenartiges Rennen. Nico Rosberg sah das gesamte Rennen über wie der sichere Sieger aus, ein taktischer Trick des Teams bei seinem Teamkollegen brachte den Sieg dann aber doch nicht in Gefahr. Durch Daniel Ricciardo. Wie diese Kettenreaktion funktionierte, haben wir bereits in der Strategie-Analyse erklärt.

Ferrari verschenkte einen Podestplatz mit der Strategie, Foto: Sutton
Ferrari verschenkte einen Podestplatz mit der Strategie, Foto: Sutton

Doch es geht noch verrückter. Sebastian Vettel startete von Platz 22 und kam als Fünfter ins Ziel. Max Verstappen startete von Platz vier und kam als Sechster ins Ziel. Er verlor 55 Sekunden auf Vettel - ohne Safety Car. Auch das haben wir bereits erklärt.

Verrückter wird die Vettel/Verstappen-Geschichte, wenn man bedenkt, wie schnell Ricciardo im Rennen war. Aber Vorsicht: Der Ferrari war im Rennen eine Waffe. Das Problem: Weil Räikkönen die meiste Zeit im Verkehr steckte, konnte er die Pace kaum zeigen. Sebastian Vettel konnte zumindest im letzten Stint zeigen, was der Ferrari konnte. Aber auf Ultrasoft-Reifen.

Einzig der Beginn des dritten Stints von Rosberg und Räikkönen zeigt repräsentativ, wozu der Ferrari im Rennen in der Lage gewesen wäre. Mercedes und Ferrari zogen den Piloten in der gleichen Runde die Soft-Reifen auf. Weil Räikkönen in der Inlap Hamilton überholte, konnte er anschließend die Reifen in freier Fahrt nutzen.

Sowohl für Räikkönen, als auch für Rosberg sollte der Stopp in Runde 33 der letzte Reifenwechsel sein. Entsprechend gingen beide mit ihren Reifen um. Nur, weil Mercedes Ferrari mit Hamilton eine Finte legte und die Scuderia darauf hereinfiel, kam Räikkönen doch noch zum Stopp.

Räikkönen theoretisch zwei Sekunden hinter Rosberg

Zu unserer Strategie-Analyse gab es bereits kritische Kommentare. Weil unsere Rechnung ergab, dass Räikkönen, wäre er im dritten Stint durchgefahren, rund sechs Sekunden vor Hamilton ins Ziel gekommen wäre. Und das wäre gleichzeitig nur zwei Sekunden hinter Rennsieger Nico Rosberg gewesen.

Zugegeben, es scheint auf den ersten Blick abenteuerlich, lag Räikkönen nach dem Stopp in Runde 33 noch 13,323 Sekunden hinter Rosberg. Doch in freier Fahrt konnte der Iceman erstmals die Pace seines Ferrari nutzen. In den elf Runden auf den Soft-Reifen fuhr Räikkönen aber im Schnitt Zeiten im Bereich von 1:50,4 Minuten, Rosberg im Schnitt 1:50,8 Minuten. In diesen elf Runden nahm Räikkönen Rosberg - ohne Out- und Inlap - fünf Sekunden ab.

In Runde 45 betrug sein Rückstand auf Rosberg nur noch 8,405 Sekunden. Hätte Räikkönen die restlichen 16 Runden in ähnlichen Schritten auf den Führenden aufgeholt, wäre er genau zwei Sekunden nach Rosberg über die Ziellinie gefahren.

Hätten Räikkönens Reifen gehalten?

Natürlich kann man sagen, Räikkönens Reifen wären eingegangen, hätte er keinen zusätzlichen Stopp eingelegt. Aber Ferraris Plan war, mit diesem Satz durchzufahren. Der Stopp wurde erst entschieden, als Hamilton zur Box kam. Nur eine halbe Runde lange wusste Räikkönen, dass er auf diesen Reifensatz nicht aufpassen muss.

Im letzten Stint schraubte Ferrari dann auch nicht die Supersofts auf, sondern einen Satz Ultrasofts. Lewis Hamilton und Daniel Ricciardo gingen für ihre Schlusssprints auf Supersofts. Auch wenn der Unterschied zwischen Super- und Ultrasoft nicht riesig ist, der Ferrari ging äußert schonend mit den Pneus um. Vettel schaffte trotz Verkehr eine Zweistopp-Strategie mit zwei Stints auf Ultrasoft.

Interessant: Ferrari war vor allem im letzten Sektor stark. Räikkönen gewann im Vergleichs-Stint rund drei Zehntelsekunden pro Runde im letzten Sektor. Mit zehn von 23 Kurven ist Sektor drei der kurvenreichste und langsamste Abschnitt der Strecke. Dabei betonte Ferrari zuletzt immer wieder, dass nicht der Motor die Schwäche des Boliden ist, sondern eher Aerodynamik und mechanischer Grip.

Die Zeiten aus dem Qualifying sind nicht besonders repräsentativ, weil die Ultrasoft-Reifen im Qualifying-Trimm keine ganze Runde durchhalten, ohne zu überhitzen. Am Sonntag galt es, die Reifen generell ins perfekte Arbeitsfenster zu bringen und dort möglichst lang zu halten. Das schaffte Ferrari offenbar besser als alle anderen. Deshalb war der letzte Sektor auch die große Stärke, weil in den vielen langsamen Kurven mechanischer Grip alles ist.

2015 siegte Vettel in Malaysia - Wiederholung unwahrscheinlich, Foto: Sutton
2015 siegte Vettel in Malaysia - Wiederholung unwahrscheinlich, Foto: Sutton

Wäre bei Kimi Räikkönen die Strategie nicht danebengegangen, wäre der Finne wohl locker auf Platz drei ins Ziel gekommen. Bei Sebastian Vettel machte ein defekter Stabilisator im Qualifying einen Strich durch die Rechnung. Im Rennen hatte Ferrari die Pace, Mercedes zu schlagen.

Die schlechte Nachricht: Eine Änderung der Rangordnung bedeutet das nicht. Das zeigt schon der Blick auf die vergangene Saison. Singapur ist speziell. Mercedes hat in dieser Saison nur generell einen größeren Vorsprung und scheint zudem die extremen Probleme des vergangen Jahres verstanden und teilweise auch gelöst zu haben. In Malaysia und Japan sollte man wohl eher nicht auf Ferrari setzen.