Der nächste, bitte! Nach zwei Jahren mit einer konstanten Fahrerpaarung wagt McLaren 2017 einen neuen Anlauf mit einem Youngster. Stoffel Vandoorne ersetzt Jenson Button an der Seite von Fernando Alonso. Die Devise lautet: Jugend und Erfahrung Seite an Seite. Es ist nicht das erste Mal, dass McLaren auf solch eine Kombination setzt.

Seit dem Paradebeispiel Lewis Hamilton (auch damals war übrigens Fernando Alonso der Teamkollege) haben sich etliche vielversprechende Nachwuchstalente in der Mannschaft aus Woking probiert. Heikki Kovalainen, Sergio Perez und Kevin Magnussen kamen als Rookies oder mit nur wenig F1-Erfahrung ins Team - verließen dieses aber schon bald wieder gescheitert. Umso tragischer: Nur einer von ihnen kam danach bisher noch einmal sportlich auf die Beine...

Lewis Hamilton: Die Blaupause für einen Formel-1-Star

Lewis Hamilton brach 2007 einen Rekord nach dem anderen, Foto: Sutton
Lewis Hamilton brach 2007 einen Rekord nach dem anderen, Foto: Sutton

Bis heute ist Lewis Hamilton der Vorzeigefahrer für die Nachwuchsförderung von McLaren (und Mercedes). Die Geschichte des kleinen Jungen, der Ron Dennis am Ärmel zupfte und zu ihm sagte, dass er eines Tages für ihn fahren wolle, ist schon zur Legende geworden. Ebenso das fatale Ende seiner ersten F1-Saison an der Seite von Fernando Alonso.

Vor Hamilton machte McLaren schon Kimi Räikkönen zum Grand-Prix-Sieger. Allerdings absolvierte der Finne seine Debütsaison bei Sauber und wechselte erst danach für viel Geld auf die Insel. Hamilton saugte das McLaren-Gen fast schon mit der Muttermilch auf. Sechs Jahre lang ging er für Ron Dennis auf Punktejagd. Ein WM-Titel und 21 Siege waren die stolze Bilanz - bis er sich bei Mercedes eine neue Herausforderung suchte.

Eine steile Vorlage für all die Fahrer, die in seine Fußstapfen treten wollten. Geschafft hat es bis heute keiner von ihnen. Alonso und Button fielen bei ihren Unterschriften in Woking ja nicht gerade mehr in die Kategorie aufstrebender Nachwuchspiloten.

Heikki Kovalainen: Kein Iceman, kein fliegender Finne

Heikki Kovalainen war kein Gegner für Hamilton, Foto: Sutton
Heikki Kovalainen war kein Gegner für Hamilton, Foto: Sutton

Heikki Kovalainen galt als eines der kommenden Talente der Formel 1. Nicht umsonst kämpfte der Finne 2005 bis zuletzt um den ersten Titel in der neu geschaffenen GP2 Serie - am Ende unterlag er knapp einem gewissen Nico Rosberg. Kovalainens Weg in die Königsklasse war dennoch vorgezeichnet - dank seines Manager Flavio Briatore spulte er abertausende Testkilometer für Renault ab.

Nach seinem Debütjahr mit den Franzosen ging es 2008 als Ersatz für Fernando Alonso zu McLaren. Anders als der Spanier war Kovalainen jedoch kein Gegner für Teamzögling Lewis Hamilton. Während Hamilton im Herzschlagfinale in Brasilien seinen ersten WM-Titel einfuhr, belegte der Finne nur einen enttäuschenden siebten WM-Rang. Nur dreimal fuhr er auf das Podium, darunter sein erster und einziger GP-Sieg in Ungarn.

Seine zweite McLaren-Saison wurde durch ein Formtief des Teams erschwert. Doch während Hamilton immerhin zwei Siege einfuhr, blieb Kovalainen gänzlich ohne Podestplatz und musste das Team verlassen. Nach dem Abschied von McLaren erholte sich Kovalainens Karriere nicht mehr. Er versuchte zwar, sich bei den verschiedenen Inkarnationen des neuen Lotus bzw. Caterham Teams im Fahrerlager zu halten - doch er fand keinen Weg mehr aus den Niederungen der Startaufstellung heraus. Der Sieg in seinem ersten McLaren-Jahr sollte der Höhepunkt seiner F1-Karriere bleiben.

Sergio Perez: Noch nicht reif genug

Sergio Perez blieb bei McLaren ohne Podium, Foto: Sutton
Sergio Perez blieb bei McLaren ohne Podium, Foto: Sutton

Die Geschichte war wohl zu schön, um wahr zu sein: Ein junger, talentierter Rennfahrer schafft mit dem kleinen Sauber Team gleich dreimal den Sprung auf das Podium und wird damit zu einer der heißesten Aktien auf dem Formel-1-Fahrermarkt des Jahres 2012. Ferrari und McLaren jagen den Mexikaner. Am Ende setzt sich McLaren durch, weil sie ihm schon für 2013 ein Einsatzcockpit bieten können. Sergio Perez schlägt überglücklich ein und wähnt sich im siebten Himmel.

Im Nachhinein betrachtet ein Fehler, das gesteht Perez heute selbst ein. Nicht, weil er bei McLaren keine Fortschritte gemacht hätte. Als Mensch und als Rennfahrer lernte der Mexikaner beim Topteam aus Woking sehr viel. Aber wirklich wohl fühlte er sich dort nie. Die Mannschaft von Ron Dennis wollte ihn zu einem McLaren-Prototypen erziehen. Was einst bei Lewis Hamilton perfekt funktionierte (bis auch dieser die Flucht vor dem System McLaren suchte), gelang bei Perez nicht.

Der Mexikaner kämpfte mit dem unberechenbaren McLaren, den selbst Jenson Button nicht bändigen konnte. "Letztendlich hat mich McLaren nach einem Jahr fallengelassen", erinnerte sich Perez kürzlich gegenüber Motorsport-Magazin.com. "Dank dem Jahr bei McLaren bin ich die Person und der Fahrer, der ich heute bin." Es scheint Ironie des Schicksals zu sein, dass ausgerechnet McLaren das einzige seiner drei Formel-1-Teams (die anderen waren Sauber und Force India) ist, mit dem Perez nicht auf das Podium fahren konnte.

Kevin Magnussen: Eintagsfliege aus Dänemark

Kevin Magnussen: Podium beim Debüt - die Vergleiche mit Hamilton waren verfrüht..., Foto: Sutton
Kevin Magnussen: Podium beim Debüt - die Vergleiche mit Hamilton waren verfrüht..., Foto: Sutton

Was für ein Debüt! Platz zwei im ersten Formel-1-Rennen in Australien 2014. Aus dem Nichts katapultierte sich McLaren-Rookie Kevin Magnussen in die Schlagzeilen. Selbst ohne die Disqualifikation von Daniel Ricciardo wegen der Fuel-Flow-Meter-Affäre hätte er bei seinem GP-Debüt auf dem Podium gestanden - und das mit einem McLaren, der sich im Verlauf der Saison als alles andere als podestfähig erweisen sollte. So ist das Doppel-Podium von Magnussen und Jenson Button zum Auftakt der Saison 2014 das bis heute letzte Mal gewesen, dass ein McLaren-Fahrer auf dem Treppchen gestanden hat.

"Es war ganz sicher keine Eintagsfliege", versicherte Magnussen einige Wochen später im Interview mit Motorsport-Magazin.com. "Ich werde garantiert wieder aufs Podium fahren. Wenn nicht in diesem Jahr, dann eben in der Zukunft." Bislang blieb er den Beweis schuldig. Natürlich stand ihm 2014 kein siegfähiges Auto zur Verfügung, doch seine Formkurve verflachte im Verlauf der Saison zusehends. Am Ende fiel er einer Mischung aus seinen ausbleibenden Ergebnissen, einem Machtspiel in der Führungsetage und der Rückkehr von Fernando Alonso zum Opfer.

Magnussen verblieb zwar für ein weiteres Jahr als Test- und Ersatzfahrer im Team, hatte aber nie mehr wirklich eine Chance auf einen Stammplatz bei McLaren. Aber auch sein Wechsel zu Renault brachte ihm keine weitere Gelegenheit ein, das Podium anzuvisieren. Immerhin: Genauso wie Vandoorne in diesem Jahr durfte Magnussen 2015 einmal für den verletzten Fernando Alonso einspringen. Diesmal sollte ihm das Glück in Melbourne aber nicht hold sein: Er fiel auf dem Weg in die Startaufstellung aus. Vielleicht ein Sinnbild für seine Zeit in Woking.

Stoffel Vandoorne: Der nächste Hamilton?

Stoffel Vandoorne holte bei seinem GP-Debüt in Bahrain Punkte, Foto: Sutton
Stoffel Vandoorne holte bei seinem GP-Debüt in Bahrain Punkte, Foto: Sutton

Im nächsten Jahr ist nun also Stoffel Vandoorne an der Reihe. Der Belgier übernimmt das Cockpit von Jenson Button, immerhin 15-maliger Grand-Prix-Sieger und Weltmeister mit Brawn GP 2009. Die Vorzeichen stehen nicht schlecht für Vandoorne. Er wurde in seiner Debütsaison in der GP2 auf Anhieb Zweiter und dominierte sein zweites Jahr 2015 nahezu nach Belieben. Insgesamt siegte er in 21 Rennen sieben Mal - dabei stand er 16 Mal auf dem Podium.

Auch seine F1-Feuertaufe bestand Vandoorne zu Beginn dieser Saison mit Bravour: In Bahrain fuhr er in seinem ersten Formel-1-Rennen anstelle des verletzten Fernando Alonso direkt in die Punkte. Damit war klar: Wenn McLaren 2017 kein Cockpit für ihn gefunden hätte, wäre er nicht mehr zu halten gewesen. Sogar ein Wechsel zu Manor wurde in der Sommerpause diskutiert, bevor Esteban Ocon den Zuschlag für den Platz von Rio Haryanto erhielt.

Aber trotz seines Backgrounds wird es für Vandoorne kein Kinderspiel: Jenson Button verbleibt auch in den kommenden beiden Saisons als Entwicklungsfahrer im Team. Seine Karriere sieht er noch nicht als beendet an. Das übt gleich Druck auf den jungen Vandoorne aus. Bleibt die Leistung aus, ist er spätestens nach einem Jahr, vielleicht sogar schon früher, wieder weg vom Fenster. Ron Dennis wird sicher keine Gnade walten lassen - anders als Lewis Hamilton ist Vandoorne kein persönlicher Ziehsohn des Bigbosses. Es liegt an Vandoorne, den Fluch der McLaren-Talente seit Lewis Hamilton zu durchbrechen...