In Spa herrschte am Samstag Idioten-Frust. "Fucking Idiot", wütete Pascal Wehrlein während des 3. Trainings plötzlich am Funk. Nur um Haaresbreite konnte er eine Kollision mit Esteban Gutierrez vermeiden, der dem Manor-Rookie auf der Ideallinie in die Quere kam.

Wehrlein musste aufs Gras ausweichen - Gutierrez anschließend zur Rennleitung. Der Haas-Pilot kehrte mit einer 5-Platz-Strafe sowie drei Strafpunkten zurück. Als unfair empfand Gutierrez die Situation im Nachgang. Denn: Bei einem vergleichbaren Idioten-Fall hatten die Rennkommissare in Spa Nachsicht walten lassen.

Bei besagtem Fall handelte es sich um Kevin Magnussen, der sich im 3. Training von Sebastian Vettel als Idiot bezeichnen lassen musste. Der Ferrari-Star musste dem langsamen Renault ebenfalls ausweichen und kurzzeitig über die Wiese. Vettels Wortlaut am Funk: "Was für ein Idiot! Ehrlich! Was für ein Idiot! Es ist Freies Training! Darauf gibt doch jeder einen Scheiß!" Die Rennleitung nahm die heikle Situation unter die Lupe, entschied sich letztendlich aber gegen eine Bestrafung.

Gutierrez geht auf die Barrikaden

Grund genug für Gutierrez, seinerseits auf die Barrikaden zu gehen. Er nahm die Rennkommissare ins Visier, warf ihnen vor, mit zweierlei Maß zu messen. "Sehr hart", empfand er seine Strafe. "Vor allem angesichts dessen, dass Magnussen nichts bekommen hat. Sie müssen entscheiden. Aber sie sollen zumindest konstant sein dabei. Das war heute nicht der Fall meiner Meinung nach. Es ist einfach unfair, wenn man sieht, dass jemand anders etwas Ähnliches gemacht hat und keine Strafe bekam."

Immer wieder Gutierrez. In der Vergangenheit hatten sich einige Fahrer über das Verhalten des Mexikaners aufgeregt, vor allem wegen seiner Vorgehensweise bei blauen Flaggen. Unter anderem Daniel Ricciardo und Lewis Hamilton waren zuletzt genervt, als Gutierrez nicht rechtzeitig Platz gemacht haben soll bei Überholvorgängen. Davon konnte auch Nico Hülkenberg ein Liedchen singen. "Wir haben eben ein paar Chaoten im Feld", antwortete er auf die Frage, warum sich so genannte Impeding (Blockieren)-Vorfälle immer mehr häufen.

Hülkenberg: Wild und unkontrolliert

Dabei zeigte Hülkenberg mit dem Finger auch auf Gutierrez. "Ich hatte selbst ein paar Erfahrungen mit Esteban, die ein bisschen wie ein Rodeo waren: wild und unkontrolliert", erzählte der Force-India-Pilot, der selbst unangenehme Erfahrungen mit Gutierrez gemacht hatte.

Hülkenberg zu Motorsport-Magazin.com: "Ich habe ihm gesagt, dass das so nicht gehen kann. Und er dann: ‚Ja, okay.´ Am Anfang war es noch ein bisschen anders und ich sagte: ‚Junge, das musst du doch einplanen. Du kannst doch da nicht so reinstechen.´ Das war in Sochi, dann in Baku und in Ungarn hätte er fast Sergio wegserviert. Er hat dieses Jahr schon so einiges gebracht."

In Spa verteidigte Gutierrez seine Aktion, sprach von einer Fehlkommunikation mit dem Team. Er sei schlichtweg nicht darüber informiert worden, dass Wehrlein heranbrauste. Gutierrez betrachtete den Vorfall so: "Ich habe gesehen, dass er versuchte links herum vorbei zu gehen. Dann wechselte er auf die rechte Seite. Das sind solche Situationen, bei denen du am besten ziemlich in der Mitte bleibst. Sonst kann es sehr gefährlich werden."

Seid ihr Rennfahrer?

Rückendeckung erhielt Gutierrez zumindest von seinem Teamchef. Günther Steiner stellte sich vor den jungen Piloten und verwies auf die Prominenz einiger seiner Gegner. Wenn jemand wie Lewis Hamilton einen Fahrer öffentlich anklage, habe dies eine andere Außenwirkung. Steiner: "Wir haben eine 5-Sekunden-Strafe bekommen, weil Lewis frustriert war und mit dem Finger auf ihn zeigte. Und bei Ricciardo hieß es nach einem nicht perfekten Überholmanöver unter blauen Flaggen: ‚Oh, schon wieder Esteban. Jesus Christus, es ist ihm einmal passiert."

Steiner hatte sogar die Lösung für die Blaue-Flaggen-Debatte rund um Schützling Gutierrez parat: "Seid ihr Rennfahrer oder wollt ihr, dass jeder aus dem Weg geht? Wir müssen wieder etwas mehr dahin zurückkehren, dass wir Racer sind - und wenn dein Auto so viel schneller ist, dann überhol doch einfach."