Rio Haryantos Abenteuer in der Formel 1 ist trotz der Auflösung seines Vertrages als Einsatzfahrer bei Manor noch nicht ganz vorbei. Mit den ausbleibenden Zahlungen seiner Sponsoren waren Manor hinsichtlich des Stammcockpits zwar die Hände gebunden, aufgrund der guten Beziehungen zwischen ihm und seinem Team hat der Indonesier jedoch weiterhin die Chance, als Ersatzfahrer Teil des Formel-1-Paddocks zu sein. Doch was passiert danach? Die Schicksale von Bezahlfahrern vergangener Jahre könnten unterschiedlicher kaum sein.

Als Manor die Auflösung des Vertrages mit Haryanto bekanntgab, wurde im gleichen Atemzug verlautbart, dass das Team sich noch nicht vollständig von seinem Schützling verabschieden wolle. "Wir freuen uns sehr darüber, unsere Unterstützung für Rios Formel-1-Ambitionen weiterhin fortzuführen, in dem wir ihm die Rolle als Reservefahrer für den Rest der Saison anbieten. Wir hoffen sehr, dass er dieses Angebot annehmen wird", sagte Teamchef Dave Ryan.

Diese Einstellung des Teams ist in der Formel 1 bei weitem keine Selbstverständlichkeit, denn das Paydriver-Schicksal Haryantos hat im Motorsport meistens nur eine Konsequenz: Wer nicht mehr zahlen kann, fliegt raus. Als Ersatzfahrer bleibt für ihn die Tür zur Formel 1 fürs Erste zumindest einen Spalt geöffnet.

Sollten sich kurzfristig Geldgeber finden und es für das Team aus marketingstrategischer Sicht lohnend sein, könnten für Haryanto auch einzelne Starts in Frage kommen - so wie es zum Beispiel in der Saison 2015 bei Manor der Fall war, als das Team den US-Amerikaner Alexander Rossi gezielt bei Rennen auf dem amerikanischen Kontinent ins Auto setzte.

In Singapur ließe sich ein Start von Haryanto möglicherweise gut vermarkten, Foto: Sutton
In Singapur ließe sich ein Start von Haryanto möglicherweise gut vermarkten, Foto: Sutton

Nichts als Almosen?

Klar dürfte aber auch sein, dass für Haryanto ohne ausreichende Mitgift weder die kurzfristige Rückkehr ins Renncockpit, noch die Rolle als Ersatzfahrer über die Saison 2016 hinaus eine Option sein werden. In allen Teams, die in irgendeiner Weise auf Paydriver angewiesen sind, zahlen selbst die Test- und Entwicklungsfahrer für ihre Rolle im Team ordentlich ein. Namen wie Alfonso Celis, Nikita Mazepin oder Jordan King würden sonst wohl kaum in einem Atemzug mit Formel-1-Teams genannt werden.

Wenn Haryanto das Geld also komplett ausgeht, wird auch Manors guter Wille irgendwann an seine Grenzen stoßen. In diesem Fall kann es gut sein, dass der Indonesier bereits nach 2016 ohne jegliche Aussicht auf eine Rückkehr aus der Königsklasse verschwindet, wie in jüngerer Vergangenheit Lucas di Grassi, Charles Pic oder Max Chilton.

Rückkehr 2017 oder gar später?

Andererseits hat Haryanto in der zweiten Hälfte der Saison 2016 immer noch die Möglichkeit, für sich die Werbetrommel zu rühren. Als Ersatzfahrer von Manor wird er bei allen Rennen vor Ort und bei sämtlichen Meetings und PR-Terminen anwesend sein. Sollte er erfolgreich sein, ist nicht ausgeschlossen, dass wir ihn beim Saisonauftakt 2017 wieder bei Manor oder einem anderen auf Mitgift angewiesenen Team in der Startaufstellung sehen.

Fälle wie diese waren in der Vergangenheit allerdings eher selten. Meistens haben die finanziell klammen Fahrer ein Jahr oder mehrere Jahre gebraucht, um erneut das Budget für ein Formel-1-Cockpit aufzutreiben. Paradebeispiele für solch Stehaufmännchen sind Jos Verstappen und Narain Karthikeyan.

Verstappen gelang die Rückkehr in die Formel 1 gleich zwei Mal. Ende 1997 bei Tyrrell vor die Tür gesetzt, kehrte er erst 2000 als Stammfahrer bei Arrows zurück. Dort wurde er nach 2001 erneut auf die Straße gesetzt und schaffte es 2003 ein letztes Mal, bei Minardi für eine komplette Formel-1-Saison anzuheuern. Karthikeyan war nach seiner Debüt-Saison 2005 bei Jordan raus und tauchte sechs Jahre später im HRT wieder auf.

Jos Verstappen machte in der Formel 1 gleich mehrere Comebacks, Foto: Sutton
Jos Verstappen machte in der Formel 1 gleich mehrere Comebacks, Foto: Sutton

Zurück zu den Wurzeln oder auf zu neuen Ufern?

Eine weitere Alternative ist für Haryanto der Rückschritt in die GP2. Ohne Aussicht auf eine Zukunft in der Formel 1 haben in der Vergangenheit schon mehrere Piloten den Weg zurück als beste Möglichkeit gesehen, sich erneut für die Königsklasse zu empfehlen. Timo Glock war mit seinem Titelgewinn 2007 erfolgreich und landete danach bei Toyota. Für andere Fahrer ging dieser Plan allerdings nicht auf: Antonio Pizzonia und Giorgio Pantano gingen ebenfalls zurück in die Nachwuchsklasse. Letzterer gewann 2008 sogar den Titel, eine Rückkehr in die Formel 1 ergab sich jedoch für keinen der Beiden.

Mit gerade einmal 23-Jahren und Formel-1-Erfahrung in der Tasche könnte Haryanto jedoch auch in anderen Rennserien gute Chancen auf eine Fortsetzung seiner Motorsport-Karriere haben. In der Formel E wimmelt es nur so von ehemaligen Formel-1-Piloten, um mit Nick Heidfeld, Nelson Piquet oder Sebastien Buemi nur drei von ihnen zu nennen.

Ebenfalls in einem regelrechten Boom befindet sich die WEC, in der Fahrer mit Formel-1-Background gute Chancen bei den Werksteams von Porsche, Toyota und Audi haben. Auch die IndyCar-Serie könnte eine Möglichkeit sein. Hier starten in der Saison 2016 mit Takuma Sato, Alexander Rossi, Max Chilton, Sebastien Bourdais und Juan Pablo Montoya gleich fünf ehemalige F1-Piloten.

Timo Glock vollzog einen erfolgreichen Rückschritt in die GP2, Foto: Sutton
Timo Glock vollzog einen erfolgreichen Rückschritt in die GP2, Foto: Sutton

Mammutaufgabe Sponsorensuche

Die Suche nach Sponsoren dürfte sich ohne weitere Renneinsätze für Haryanto jedoch noch schwieriger gestalten, als sie es ohnehin schon war. "Ich denke, das Wichtigste ist immer noch, auf der Strecke Leistung zu zeigen. Das macht es einfacher, die Probleme abseits der Strecke zu lösen", sagte er noch im Rahmen des Großen Preises von Deutschland.

Der Verlust seines Stammcockpits kommt für den Indonesier somit auch hinsichtlich der kommenden Austragungsorte zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Gerade in der zweiten Saisonhälfte stehen einige Rennen in Asien an, bei denen er sich nur zu gerne potentiellen Sponsoren präsentiert hätte. Die Überzeugungsarbeit wird Haryanto nun abseits der Strecke leisten müssen.