Die Formel 1 macht Sommerpause. Genau der richtige Zeitpunkt für Motorsport-Magazin.com, um eine Bilanz zur bisherigen Saison zu ziehen. Nach 12 von 21 Rennen schauen wir, wie sich die Teams geschlagen haben. Manor konnte dank Pascal Wehrlein bereits einen Punkt einfahren. Im Kampf um Platz zehn bereits eine Vorentscheidung?

  • Komplett neue Teamstruktur im Vergleich zum Vorjahr
  • Mercedes-Motor brachte Konkurrenzfähigkeit
  • Sensation am Red Bull Ring: Pascal Wehrlein holt einen Punkt
  • Rio Haryanto wird nach der Sommerpause durch Esteban Ocon ersetzt

Das Auto:

Schon der erste Blick zeigt, dass der MRT05 aerodynamisch nicht mit den Top-Fahrzeugen vergleichbar ist. Allein die lange Nase steht dem gegenwärtigen Trend völlig entgegen, die Fahrzeug-Front so kurz wie möglich zu halten. Dem Boliden fehlt es komplett an Abtrieb. Dadurch rutscht das Auto mehr, wodurch der Reifenverschleiß erhöht wird. In Spielberg profitierte Manor vom neu-verlegten Asphalt, der die Reifen kaum forderte. Ansonsten jedoch benötigen Pascal Wehrlein und Rio Haryanto oftmals mehr Stopps, um über die Renndistanz zu kommen.

Doch anders als der Vorjahres-Bolide verfügt der MRT05 auch über ein echtes Prunkstück: die Power Unit von Mercedes. Im vergangenen Jahr verrichtete noch der Ferrari-Motor von 2014 seine Arbeit. Durch den großen Sprung im Bereich der Antriebseinheit stellt Manor regelmäßig die Bestmarken bei der Höchstgeschwindigkeit auf. Dies verhilft den Briten gerade auf Highspped-Strecken zu guten Resultaten. Zudem hat Manor keine Probleme mit der Zuverlässigkeit. Pascal Wehrlein musste erst einen technisch-bedingten Ausfall hinnehmen, als in Baku seine Bremsen versagten. Bei Rio Haryanto streikte in Australien die Kraftübertragung.

20152016
Punkte zur Pause (2016 zwei Rennen mehr) 0 1
Punkte/Rennen zur Pause 0 0,083
Bestes Ergebnis 12 10
WM-Position zur Pause 10 10
WM-Position am Ende 10
Siege zur Halbzeit 0/10 0/12
Podien zur Halbzeit 0/20 0/24

Die Fahrer:

Als amtierender DTM-Champion kam Pascal Wehrlein Anfang 2016 in die Formel 1. Im Zuge der umfassenden Kooperation mit Mercedes erhielt Wehrlein das Cockpit bei Manor. Nicht nur die Stuttgarter halten viel von Wehrlein, der Deutsche gilt als großes Talent in der Formel 1. Bislang fuhr Wehrlein eine stabile Saison. Seinen Teamkollegen Rio Haryanto hatte er im Rennen stets im Griff, in den Qualifyings musste er sich jedoch bereits ein paar Mal geschlagen geben. Sein absolutes Highlight war Rang zehn beim Österreich GP. Er ist damit nach Jules Bianchi erst der zweite Fahrer überhaupt, der Punkte für Manor (inklusive Marussia) einfahren konnte.

Rio Haryanto hat sich seinen Platz in den Geschichtsbüchern auf jeden Fall bereits gesichert. Er ist der erste Formel-1-Pilot aus Indonesien überhaupt. Seine Verpflichtung löste in dem südostasiatischen Staat regelrechte Ekstase aus. Haryanto sicherte sich das Cockpit als klassischer Paydriver, indem er Will Stevens und Alexander Rossi überbot. Nach einem kuriosen Unfall gleich in Australien, als er in der Box mit Romain Grosjean kollidierte, schienen sich die schlimmsten Befürchtungen zu bewahrheiten. Doch seither lieferte Haryanto einen soliden Job ab und vermeidet unnötige Abflüge. Im Qualifying lag er mit Wehrlein fast gleichauf. Im Rennen aber kam der 23-Jährige bislang nicht über Platz 15 in Monaco hinaus.

Rio Haryanto kommt nach der Sommerpause nicht mehr zum Einsatz, Foto: Sutton
Rio Haryanto kommt nach der Sommerpause nicht mehr zum Einsatz, Foto: Sutton

Am Mittwoch wurde jedoch bekannt, dass Haryanto sein Stammcockpit bei Manor mit sofortiger Wirkung verliert. Sein Management konnte den finanziellen Verpflichtungen, die für den Rest der Saison nötig waren, nicht nachkommen. Seinen Platz bekommt mit Esteban Ocon ein weiterer Mercedes-Junior. Bei Manor besteht der Rest der Saison damit nicht nur aus dem Kampf gegen Sauber, sondern auch aus dem Kampf der beiden Piloten gegeneinander.

Pascal Wehrlein Rio Haryanto
Punkte 1 0
WM-Position 17 23
Quali-Duell 7 5
Durchschnittliche Startposition 18,9 (o. Strafen)
18,5 (m. Strafen)
20,2 (o. Strafen)
19,8 (m. Strafen)

Das Team:

Vor der Saison 2016 gab es einen echten Umbruch bei Manor. Die langjährigen Mitglieder Graeme Lowdon und John Booth verließen nach Streitereien mit Investor Stephen Fitzpatrick das Team, das sie 2010 in die Formel 1 gebracht hatten. Kurz danach heuerten sie mit einem eigenen Manor-Team in der WEC an. Im Formel-1-Team übernahm Dave Ryan als Renndirektor das Zepter, während CEO Thomas Mayer hinter den Kulissen die Geschäfte führt.

Auf technischer Seite stießen einige namhafte Leute zum Team. Pat Fry, zuvor von 2010 bis 2014 bei Ferrari tätig, fungiert nun als technischer Berater. Mit Nicholas Tombazis konnte ein weiterer ehemaliger Ferrari-Angestellter als Aerodynamik-Chef verpflichtet werden. Da sie erst im Januar bei Manor ihre Arbeit aufgenommen hatten, konnten sie noch nicht in großem Maße an der Entwicklung des aktuellen Autos mitwirken. Die Mitarbeiterzahl ist im Vergleich zu den großen Teams beinahe lächerlich gering, Pascal Wehrlein äußerte in Hockenheim die Zahl 150. Die Umstrukturierungen sind immer noch in vollem Gange. Die Zukunft wird maßgeblich davon abhängen, ob Manor den so wichtigen, weil mit viel Preisgeld bedachten, zehnten Platz in der Konstrukteurs WM halten kann.

Ausblick 2. Hälfte:

Der Kampf um WM-Platz zehn gegen Sauber geht in die entscheidende Phase. Etwa 40 Millionen Euro beträgt der Unterschied zwischen Rang zehn und elf. Sauber hat bereits angekündigt, noch einmal neue Teile an den Start zu bringen. Für Manor werden es noch einmal neun harte Rennen. Eine große Chance könnte in Monza winken. Dort zählt nichts außer Höchstgeschwindigkeit. Und in diesem Bereich führt Manor bereits das gesamte Jahr über die Wertungen an.

Für Zündstoff könnte die zur Hälfte neubesetzte Fahrerpaarung sorgen. Die bisher klare Rollenverteilung zwischen Mercedes-Junior Wehrlein und Paydriver Haryanto ist aufgehoben, mit Esteban Ocon bekommt der Deutsche einen mindestens gleichwertigen Gegner. Sollte sich ein gesundes Konkurrenzdenken entwickeln, könnten sich die beiden Youngster gegenseitig antreiben, was sich positiv auf die Performance von Team und Auto auswirken dürfte.

Best of Social Media:

Meinungen zur ersten Manor-Hälfte

Motorsport-Magazin.com meint:
Bei Manor entsteht immer noch etwas, der Prozess der Umstrukturierung ist noch nicht abgeschlossen. Doch Geld ist weiterhin knapp, im Hinblick auf die kommende Saison werden die Ressourcen bereits verlagert. Sauber versucht es noch einmal mit einem Angriff nach der Sommerpause. Wenn Manor diesen übersteht, sollte Rang zehn sicher sein. Die Inthronisierung von Esteban Ocon könnte dem Team durch ein nun gleichwertiges Fahrerduo einen Aufschwung verleihen. Denn klar ist: Ocon/Wehrlein ist die deutlich stärkere Paarung als Nasr/Ericsson.