Wie überlegen Mercedes in Hockenheim ist, bewies der erste Abschnitt des Qualifyings ganz eindeutig. Während die Konkurrenz geschlossen die Supersofts nutzte, um kein Risiko einzugehen, drehten Nico Rosberg und Lewis Hamilton ihre Runden auf den härteren, gelben Reifen. Doch es reichte nicht nur mühelos, um sich für den zweiten Abschnitt des Zeittrainings zu qualifizieren - nein, sie fuhren sogar die Bestzeit. Als es dann um die Wurst ging, hielt sich der Rückstand der Konkurrenz jedoch in Grenzen. Daniel Ricciardo als Drittem fehlten auf Polesetter Rosberg keine vier Zehntel.

Ob Mercedes aber an dem berühmt-berüchtigten Schalter gedreht hat, der den Boliden für den Fall der Fälle einen Schuss Zusatzleistung beschert, ist unklar. Auf eine Runde zumindest waren die Silberpfeile nicht zu schlagen, meint Red-Bull-Motorsportdirektor Dr. Helmut Marko. "Wenn alles geklappt hätte, wären wir vielleicht ein, zwei Zehntel näher gewesen. Für die Optik wäre das schön gewesen, aber Mercedes war nicht zu schlagen", stellte er im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com klar.

Red Bull sieht Ferrari nicht als Gefahr

Im Rennen zählt aber nicht die Performance auf eine schnelle Runde, sondern der Speed mit vollem Tank und der richtige Umgang mit den Reifen. In den Trainings am Freitag machte Red Bull einen starken Eindruck. Marko sieht den Rückstand seiner Schützlinge auf Mercedes geringer als den eigenen Vorsprung auf Ferrari. "Also hier erwarten wir, dass wir deutlich vor Ferrari sein sollten. Die Long Runs haben das gezeigt, aber auch das Qualifying. Beide (Ferrari-Fahrer) hatten ja recht problemlose Runden und waren trotzdem deutlich hinter uns", sieht er die Scuderia als keine direkte Gefahr.

Kann man vielleicht sogar in den Kampf um den Sieg eingreifen? "Reifen und Chassis sind bei uns ziemlich temperaturempfindlich. Sollten die Temperaturen morgen ähnlich sein, dann glaube ich, dass wir entgegen den Erwartungen mehr Druck ausüben können, als in Budapest", kündigte Marko bei Sky an. Einen kleinen Schauer würde er aber dennoch gerne nehmen. "Natürlich ist uns Regen lieber, da sind wir besser dran."

Mercedes selbstbewusst

Bei Mercedes ist man sich der Bedrohung bewusst, die von Red Bull ausgeht. "Sie waren schon schnell am Freitag. Es ist aber auch viel Bluffen dabei. Man sieht nicht so die wahre Pace. Ich glaube, wir sind mindestens gleichwertig, vielleicht haben wir die Nase leicht vorne. Wenn am Sonntag alles normal läuft, sollten wir vorne sein", ist Toto Wolff zuversichtlich.

Was die Strategie betrifft, hat Mercedes möglicherweise einen kleinen Vorteil. Da sie ihr Reifenkontingent an diesem Wochenende etwas anders eingesetzt haben, verfügen sie sowohl über einen Satz neue Softs, als auch über einen Satz unbenutzte Supersofts. Bei Red Bull dagegen beschränkt sich der Vorrat an neuen Reifen auf je einen Satz rote Reifen. Dort ist die Variabilität nicht so groß. Max Verstappen könnte zwar noch auf einen frischen Viererpack an Mediums zurückgreifen, diese werden aber wohl nicht zum Einsatz kommen.

Kann Ferrari wieder überraschen?

Bereits in Ungarn schien es auf einen Zweikampf zwischen Mercedes und Red Bull hinauszulaufen, ehe Ferrari plötzlich eine formidable Rennpace an den Tag legte. Könnte die Scuderia also vielleicht wieder überraschen? Helmut Marko glaubt es nicht, die Ferrari-Piloten dagegen schon. "Wir versuchen, gut ins Rennen zu starten. Hoffentlich geht am Ende noch was. Es liegt an uns", erklärte Kimi Räikkönen.

Und auch Sebastian Vettel wirft die Flinte noch nicht ins Korn. "Wir haben gesehen, dass wir im Rennen normalerweise schneller sind als im Qualifying. In der zweiten Kurve kann schon alles vergessen sein, was heute passiert ist", stellt er klar. Und sollte es tatsächlich zu einer erneuten Aufholjagd der Ferraris kommen, sollten Überholmanöver deutlich leichter von der Hand gehen, als zuletzt in Budapest.