Mann des Rennens: Lewis Hamilton surft auf der Erfolgswelle

Zugegeben: Dem aktuellen Weltmeister diesen Titel zu verleihen ist nicht sonderlich kreativ. Aber wer hat die Auszeichnung in Silverstone verdient, wenn nicht Lewis Hamilton? Der Brite siegte souverän beim Heimrennen und war an diesem Wochenende in allen Sessions der schnellste Fahrer im Feld. Er hat die Fahrer-Weltmeisterschaft nach Rosbergs fulminantem Saisonauftakt wieder spannend gemacht. Außerdem sorgte er nach dem Zieleinlauf - zur Freude der Fans und Journalisten - für tolle Bilder, als er sich wie ein Rockstar beim Crowdsurfing feiern ließ (Foto oben).

Spruch des Rennens: Buuuuuuuuuuh!

In diesem Fall ist es ein Negativ-Preis: Nach dem Mercedes-Crash in Spielberg war Lewis Hamilton bei der dortigen Siegerehrung von deutschen und österreichischen Fans zu Unrecht ausgebuht worden. In Silverstone folgte die unsportliche Revanche der britischen Anhänger. Als Nico Rosberg zur Siegerehrung kam, ließen einige Zuschauer ihrem Unmut freien Lauf. "Okay, ich weiß, dass einige Jungs da draußen mich nicht ganz so sehr mögen wie Lewis. Aber das ist in seinem Heimatland normal. Ich hatte das Gefühl, dass die Mehrzahl mich sehr gut unterstützt hat", sagte der WM-Führende hinterher diplomatisch.

Manöver des Rennens: Verstappen schnappt sich Rosberg

Max Verstappen hat beim Großbritannien GP erneut demonstriert, dass er im richtigen Auto ein absoluter Spitzenfahrer der Formel 1 werden kann. Der 18-Jährige düpierte im Qualifying die Ferrari, fuhr ein starkes Rennen, kam auf Rang drei ins Ziel und wurde - nach der Strafe für Nico Rosberg - letztendlich sogar als Zweiter gewertet. Dabei konnte er den deutschen Mercedes-Piloten in Runde 16 im Streckenabschnitt Becketts auf Intermediates eindrucksvoll außen überholen. Im Anschluss gelang es ihm sogar, sich vom eigentlich stärkeren Silberpfeil abzusetzen. Dass Rosberg Verstappen letztlich noch schlucken konnte, machte das Manöver nicht weniger sehenswert.

Szene/Unfall/Zwischenfall des Rennens: Leg´ Dich nicht mit Kurve eins an!

DEN Unfall gab es beim Rennen in Silverstone in diesem Jahr nicht. Aber es gab die Kurve eins, die 2016 bei feuchten Bedingungen so tückisch war, dass sie die Rolle des Bösewichts in einer Seifenoper verdient gehabt hätte. Reihenweise drehten sich an dieser Stelle auch erfahrene Piloten. Unter anderem Vettel, Alonso und Perez "genossen" jeweils unfreiwillig ein 360-Grad-Panorama. Hinzu kamen Ausritte von Hamilton, Verstappen und Räikkönen, die die Strecke jeweils deutlich verließen.

Boxenstopp des Rennens: "Wozu alle vier Reifen mitnehmen?", fragt sich Jolyon Palmer.

Es ist nicht anzunehmen, dass Renault in der aktuellen Saison noch viele Titel holt, also sollten die Franzosen diese Ehrung auskosten. Beim zweiten Stopp von Jolyon Palmer fuhr der Brite los, obwohl der rechte Hinterreifen noch nicht montiert war. "Ich hatte grünes Licht", rechtfertigte sich der Pilot. Er musste zurückgeschoben werden und erhielt darüber hinaus eine Zehn-Sekunden-Strafe aufgrund des Unsafe Release. Wie es zu dem Fehler kam, ließ sich nicht abschließend klären. Die Fernsehkameras hatten die Szene nicht vollständig eingefangen und Renault selbst hielt sich mit Erklärungen zurück.

Topspeed des Rennens: Punktsieg für Rosberg

"Gratulation an Lewis, ich habe ihn das ganze Wochenende nicht holen können!", sagte Nico Rosberg auf dem Podium in Silverstone. Tatsächlich lag Hamilton in sämtlichen Sessions des Wochenendes vor seinem deutschen Teamkollegen. Zwei Siege schnappte sich Rosberg aber doch noch: Erstens fuhr er die schnellste Rennrunde (1:35.548 Minuten) und zweitens hatte er den höchsten Topspeed aller Fahrer beim Großbritannien GP. Mit 334,2 km/h lag er knapp vor Sebastian Vettel (333,9) und Haas-Pilot Esteban Gutierrez (332,8).

Die Top-10 der Topspeeds beim Grand Prix von Großbritannien 2016

PlatzFahrerTeamMotorGeschwindigkeit
1Nico RosbergMercedesMercedes334,2 km/h
2Sebastian VettelFerrariFerrari333,9 km/h
3Esteban GutierrezHaasFerrari332,8 km/h
4Kimi RäikkönenFerrariFerrari331,7 km/h
5Valtteri BottasWilliamsMercedes331,1 km/h
6Fernando AlonsoMcLarenHonda328,3 km/h
7Felipe NasrSauberFerrari326,9 km/h
8Kevin MagnussenRenaultRenault326,8 km/h
9Felipe MassaWilliamsMercedes325,5 km/h
10Daniel RicciardoRed BullRenault322,5 km/h

Unsung Hero des Rennens: Da hätte wohl niemand an Daniil Kvyat gedacht

Was an Kreativität bei der Wahl zum Mann des Rennens fehlte, steckt vermutlich in dieser Kategorie: Was hat der erst 22 Jahre alte Russe hat in den letzten Monaten nicht alles an Kritik einstecken müssen? Zunächst kam es in China und Russland zum Doppelcrash mit Sebastian Vettel, der ihn noch auf dem Siegerpodest in Shanghai zur Rede stellte. Im Anschluss wurde er etwas ruppig von Red Bull zu Toro Rosso strafversetzt. Es folgten fünf Rennen, in denen er nur einen einzigen Punkt holen konnte und dreimal ausfiel.

Nachdem Kvyat in Baku Startplatz sechs nicht in Zähler hatte ummünzen können, wurde - auch auf Motorsport-Magazin.com - bereits über ein vorzeitiges Saisonende spekuliert. Doch in Silverstone zeigte der Pilot sein anderes Gesicht: Von Startplatz 15 aus fuhr er ein konstantes Rennen, erkämpfte sich letztlich noch Platz 10 und holte somit einen für die Moral wichtigen Punkt.

Toro-Rosso-Pilot Daniil Kvyat war für uns der Unsung Hero in Silverstone, Foto: Sutton
Toro-Rosso-Pilot Daniil Kvyat war für uns der Unsung Hero in Silverstone, Foto: Sutton

Enttäuschung des Rennens: Das rote Herz blutet

Ferrari musste am vergangenen Wochenende mehrere Rückschläge hinnehmen. Zunächst gab es Kritik an der Vertragsverlängerung mit Kimi Räikkönen (siehe unten), dann benötigte Sebastian Vettel ein neues Getriebe, was ihn fünf Plätze in der Startaufstellung kostete. Als nächstes demütigte Red Bull die Scuderia im Qualifying. Max Verstappen und Daniel Ricciardo lagen beide vor Vettel und dem Finnen.

Im Rennen ließ sich dieser Rückstand dann nicht mehr aufholen. Zu allem Überfluss handelte sich der viermalige Weltmeister noch eine umstrittene Fünf-Sekunden-Strafe wegen eines Manövers gegen Felipe Massa ein. Erstmals in diesem Jahr landete der bessere Ferrari-Pilot hinter den Top-4. Red Bull ist derzeit die zweite Kraft der Formel 1, vor Ferrari. Verstappen und Ricciardo sind den Roten zudem sowohl in der Fahrer- als auch in der Konstrukteurswertung dicht auf den Fersen.

Tweet des Rennens: Ferrari hat eine neue Rangordnung

Es gab nicht nur Beifall für Ferrari, als die Scuderia am Rennwochenende in Silverstone verkündete, dass der Vertrag mit Kimi Räikkönen bis Ende 2017 verlängert wird. Für viele Fans und Kommentatoren ist der altgediente Finne ein Auslaufmodell. Doch in dieser Saison kann er zumindest mit seinem Teamkollegen - und der heißt immerhin Sebastian Vettel - mithalten. Nach dem Großbritannien GP liegt der Iceman in der Fahrerwertung sogar vor dem Deutschen. Diese Erkenntnis erinnerte den Twitteraccount @TRL_Limitless an eine Szene aus der Comedy-Serie Friends mit Matthew Perry in der Rolle als Chandler Bing (siehe unten). Die Sitcom war bereits in der vergangenen Woche Vorlage für einen Film über den Zoff bei Mercedes nach dem Spielberg-Crash (siehe Video in diesem Artikel, unter "Mann des Rennens").

Tipp des Rennens: 36 Prozent können nicht irren

Wahnsinn, diese Leser! Erneut haben sie den Rennsieger schon vorher gewusst: Eine relative Mehrheit von 36 Prozent der Teilnehmer an unserer Umfrage tippte auf Lewis Hamilton. Auch die Plätze zwei und drei sagten unsere User korrekt voraus. Dazu sind allerdings zwei Dinge anzumerken: Erstens wurde Rosberg ja noch bestraft und kam somit letztlich auf Rang drei. Zweitens erreichten Kimi Räikkönen und Sebastian Vettel in der Abstimmung exakt gleich viele Prozentpunkte wie Max Verstappen. Auch die Redaktion von Motorsport-Magazin.com lag mal wieder (hüstel!) ziemlich gut. Chris Lugert und Philipp Schajer sahen den Zieleinlauf (ohne Rosberg-Strafe) exakt voraus.