Das Silverstone-Wochenende begann mit einem überraschenden Paukenschlag: Ferrari gab die Vertragsverlängerung mit Kimi Räikkönen bekannt. Kaum jemand hatte eine Entscheidung in der Fahrerfrage zu diesem frühen Zeitpunkt erwartet. Üblicherweise wartet die Scuderia mit solchen Neuigkeiten bis zum Heimrennen in Monza. Teamchef Maurizio Arrivabene erklärte nun, warum das Team zu diesem Zeitpunkt schon alles klarmachte.

"So nehmen wir all den Druck von Kimis Schultern", sagte Arrivabene nach den ersten beiden Trainings zum Großbritannien Grand Prix. "Kimi wurde in den letzten zwei, drei Rennen jedes Mal zu seinem Vertrag befragt, wenn er in der Pressekonferenz saß." In der Tat war das Ferrari-Cockpit zuletzt ein großes Thema. Zahlreiche Kandidaten kamen für die Nachfolge infrage. Piloten wie Valtteri Bottas oder Romain Grosjean müssen sich nun ein weiteres Jahr gedulden.

Ein Eismann hat auch Emotionen

Ferrari wollte nicht riskieren, dass Räikkönen wegen der Vertrags-Angelegenheiten seinen Fokus verliert. Schwer vorstellbar beim Formel-1-Veteran, doch Arrivabene sagte: "Ich weiß, dass Iceman sein Spitzname ist. Aber er ist auch ein Mensch. Selbst der Iceman ist ein Mensch mit Emotionen. Ich glaube, dass er den Druck gespürt hat."

Ganz einfach dürfte die Situation nicht gewesen sein für den Weltmeister von 2007. Immer wieder hatte ihm Ferrari deutlich gemacht, dass er abliefern müsse und eine Vertragsverlängerung vor allem an seine Leistungen geknüpft ist. Kimis Antwort: Vier Podestplätze in der bisherigen Saison, zuletzt in Spielberg. Dazu punktgleich mit Teamkollege Sebastian Vettel, der ihm 2015 noch deutlich den Schneid abgekauft hatte.

Die Drei aus Maranello: Räikkönen, Vettel und Arrivabene, Foto: Sutton
Die Drei aus Maranello: Räikkönen, Vettel und Arrivabene, Foto: Sutton

Grünes Licht vom Big Boss

"Wir sind stolz und glücklich mit der Arbeit, die Kimi seit dem Saisonbeginn abliefert", gab es Lob von Chef Arrivabene. "Ihm wurde aufgetragen, seine Hingabe zu beweisen. Also verdient er eine Bestätigung für das nächste Jahr." Die finale Freigabe kam am Donnerstag von Ferrari-Boss Sergio Marchionne nach einem Telefonat mit Arrivabene. Anschließend ging alles ganz schnell, am Freitagmorgen gab Ferrari eine knappe Pressemitteilung heraus.

Räikkönen bedankte sich für das Vertrauen in seine Fähigkeiten, die er 2015 zu selten aufblitzen ließ. "Ich bin froh, hier zu sein und nächstes Jahr zu bleiben", sagte er. "Es ist schön zu wissen, dass das Team an mich glaubt. Und ich glaube an sie. Jetzt können wir alle Anstrengungen auf das Racing verlagern und versuchen, bessere Ergebnisse zu erzielen." Schon dieses Jahr hatte sich Ferrari Chancen auf den Titelgewinn ausgemalt - in der Realität ist der Rückstand auf Mercedes aber weiter enorm.

Die überraschende Nachricht sollte gleichzeitig ein Zeichen dafür sein, dass inzwischen frischer Wind durch die Hallen von Maranello weht. Arrivabene: "Normalerweise gibt es so eine Pressemitteilung in Monza. Aber wir sind ein neues Team und ändern die Traditionen. Wir achten auf die Interessen des Teams. Und die liegen nicht darin, neue Fahrer zu suchen, sondern darin, das Auto weiterzuentwickeln."

Kimi Räikkönen ist aktuell punktgleich mit Sebastian Vettel, Foto: Sutton
Kimi Räikkönen ist aktuell punktgleich mit Sebastian Vettel, Foto: Sutton

Vettel: Kimi ist einer der Besten

Mit Räikkönen greift Ferrari auf bewährtes Material zurück. Der Finne geht 2017 in seine siebte Saison mit der Scuderia. Gleichzeitig wird es sein drittes Jahr mit Teamkollege Sebastian Vettel. Nächstes Jahr muss die Weltmeisterschaft her - genau zehn Jahre seit dem letzten WM-Triumph durch Räikkönen. "Er könnte auch mehrfacher Weltmeister sein, wenn er in seinen ersten Jahren bei McLaren ein besseres Auto gehabt hätte", glaubte Vettel.

Der vierfache Champion freute sich über die weitere Zusammenarbeit mit seinem Kumpel. Mit Räikkönen gebe es keine teaminternen Machtspielchen, davon würde die gesamte Truppe profitieren. "Ich würde sagen, dass Kimi und ich die wenigsten Ego-Probleme im gesamten Paddock haben", sagte Vettel. "Mit ihm ist es am unkompliziertesten, sagen wir es einfach mal so. Er ist einer der talentiertesten Fahrer, die wir aktuell haben, daran besteht kein Zweifel."