Der Große Preis von Österreich stand ganz im Zeichen von Mercedes. Einmal mehr kam es zwischen den Teamkollegen Lewis Hamilton und Nico Rosberg zu einer Kollision, die nun dazu führen könnte, dass bei den Silberpfeilen Teamorder verhängt wird. Bevor es allerdings zum Zusammenstoß in der letzten Runde kam, die Hamilton den Sieg bescherte, ereignete sich auch aus strategischer Sicht Interessantes. Motorsport-Magazin.com nimmt den Österreich GP unter die Taktiklupe.

Früher Strategiewechsel bei Rosberg

Von der Pole Position startend, hatte Hamilton zunächst alle Trümpfe in der Hand. Und der Titelverteidiger legte auch tatsächlich einen guten Start hin und etablierte sich an der Spitze des Feldes. Rosberg musste sich von seinem sechsten Startplatz hingegen erst langsam nach vorne arbeiten, wodurch er sukzessive Zeit auf Hamilton verlor, der an der Spitze frei Fahrt hatte.

In Runde zehn steuerte Rosberg, der zu diesem Zeitpunkt an dritter Stelle lag, schließlich die Boxen an und wechselte von den ultraweichen auf die weichen Reifen. "Nico hatte einen relativ schwierigen ersten Stint, da seine ultraweichen Reifen ziemlich schnell abbauten. Aus diesem Grund stellten wir ihn auf eine Zwei-Stopp-Strategie um", erklärte Mercedes-Technikchef Paddy Lowe die Entscheidung.

Nach den ersten Stopps lag Rosberg vor Hamilton, Foto: Sutton
Nach den ersten Stopps lag Rosberg vor Hamilton, Foto: Sutton

Hamilton befand sich indessen auf einer Ein-Stopp-Strategie und kam erst nach 21 Runden zum Reifenwechsel. Auch der Brite entschied sich für die gelbmarkierten weichen Reifen, mit denen er eigentlich durchfahren wollte. "Mit Lewis versuchten wir eine Ein-Stopp-Strategie, weil wir erwarteten, dass Ferrari das Gleiche tun würde", verriet Motorsportchef Toto Wolff, dass Mercedes die Konkurrenz auf diese Art und Weise covern wollte.

Allerdings kam Hamilton nach seinem Stopp nicht vor, sondern hinter Rosberg zurück auf die Strecke. Unter anderem verlor der Brite an der Box einige Zeit, weil sein Stopp 4,16 Sekunden dauerte, wohingegen Rosberg in 3,02 Sekunden abgefertigt wurde. Entscheidend war dies jedoch nicht, Rosberg wäre auch bei einem etwas schnelleren Stopp Hamiltons vorne geblieben.

Als nach 32 Runden das durch Sebastian Vettels Unfall hervorgerufene Safety Car die Strecke wieder verließ, versuchte Hamilton verzweifelt, an Rosberg heranzukommen. Doch der Deutsche hielt gut dagegen, sodass der Abstand nahezu stets mehr als eine Sekunde betrug, womit Hamilton DRS nicht betätigen konnte.

Mercedes ändert auch Hamiltons Strategie

Dem dreifachen Weltmeister schienen somit die Felle davon zu schwimmen, zumal Rosberg mit seiner Zwei-Stopp-Strategie taktisch im Vorteil war. "Angesichts des Rennverlaufs zeigte sich, dass Nico die Oberhand haben würde. Deshalb wechselten wir auch bei Lewis auf zwei Stopps, um ihm die bestmögliche Chance auf den Sieg zu geben", erklärte Wolff. "Nicos Zwei-Stopp-Strategie war schneller als vorhergesehen", fügte Lowe hinzu.

Strategien im Österreich GP:

Fahrer1. Stint2. Stint3. Stint
HamiltonUltrasoft - 21 RSoft - 33 RSoft - 17 R
RosbergUltrasoft - 10 RSoft - 45 RSupersoft - 16 R

In Runde 54 kam somit Hamilton an die Box und zog abermals die Soft-Reifen auf, wohingegen Rosberg bei seinem Stopp einen Umlauf später die Ultrasoft-Pneus bekam. Eine Entscheidung, die Hamilton nicht nachvollziehen konnte, was er via Funk auch lautstark kundtat. "Ich hab es nicht verstanden und verstehe es immer noch nicht", war der Brite auch unmittelbar nach dem Rennen noch nicht schlauer.

Die Erklärung ist jedoch denkbar simpel: Rosberg hatte vor dem Rennwochenende nur einen Satz der weichen Reifen ausgewählt, Hamilton indessen zwei, weshalb er noch einen übrig hatte. "Lewis fuhr in seinem letzten Stint unseren bevorzugten Reifen, die weiche Mischung. Nico hatte aber keine Soft-Reifen mehr übrig, deshalb nahm er bis zum Ende die Supersofts", bestätigte Wolff.

Was Hamilton zunächst als Nachteil sah, spielte ihm tatsächlich in die Karten. "Es war klar, dass das ein großer Vorteil für ihn werden würde und ich war mir dessen auch bewusst", meinte Rosberg hinsichtlich der Reifenwahl seines Teamkollegen. In der Tat übte Hamilton in Schlussphase des Rennens enormen Druck auf Rosberg aus, fuhr die schnellste Runde und hetzte seinen Teamkollegen um den Kurs.

Rosberg verlor den Sieg in der letzten Runde, Foto: Sutton
Rosberg verlor den Sieg in der letzten Runde, Foto: Sutton

Doch zu einem Angriff reichte es trotz weniger Zehntel Abstand bis zur letzten Runde nicht, da es Rosberg immer wieder gelang, sich nicht zuletzt mit der Hilfe des Überrundungsverkehrs an der Spitze zu halten. Als dann am Ende der vorletzten Runde Rosbergs Break-by-Wire-System nachgab, war es um den WM-Leader jedoch geschehen.

Hamilton lancierte in Kurve zwei einen Angriff auf der Außenbahn, den Rosberg nur bedingt kontern konnte - es kam zur Kollision. Hamilton wurde daraufhin in die Auslaufzone gedrängt, von wo er aber mit viel Schwung zurück auf die Strecke kam und Rosberg kassierte. Während der Brite das Rennen damit doch noch gewann, schleppte sich Rosberg mit seinem von der Kollision demolierten Wagen lediglich als Vierter ins Ziel und büßte wichtigen Boden in der Weltmeisterschaft ein.