1. S wie Startaufstellung

Lewis Hamilton hat sich trotz großer Schwierigkeiten am Freitag die Pole Position für den Österreich GP gesichert. Der Mercedes-Pilot setzte im verregneten letzten Quali-Abschnitt die Bestzeit. Dahinter machte Nico Rosberg eigentlich die obligatorische silberne Startreihe eins perfekt. Doch da Rosberg aufgrund eines Unfalls im Training ein neues Getriebe bekam, muss der WM-Führende fünf Plätze weiter hinten starten. Sensationell auf Startplatz zwei steht somit Nico Hülkenberg, der seine fahrerische Klasse unter schwierigen Bedingungen zeigte.

Eine ähnliche Sensation folgt in Startreihe zwei. Denn da auch der viertplatzierte Sebastian Vettel bestraft wurde und fünf Plätze zurück muss, darf sich Jenson Button über einen fast schon vergessenen Ausblick freuen. Der Brite quetschte aus seinem McLaren - bedingt durch die Wetterbedingungen - alles heraus und vertrieb die bösen Geister der Vergangenheit. "Bislang war es ein schwieriges Jahr für mich im Qualifying. Ich hatte oft Pech, aber nun hatten wir mal Glück. Die Trainings liefen für mich oft gut, aber im Qualifying hatte ich nicht die Balance die ich wollte", so ein überglücklicher Button.

Hinter Button folgen mit Kimi Räikkönen, Daniel Ricciardo und Valtteri Bottas drei Fahrer, die man eher in den vorderen Gefilden der Startaufstellung vermutet. Hinter dem bestraften Rosberg folgt Max Verstappen, Felipe Massa komplettiert neben Sebastian Vettel die Top 10. Ganz starke Leistung auch von Pascal Wehrlein. Der Manor-Pilot raste problemlos in Q2 und stellte seinen Boliden dort auf den zwölften Platz.

Pascal Wehrlein stellte seinen Manor auf Startplatz 12, Foto: Sutton
Pascal Wehrlein stellte seinen Manor auf Startplatz 12, Foto: Sutton

2. S wie Start

Die Anfahrt zur ersten Kurve auf dem Red Bull Ring ist tückisch. Kurz nach dem Start geht es ziemlich steil bergauf, bevor es in einem Fast-90-Grad-Knick nach rechts geht. Die Gefahr von Verbremsern oder Kollisionen ist groß. Das hat sich bereits in zahlreichen Unfällen in der Vergangenheit gezeigt. Doch gerade die breite Strecke mit dem verführerisch späten Anbremspunkt lädt gerade dazu ein, hier zu Beginn einen Angriff zu starten.

Noch spannender wird es durch die größere Variation bei den Starts in diesem Jahr. Polesetter Lewis Hamilton hatte in dieser Saison noch keinen besonders guten Start, sodass es durchaus auch Nico Hülkenberg oder Jenson Button sein könnten, die als Erste die erste Kurve durchqueren. Zumal sie weniger zu verlieren haben als Lewis, der immerhin noch einige Punkte Rückstand auf Nico Rosberg gut zu machen hat und daher beim Start nicht allzu viel riskieren sollte.

Streckendaten
Länge: 4,326 km
Runden: 71
GP-Distanz: 307,146 km
Rundenrekord: 1:08.337 Min. (MSC, 2003)
Kurven: 9
Weg bis Kurve 1: 185 Meter
Länge Boxengasse: 242 Meter
Zeit in Box bei 80 km/h: 20 Sekunden

3. S wie Strategie

Sollte es zum Rennstart trocken bleiben, könnte sich die Herangehensweise von Mercedes im Qualifying als Fehler herausstellen. Sowohl Nico Rosberg, als auch Lewis Hamilton setzten in Q2 auf die ultrasofte Reifenmischung, mit der Folge, dass diese zum Rennstart montiert sein muss. Die Konkurrenten Red Bull und Ferrari qualifizierten sich im zweiten Abschnitt des Trainings auf den supersoften Reifen, sie starten also auf den roten Pneus. Da Mercedes in den Freien Trainings große Schwierigkeiten mit Graining hatte, könnte ein früher Boxenstopp notwendig werden. Ferrari und Red Bull dagegen können mit der supersoften Mischung wohl länger fahren.

"Wir sind der Meinung, dass es der bessere Schritt war", glaubt Sebastian Vettel im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com. Eine endgültige Antwort könne jedoch erst am Sonntag gegeben werden. Auch bei Red Bull sieht man einen Vorteil, wenngleich man aufgrund falschen Timings etwas weiter hinten als geplant startet. "Wenn wir auch in Q3 nicht alles richtig gemacht haben, war die Entscheidung, in Q2 auf die superweiche Mischung zu setzen, die richtige Wahl", sieht sich Daniel Ricciardo in einer guten Position.

4. S wie Streckenbelag

Der Asphalt erhält wie Lob von den Fahrern, Foto: Sutton
Der Asphalt erhält wie Lob von den Fahrern, Foto: Sutton

Großes Lob erhielt nach den ersten Runden der neuverlegte Asphalt auf dem Red Bull Ring. Deutlich mehr Grip, extrem schnell abtrocknend - die Kritiken waren gut. "Es ist wirklich super. Man hat viel Grip und es ist ein deutlicher Schritt nach vorne. Ich glaube, so gut hat das bisher noch keine Rennstrecke hinbekommen. Es ist topfeben, wie aus einem Guss", lobte Sebastian Vettel bereits am Freitag. Unterstützung erhielt der Ferrari-Pilot von Jenson Button. "Es ist der ebenste, den wir über die Saison haben. Sie haben beim Verlegen großartige Arbeit geleistet." Durch die verregneten Trainingssessions fehlen den Teams jedoch einige Daten über den Reifenabbau. Long Runs fielen am Freitag aus, Erfahrungswerte aus den letzten Jahren gibt es nicht.

5. S wie Streckenbegrenzung

Der Asphalt mag ein Fortschritt gewesen sein, die Kerbs jedoch sorgten für großen Unmut. War es am Freitag nur Max Verstappen, der gleich zwei Aufhängungen zerstörte, erwischte es am Samstag Nico Rosberg, Sergio Perez und Daniil Kvyat. Zumindest bei Rosberg, erklärte Mercedes jedoch, seien nicht die Kerbs verantwortlich gewesen. Dennoch: die neu-installierten Randsteine, die das Verlassen der Strecke konsequenter bestrafen sollen, entwickelten sich zum Gefahrenherd. "Ich denke, die aktuellen Kerbs sind nicht die richtige Lösung. Es ist sogar eine dumme Lösung!", sprach Kvyat nach seinem Abflug im Qualifying Klartext.

Auch bei Mercedes forderte man Änderungen. "Es sind komische Frequenzen oder Schwingungen am Reifen, die die Aufhängung brechen lassen. Ich weiß nicht, was die FIA macht. Vielleicht werden die Kerbs abgefräst oder mit Beton aufgefüllt", machte Toto Wolff konkrete Vorschläge. Pascal Wehrlein hielt sich bereits das gesamte Wochenende von den Kerbs fern. "Am Donnerstag hatte ich mir schon beim Trackwalk gedacht, dass das passieren kann. Sie sind sehr hoch, deshalb habe ich das ganze Wochenende versucht, die Kerbs zu vermeiden", erklärte er. Im Rennen könnten die Randsteine vielleicht ein entscheidender Faktor werden.

Viel Ärgernis ruften die neuen Kerbs hervor, Foto: Motorsport-Magazin.com
Viel Ärgernis ruften die neuen Kerbs hervor, Foto: Motorsport-Magazin.com

6. S wie Sonntagswetter

Das gesamte Wochenende in der Steiermark war geprägt von Wetterkapriolen. Starkregen am Freitag, der so schnell wieder verschwand, wie er kam, gleiches Bild dann am Samstag. Die Prognose für das Rennen sagt ebenfalls unbeständiges Wetter voraus, Schauer sind jederzeit möglich. Auf Ablehnung stößt diese Prognose jedoch nicht ausschließlich. "Gemischtes Wetter würde mir Spaß machen. Mit dem Asphalt ist es knifflig. Ein bisschen Wasser macht ihn recht schmierig, aber es trocknet auch sehr schnell ab", würde sich Daniel Ricciardo über ein gewisses Pokerspiel freuen.

7. S wie Sieger

Lewis Hamilton behielt unter schwierigen Bedingungen kühlen Kopf und startet von der Pole Position. Bleibt es während des Rennens trocken, führt der Sieg wohl nur über den Briten, zumal mit Nico Rosberg und Sebastian Vettel die größten Konkurrenten strafversetzt wurden. Für Hamilton kommt es darauf an, sich aus dem Verkehr herauszuhalten. "Diese Strecke ist zum Überholen gar nicht so leicht wie man denkt. Ich weiß nicht wie viele Manöver es vergangenes Jahr gab, aber das gleiche Auto mit gleichem Speed zu überholen, ist nicht so einfach. Es ist ein Downforce-Kurs und daher ist es schwierig, nah dran zu bleiben", erklärt der Brite, wie wichtig freie Fahrt an der Spitze sein wird.

Die Kontrahenten, die sich um Hamilton herum aufhalten, finden sich eher selten in diesen Gefilden. Nico Hülkenberg startet als Zweiter, Jenson Button auf Rang drei. Beide machen sich keine Hoffnungen auf den Sieg. "Es wird ein ganz schweres Rennen, das wissen wir. Wir kämpfen nicht um das Podium. Ich bin da kein Pessimist, sondern Realist", so Button. Die Stunde für Kimi Räikkönen auf Rang vier? Der Finne haderte mit einer vermasselten Chance auf mehr. "Aus diversen Gründen und aufgrund diverser Probleme waren wir nicht schneller, aber das müssen wir uns selbst zuschreiben", so Räikkönen. Er weiß: "Die Lebensdauer der Reifen wird entscheidend sein. Wer die Reifen am besten über die Runden bringt, wird profitieren."

Und wie tippt die Motorsport-Magazin.com-Redaktion? Das sind unsere (nicht immer ganz ernst gemeinten) Tipps für den Österreich Grand Prix:

Manuel Schulz: Ich tippe auf den Außenseiter. Warum? Weil Hamilton wieder ein Problem mit der Technik bekommt und wirklich alle Knöpfe drückt, bevor er stehen bleibt, weil er sein Auto ausgeschaltet hat. Nico Rosberg hat im Rennen trotz des überlegenen Silberpfeils keine Chance, weil er einen zweiten Boxenstopp einlegen muss, während Hülkenberg das Rennen an der Spitze kontrollieren kann. Jenson Button profitiert von einer erneut desaströsen Ferrari-Strategie und darf das Podium komplettieren.

Manuels Top-3-Tipp: 1. Hülkenberg 2. Rosberg 3. Button

Chris Lugert: Das Wetter wird die entscheidende Rolle beim diesjährigen Österreich GP spielen. Nach einer dominanten Anfangsphase, in der Lewis Hamilton der Konkurrenz davon fährt, muss er mit seinen ultrasoften Reifen früh an die Box. Kurz nach seinem Stopp beginnt der große Regen. Nach einigen Drehern und viel Trubel liegt urplötzlich Max Verstappen in Führung, der unter den Mischbedingungen in einer eigenen Liga fährt. Zweiter wird Sebastian Vettel, auf Rang drei landet Nico Rosberg.

Chris' Top-3-Tipp: 1. Verstappen 2. Vettel 3. Rosberg

Florian Becker: Das Wetter am Sonntag knüpft nahtlos an die bisherigen Bedingungen vom Wochenende an. Lewis Hamilton wird seinen Vorteil dennoch nutzen und trotz Wetterchaos das Rennen gewinnen. Dahinter landet Daniel Ricciardo auf Rang zwei und Nico Hülkenberg fährt als Dritter endlich das seit so langer Zeit überfällige Podium ein.

Florians Top-3-Tipp: 1. Hamilton 2. Ricciardo 3. Hülkenberg

Marion Rott: Ich lehne mich weit aus dem Fenster und sage: Daniel Ricciardo macht das Ding. Der Australier hat nach seinem ganzen Pech in den vergangenen Rennen einen Sieg mehr als alle anderen verdient und die Lorbeeren, die ihm ein Red Bull-Erfolg auf der Heimstrecke einbringen würde, treiben ihn noch zusätzlich an. Dahinter kommen Kimi Räikkönen und Sebastian Vettel aufs Podium, die Silberpfeile gehen diesmal leer aus.

Marions Top-3-Tipp: 1. Ricciardo 2. Räikkönen 3. Vettel

Haris Durakovic: Ganz einfach: Ferrari und Red Bull haben mit den Supersofts am Start einen entscheidenden Vorteil. Und da die Pace bei beiden Teams passt, werden sich die Silberpfeile schwer tun, Räikkönen, Ricciardo und Verstappen zu bändigen. Zwei der drei genannten Kandidaten werden ganz vorn landen. Hamilton dahinter auf Platz drei.

Haris' Top-3-Tipp: 1. Räikkönen 2. Ricciardo 3. Hamilton