Force India gehörte das ganze Wochenende über zu den Geheimfavoriten auf ein Podium beim Grand Prix von Europa. Am Ende nutzte Sergio Perez wie so oft die Gelegenheit, um sich mit konkurrenzfähigem Material in Szene zu setzen. Auch die durch einen Getriebewechsel ausgelöste Strafversetzung um fünf Positionen konnte den Mexikaner nicht von einer weiteren Fahrt aufs Podium abhalten. Auf der anderen Seite der Garage blieben für Nico Hülkenberg wieder einmal nur die Krümel vom großen Kuchen übrig.

Im Grand Prix von Europa war nur noch eine Runde zu fahren und Perez lag hinter Kimi Räikkönen auf dem vierten Rang. Da den Ferrari-Piloten aufgrund eines Regelverstoßes noch eine Fünf-Sekunden-Strafe erwartete, bestand für Perez eigentlich keine Notwendigkeit, den Finnen noch auf der Strecke zu überholen.

Doch Perez ließ sich die Ehre nicht nehmen, als Dritter seinen Boliden über die Linie zu steuern. "Ich wusste, dass er eine Zeitstrafe hatte, aber es war ganz schön, ihn in der letzten Runde noch zu erwischen", so der Mexikaner zu seinem Last-Minute-Überholmanöver.

Perez ging in der letzten Runde an Räikkönen vorbei, Foto: Sutton
Perez ging in der letzten Runde an Räikkönen vorbei, Foto: Sutton

Rückschlag am Samstag

Viele Experten und auch Perez selbst waren nach dessen Unfall im 3. Freien Training im Glauben, dass der Force-India-Pilot seine Chancen auf das Podium an diesem Wochenende verspielt hatte: "Als ich das Auto im Training in die Wand gesetzt habe, war mir klar, dass uns eine großartige Chance auf ein super Ergebnis durch die Lappen gegangen war. Ich war so frustriert."

Auf der Strecke ließ sich Perez nichts anmerken und holte weiterhin unbeirrt das Maximum aus seinem Fahrzeug heraus, wie er mit der zweitschnellsten Zeit in der Qualifikation bewies. "Meine Jungs haben so einen tollen Job gemacht und das Auto wieder in Ordnung gebracht. Ich musste meinen Job einfach erledigen", fügte Perez an.

Für Perez war es der insgesamt siebte Podestplatz in seiner Formel-1-Laufbahn, Foto: Sutton
Für Perez war es der insgesamt siebte Podestplatz in seiner Formel-1-Laufbahn, Foto: Sutton

Keine Panik beim Taktikfuchs

Perez machte bereits am Start alles richtig und legte von Platz sieben aus eine makellose erste Runde hin, in der er sich gleich zwei Konkurrenten schnappen konnte: "Ich hatte eine unglaubliche erste Runde und konnte einen Williams und einen Toro Rosso hinter mir lassen"

Danach bekam allerdings auch er mit heftigem Reifenverschleiß zu kämpfen. Doch statt wie die meisten seiner Konkurrenten einen frühen Boxenstopp einzulegen, entschieden er und seine Crew sich für eine andere Strategie. "Wir durften einfach nicht in Panik verfallen. Es wäre einfach gewesen, einen Boxenstopp zu machen, als die Reifen anfingen zu rutschen. Aber wir haben uns dagegen entschieden und es hat sich von alleine erledigt", so Perez.

Kampf gegen Hamilton und Räikkönen

Perez hatte sich zwar für die richtige Strategie entschieden, doch ein Spaziergang war der Rest des Rennens für ihn nicht. "Als ich aus der Box kam, stand ich sofort richtig unter Druck von Lewis. Ich konnte meine Reifen also nicht erst in Ruhe anfahren, sondern musste sofort pushen. Die ersten Runden waren ziemlich schwierig", sagte der Force-India-Pilot.

Tatsächlich schaffte es Perez, Hamilton nicht nur hinter sich zu lassen, sondern ihm auch zu enteilen. Doch zufrieden gab sich der Mexikaner damit nicht: "Ich habe dann Kimi attackiert, musste aber gleichzeitig auf meine Reifen aufpassen. Ich wollte einfach nur sicherstellen, dass ich es bis zum Ende schaffe."

Die Herangehensweise des Mexikaners erwies sich als goldrichtig und die Lücke zu Räikkönen war kurz vor Ende des Rennens geschlossen. Auch das eher symbolische Überholmanöver managte Perez ohne unnötiges Risiko. "Ich habe am Ende die Möglichkeit gesehen und auch erkannt, dass es sicher ist. Es war gut, das Manöver noch zu machen und auf Platz drei ins Ziel zu fahren. Das Team hat es wirklich verdient, denn es hat einen fantastischen Job gemacht", sagte Perez weiter.

Perez war sehr froh, seiner Crew ein weiteres Podium geschenkt zu haben, Foto: Sutton
Perez war sehr froh, seiner Crew ein weiteres Podium geschenkt zu haben, Foto: Sutton

Hülkenberg ohne Rhythmus

Teamkollege Nico Hülkenberg nahm am Ende des Tages lediglich zwei Punkte aus Baku mit. Nachdem er sich am Samstag den Einzug ins Q3 mit einem Fahrfehler selbst verbaut hatte, kam der Deutsche auch am Sonntag nicht richtig in Schwung. "In Kurve 1 hat mich jemand von hinten gerammt und ich habe ein paar Positionen verloren, als ich das Auto abgefangen habe", so Hülkenberg.

Danach plagten Hülkenberg die gleichen Reifen-Probleme wie Perez. Anders als Perez war er allerdings auf der Soft-Mischung ins Rennen gegangen. So wechselte der 28-Jährige in Runde 20 auf Supersofts und stand damit vor der Aufgabe, die restlichen 31 Runden auf der weichsten Reifenmischung über die Bühne zu bringen.

Hülkenberg verbaute sich bereits am Samstag eine gute Ausgangslage für das Rennen, Foto: Sutton
Hülkenberg verbaute sich bereits am Samstag eine gute Ausgangslage für das Rennen, Foto: Sutton

Strategie geht nicht auf

Die Taktik schien bis kurz vor Rennende aufzugehen, doch in den letzten Runden bauten die Supersoft-Reifen massiv ab und Hülkenberg verlor zwei Positionen an Ricciardo und Verstappen. "Am Ende ging mit dem Reifen nicht mehr viel, aber ich bin das Risiko gerne eingegangen um unsere Strategie umzusetzen", sagte er.

Angesichts der Leistung des Teamkollegen und seiner eigenen Performance über weite Strecken des Wochenendes, war der neunte Platz für Hülkenberg alles andere als befriedigend: "Das Auto hatte das ganze Wochenende über so viel Potential. Ich habe das Gefühl, heute den Preis für meinen Fehler im Qualifying bezahlt zu haben."