Das Qualifying zur Baku-Premiere hatte es in sich. Doch nicht nur vorne gab es die eine oder andere Überraschung. Die weit größere ereignete sich ganz hinten im Feld, und die hieß Manor Racing. Lange genug versuchten es Pascal Wehrlein und Rio Haryanto, die beiden Sauber zu bezwingen. Und dass nun beide Manor-Piloten nicht nur Marcus Ericsson in die Schranken verwiesen haben, sondern auch noch beide Renaults und Jenson Button, ist die große Sensation dieses Qualifyings.

Dabei wäre sogar noch mehr möglich gewesen, zumindest von Wehrleins Seite. "Auf meiner schnellsten Runde musste jemand in Kurve drei in die Auslaufzone ausweichen", erklärte der Deutsche. "Genau in diesem Moment war ich auf der Gerade und durfte deshalb DRS nicht nutzen. Es gibt nur einen DRS-Messpunkt, der sich auf beide DRS-Zonen auswirkt, wenn in einer etwas passiert." Daher musste Wehrlein auf seiner schnellsten Runde auf die 20 Extra-km/h verzichten. "Unsere Kalkulation hat ergeben, dass mich das fünf Zehntelsekunden gekostet hat. Mit DRS wäre Q2 möglich gewesen."

Wehrlein und Haryanto halten Button in Schach

Trotzdem hat es das Manor-Team geschafft, mit Jenson Button den Weltmeister von 2009 hinter sich zu lassen. Nicht ganz ohne sein Zutun allerdings. "Es wäre mehr im Auto drin gewesen", sagte Button. "Schließlich waren wir das gesamte Wochenende über Siebter und Achter." Dass es nicht zu mehr gereicht hat, lag an einem Fahrfehler, den der Brite offen zugab: "Ich hatte in meiner schnellen Runde blockierende Räder, und mir dabei die Vorderreifen ruiniert. Ich habe mich dann im Ken-Block-Stil zurückgedreht, wodurch ich mir die Hinterräder kaputt gemacht habe."

Fortan fehlte es dem Briten an Grip. "Wir hätten an die Box sollen, um uns neue Reifen zu holen", sagte Button. "Wir dachten allerdings, wir hätten etwas mehr zeitlichen Spielraum. Zumindest konnte ich einen Donut drehen. Ich mag das ganz gerne", sagte der Brite mit seinem unnachahmlichen Galgenhumor. Dass er dadurch beide Manor an sich vorbeiziehen lassen musste, ist Button jetzt auch egal. "Wenn das Auto morgen einigermaßen konkurrenzfähig ist, dass sollten wir morgen auch Spaß haben. Selbst wir sollten in der Lage sein, auf der langen Geraden zu überholen."

Renault tut sich schwer gegen Manor

Renault hatte schwierigen Samstag, Foto: Sutton
Renault hatte schwierigen Samstag, Foto: Sutton

Noch bitterer traf es Renault. Das Werksteam des französischen Automobilherstellers hat in nicht allzu weit zurückliegender Vergangenheit unter dem Namen Lotus noch um Siege und Podestplätze gekämpft. Aber damals hatte man mit Kimi Räikkönen auch einen Weltmeister im Team. Das neue Fahrerduo Kevin Magnussen/Jolyon Palmer musste sich in Baku die Blamage über sich ergehen lassen, hinter beiden Manors zu landen. "Wir haben bereits im dritten Freien Training gemerkt, dass wir nicht die Pace mit dem Auto haben, auch wenn es sich gut angefühlt hat", sagte Magnussen. Palmer hingegen haderte mit gelben Flaggen: "Ich hatte einen wirklich guten zweiten Run, aber er wurde durch die gelben Flaggen abgebrochen."

Im Rennen am Sonntag sollten die Karten für die beiden Manor-Piloten gut stehen. Doch trotz Mercedes-Power im Heck des MRT05 erwartet sich Wehrlein für den Großen Preis von Europa keine Wunderdinge. "Aus eigener Kraft kommen wir morgen wohl nicht in die Punkte", so der Deutsche. "Aber hier kann viel passieren. Ich muss ins Ziel kommen. Ich kann jetzt noch nicht sagen, ob ich deshalb vorsichtiger an das Rennen herangehen werde - im Cockpit musst du in Zehntelsekunden entscheiden." Ein Problem in der Aufholjagd will man bei Manor bereits im Vorfeld aussortieren. "Unser Problem sind die Reifen. Die Supersofts halten nur acht Runden bei uns. Daher werden wir versuchen, sie gar nicht erst zu benutzen", so Wehrlein.