Für McLaren läuft die Saison 2016 bislang signifikant besser als 2015. Viel mehr Punkte als zum gleichen Zeitpunkt im Vorjahr, ein deutlich leistungsstärkeres Honda-Aggregat und vor allem wesentlich weniger Probleme hellen die Stimmung bei Fernando Alonso und Jenson Button zunehmend auf.

Doch zuletzt geriet der Aufwärtstrend leicht ins Stocken. Und jetzt steht McLaren beim neuen Back-to-back-Rennen in Aserbaidschan mit der längsten Geraden im Rennkalender auch noch eine ganz harte Prüfung bevor.

Das letzte Rennen: Der Defektteufel kehrt zurück

Zuversichtlich ging McLaren in das Rennwochenende in Kanada. Denn trotz des Vollgas-Kurses - eigentlich die Schwäche Nummer eins des Teams - erhoffte man sich von einem verbesserten Honda-Turbolader einen Schritt nach vorne. Doch schon am Freitag die Ernüchterung: Das Update sei kaum spürbar gewesen, so die Piloten. Das Rennen bestätigte diesen Eindruck. Mit den Punkten hatte McLaren diesmal nichts zu tun.

Alonso verpasste die Zähler als Elfter denkbar knapp. Dabei sollten Top-10-Ergebnisse inzwischen doch eigentlich Standard sein. Doch war es nicht einmal Alonsos Ergebnis, das im McLaren-Lager für den größten Frust sorgte. Vielmehr schmerzte der Motorschaden am Boliden Buttons in Runde elf. "Ein frustrierendes Ergebnis", sagt Renndirektor Eric Boullier im Rückblick auf den Rennsonntag.

Nur in der Startphase beim Kanada GP beteiligt: Jenson Button, Foto: Sutton
Nur in der Startphase beim Kanada GP beteiligt: Jenson Button, Foto: Sutton

Die Neuerungen: Alte Sorgen bei Baku-Debüt?

Die Rückkehr des Defektteufels in Kanada kommt für McLaren gleich doppelt bitter, steht mit dem Europa GP in Baku jetzt direkt ein Back-to-Back-GP auf dem Programm. Kaum Zeit also, das Problem zu ergründen. "Das Problem mit Jensons Power Unit wird noch untersucht", gesteht Boullier. "Aber seien Sie versichert, dass wir das Problem gemeinsam mit Honda identifizieren und hart arbeiten werden, um sicherzustellen, dass es sich nicht wiederholt", versichert der Renndirektor gleich hinterher. Immerhin sei genau das seinem Rennstall bislang an jedem Rennwochenende der Saison gelungen.

Doch plagt das Team nicht nur der Zuverlässigkeitsaspekt in Sachen Power Unit. Mindestens genauso viele Sorgen muss dem Team in Baku die Leistung machen. Der neue Turbo hob in Kanada die Welt McLaren-Hondas wider alle Hoffnungen nicht in neue Sphären. Dabei ging es ohnehin nicht einmal nur um Spitzenleistung, sondern vielmehr eine bessere Energierückgewinnung. In Kanada extrem wichtig, in Baku wegen der mit 2,1 Kilometern neuen F1-Rekordgeraden ebenfalls relevant. "Wir glauben, dass Baku in Sachen Stop-and-Go-Charakteristik und lange Geraden ziemlich ähnlich sein wird", bestätigt Hondas Yusuke Hasegawa. "Deshalb wird es eine weitere harte Herausforderung für das Team."

Die Erwartungen: Eher bescheiden

Entsprechend zurückhaltend formuliert McLaren seine Ziele und Erwartungen für die Premiere in Baku. "Ich bin gespannt auf die Herausforderung und darauf, zu sehen, was unter diesen Bedingungen möglich ist", sagt Fernando Alonso. Damit meint der Spanier jedoch auch die unzähligen Unbekannten eines neuen Kurses. Immerhin habe er die Strecke schon im Simulator gefahren, ergänzt Alonso.

In Montreal habe McLaren damit zu kämpfen gehabt, die Reifen auf Temperatur zu bekommen. Weil einige Streckeneigenschaften denen Bakus gleichen, erwartet Alonso jetzt auch in Aserbaidschan ein schwieriges Wochenende. "Obwogl es ein Straßenkurs ist, wird es wieder sehr anspruchsvoll für die Power Units und das Chassis", meint der Doppelweltmeister. "Aber wir werden dieses Wochenende natürlich wie gewohnt attackieren!", verspricht Alonso.

Große Hoffnungen macht sich dabei allerdings auch der Teamkollege nicht. "Es wir hart für das Auto mit dieser langen, schnellen Geraden, hoher Belastung für das ERS und dem hohen Spritverbrauch", fürchtet Button. "Wir müssen da hart arbeiten, um unser Paket so schnell wir möglich auf diese Erfordernisse einzustellen", sagt der Brite. Button setzt daher fast vollständig auf den Faktor Unbekannte. "Ein neuer Kurs mischt die Dinge schon ein bisschen durch und bringt alle mehr zurück auf ein ähnliches Level", hofft der Routinier. Auf jeden Fall sei es oberste Prioriät nach der herben Kanada-Enttäuschung zurückzuschlagen.

Die Prognose: Schwere Prüfung

  • Extrem lange Gerade wird McLaren stark beeinträchtigen
  • Neuer Honda-Turbo offenbar kein Durchbruch
  • Benzinsparen in Baku Thema - McLaren-Schwäche
  • Ungelöstes Power-Unit-Problem am Button-Auto

Motorsport-Magazin.com meint: Baku und McLaren? Das wird aus sicht des Traditionsrennstalls leider nichts. Allein schon die lange Gerade ist Grund genug, um Punkte für McLaren nur unter widrigen Umständen möglich zu machen. Die werden jedoch alles andere als erwartet. Die Regenhoffnung ist viel kleiner als in Kanada, fast schon ausgeschlossen. Ensprechend hat McLaren so gut wie keine Chance die Vielzahl besser motorisierter Gegner zu überwinden, um Punkte zu holen. (Jonas Fehling)